0880 - Der Vampir von Cluanie
ließ ihn die Stirn in Falten legen.
»Chloe?«, fragte er sich und fühlte eine Angst in sich aufsteigen, dass die Erbfolge unterbrochen werden könnte.
»Rheeetttt!«
Die laute Stimme des Jungdrachen Fooly klang ihm auf dem langen Flur entgegen, der gesäumt war von Rüstungen und Bildern. Rhett empfand sie in seinem jetzigen Zustand als schrill, zu schrill. Zudem verriet das Krachen und Scheppern dem Erbfolger, dass der Jungdrache wieder einmal vergessen hatte, seine Flügel einzuziehen. Die waren zwar kurz, aber trotzdem oft von verheerender Wirkung.
Foolys runde Telleraugen schauten den Erbfolger an, als er schnaufend, aus den Nüstern Rauch schnaubend, vor ihm stand.
Fooly war ein Drache. Ein etwa 120 cm hoch aufragender, wohlbeleibter, um nicht zu sagen fetter , Drache aus dem Drachenland. Etwa ebenso breit wie hoch. Er war etwa tausend Jahre alt und galt damit unter seinesgleichen noch als Kind. Einst war Foolys Elter von den Unsichtbaren gejagt worden. Um das Junge vor ihrem mörderischen Zugriff zu schützen, war er oder sie, wie auch immer - Drachen waren eingeschlechtliche Wesen -, mit Fooly in die Menschenwelt geflüchtet. Aber die Unsichtbaren hatten die beiden auch dort aufgespürt und den Elter getötet. Es gab ein Gesetz, demzufolge Fooly erst ins Drachenland zurückkehren durfte, wenn er volljährig, erwachsen, war. Und das würde noch etliche Jahrtausende dauern…
Nun lebte der Jungdrache im Château Montagne, von Butler William gewissermaßen »adoptiert«, und richtete oft genug heilloses Chaos an.
Was nicht verwunderlich war, denn sein langer Schwanz peitschte unablässig hin und her. Seine kleinen, verkümmert aussehenden Flügel konnten sich weit spannen und rissen in den zu engen Fluren häufig Bilder von den Wänden oder stießen Rüstungen von den Sockeln.
Auf Foolys Rücken wuchsen viereckige Hornplatten, die vom Kopf bis zur Schwanzspitze hinunter reichten. War der kleine Drache aufgeregt, passierte es ihm gelegentlich, dass ihm ein Feuerstrahl aus dem Krokodilmaul schoss.
Nun stand er auf seinen krummen Beinen vor Rhett. Die lange Schnauze, in der viele spitze Zähne wuchsen, war zu einem Reptilgrinsen verzogen.
»Was kann ich für dich tun, Fooly?«, fragte Rhett etwas kurz. Was Fooly dazu brachte, die Stummelfinger in die beleibten Hüften zu pressen.
»Ich habe etwas entdeckt!«, freute der Drache sich, der die abweisende Stimmlage bei Rhett anscheinend nicht bemerkt hatte.
»Können wir uns später darüber unterhalten?«
»Hä?«, machte Fooly und wedelte mit seinen Flügeln. »Später? Später gibt es nicht. Es gibt jetzt nur ein Jetzt, mehr nicht.«
»Ich habe keine Zeit!«
»Doch, die hast du«, stellte Fooly unverdrossen fest und schaute Rhett kurz an. »Sonst würdest du nicht hier stehen und mit mir reden!«
»Ich war gerade auf dem Weg in mein Zimmer!«
»Und was machst du da?«
»Nachdenken!«
»Das ist unwichtig. Nachdenken bringt einen nur auf Ideen und regt die Fantasie an«. Fooly verzog in inbrünstiger Überzeugtheit sein längliches Gesicht. »Aber ich habe etwas wirklich Spannendes entdeckt. Da brauchst du nicht nachzudenken!«
»Ich muss aber nachdenken!«
»Das machen die meisten Menschen nicht mehr! Komm!« Fooly griff nach Rhetts Hand, aber dieser zog sie hastig zurück.
»Och, Fooly, verschwinde doch, ich habe für dich jetzt keine Zeit!«
Fooly machte einen Schritt zurück. »Hä?« In seinen runden Augen zeichnete sich Verwirrung ab. »Aber wir sind doch Freunde!«
»Es geht hier erst einmal um mich. Um mich und meine Vergangenheit! Lass mich einfach in Ruhe.«
Rhett wusste, dass er schroff gewesen war. Vielleicht etwas zu sehr. Aber Fooly verstand nicht immer sofort und auch nur selten schnell. Beziehungsweise er wollte nicht verstehen.
Doch Rhett schob sich einfach an seinem Freund vorbei und ließ ihn stehen.
Der Jungdrache drehte sich und sah ihm völlig perplex nach.
Als Rhett dann in seinem Zimmer war, hatte er Fooly fast schon wieder vergessen.
»Chloe«, flüsterte er noch einmal kurz. »Hmmm!«
Er ließ sich auf sein Bett fallen.
Was sollte das? Was hatte der Name zu bedeuten? Rhett zerbrach sich den Kopf, aber er schaffte es einfach nicht, sich an das zu erinnern, was wichtig war.
Ihm war klar, dass er hier auf etwas gestoßen war, das entscheidend für ihn sein konnte. Und er wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er auf eine Antwort stieß. Er musste nur nachdenken.
Und dann spürte er, als er sich
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