088 - Die Sumpfhexe
der Bellman-Klinik in Miami standen vor einem Rätsel. Bei Tait war kein organisches Leiden festzustellen, und nach der Bluttransfusion an Bord der „Guinea“ hatte er sich gut erholt.
Tait war an Kreislaufschwäche und akutem Blutmangel gestorben. Statt der üblichen sechs Liter, die ein menschlicher Körper enthält, wies der Taits nur noch zweieinhalb Liter auf. Und das, obwohl er erst am Tag zuvor eine Transfusion erhalten und bei Einlieferung in die Klinik die als normal geltende Blutmenge in seinem Körper gehabt hatte.
Die Stationsschwester, die Taits Einzelzimmer in der Nacht zu kontrollieren hatte, fand ihn tot in seinem Bett. Sie verständigte sofort den diensttuenden Arzt.
„Mir ist nichts an ihm aufgefallen. Er schlief ruhig und friedlich. Am Morgen war er tot.“
Die Stationsschwester verschwieg jedoch, daß sie plötzlich im Bereitschaftsraum von einer ungeheuren Müdigkeit überkommen worden war. Auf dem Stuhl sitzend, den Kopf auf die Tischplatte gelegt, hatte sie ein paar Minuten geschlafen.
Als sie wieder erwachte und ihren nächsten Kontrollgang machte, war Tait tot.
Der Arzt untersuchte den Mann, konnte aber nur seinen Tod feststellen. Er sah sich im Krankenzimmer um.
„Haben Sie das Fenster geöffnet, Schwester?“
Jetzt erst fiel der Stationsschwester auf, daß das Fenster nur angelehnt war.
„Nein“, sagte sie. „Das war wohl schon so, als mein Dienst begann.“
Sie schloß das Fenster. Der Arzt ließ Taits Leiche in den Keller zur Pathologie bringen. Der Leichnam wurde eingehend untersucht und obduziert. Es ließ sich aber keine Erklärung dafür finden, wie Tait den tödlichen Blutverlust erlitten hatte, zumal sich weder in dem Bett, in dem er gestorben war, noch an seinem Pyjama Blutspuren fanden.
Eine interessante Entdeckung machten die Ärzte allerdings.
Dean Tait erfuhr davon, als er morgens um zehn Uhr auf die Nachricht vom Tod seines Vaters hin mit Dr. Steve Corell und seiner Braut Ellen Bailey in die Bellman-Klinik kam. Dean war sehr niedergeschlagen. Er hatte sich viel von der berühmten Klinik erhofft, deren Ruf über Florida hinaus in alle Staaten der USA gedrungen war.
Hier waren Kapazitäten jeder medizinischen Fachrichtung tätig. Was anderswo unmöglich schien, war hier alltäglich.
Dean, Corell und Ellen sprachen mit Professor Dennison, einem bekannten Internisten, der sich auf Blutkrankheiten spezialisiert hatte. Der Professor war ein baumlanger Mann. Seine Augen funkelten hinter dicken Brillengläsern. Er trug einen grünen Ärztekittel und blätterte in den Unterlagen.
„Wir stehen vor einem Rätsel“, sagte er. „Niemand kann sagen, welche Krankheit oder welcher Virus Norman Tait umgebracht hat. Der Blutverlust ist absolut unerklärlich. Doch etwas Interessantes haben wir herausgefunden.“ „Was?“
„Die Biß- oder Wundmale an Norman Taits Hals sind nicht nur oberflächlich. Sie führen bis zur Halsschlagader. Sie wurde angebohrt oder angerissen.“
„Dann hätte er doch verbluten oder zumindest sehr stark bluten müssen“, wandte Corell ein.
„Ja“, sagte der Professor. „aber das ist nicht geschehen. Sie wissen, daß eine Stechmücke zum Beispiel, wenn sie einen Menschen sticht, einen Stoff ausscheidet und in die Wunde bringt, der das Blut am Gerinnen hindert. Bei Tait ist der umgekehrte Effekt aufgetreten. Seine Wunden, die Bißmale, haben nicht geblutet, obwohl sie es hätten tun müssen.“
„Ist es möglich, daß mein Vater ermordet worden ist?“
„Wie, weshalb und von wem? Wir haben den Todesfall ordnungsgemäß gemeldet, und er ist von der Polizei routinemäßig überprüft worden. Dort ist man der Ansicht, daß die Sache ins Ressort der Medizin fällt. Sie sind doch damit einverstanden, daß Ihr Vater genauestens untersucht und seziert wird? Vielleicht hat er aus dem Wrack, das er ausbeutete, einen bisher unbekannten Erreger mit nach oben gebracht und sich mit diesem infiziert. Vielleicht ist er auch einer der Medizin bisher noch nicht bekannten Krankheit zum Opfer gefallen.“
„Ich weiß nicht, ob ich den Körper meines Vaters der Wissenschaft zur Verfügung stellen soll“, sagte Dean nach kurzem Nachdenken. „Sie gestatten, daß ich mich draußen kurz mit Dr. Corell und meiner Braut berate?“
„Natürlich.“
Dean, Corell und Ellen verließen das Büro des Professors. Auf dem kahlen, nach Äther und Arzneimitteln riechenden Krankenhauskorridor besprachen sie, was zu tun sei.
„Für mich gibt es keinen
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