0889 - Der Robot-Vampir
Die Kleidung befand sich im Schlafzimmer.
Beide schraken zusammen, als sie den dumpfen Laut aus dem Bad hörten. Der Robot-Vampir hämmerte gegen die Tür und bei seinen Kräften hatte er es sicherlich bald geschafft, sie aufzubrechen.
Deshalb zählte für sie jede Sekunde.
Bis zum Schlafzimmer waren es nur zwei Schritte. Die Wesleys hatten es getrennt. Es gab den Schlafraum und den Ankleideraum, wo die Sachen hingen.
Till war schneller. Er öffnete seiner Mutter die Tür, die über die Schwelle stolperte, das Licht einschaltete und sich sofort nach rechts wandte, wo sich der begehbare Schrank befand.
Sie riß die Tür auf, während ihr Sohn auf der Schwelle stehenblieb und zurück in den Flur schaute.
Er wollte so schnell wie möglich erkennen, wenn sich das Monstrum befreit hatte, und er dachte daran, daß er die Schuld daran trug.
Noch immer fühlte er sich nicht topfit, aber besser als in seinem Zimmer.
Die verfluchte CD-ROM! Sie allein trug die Schuld daran. Sie hatte es überhaupt erst möglich gemacht, daß ein derartiges Monstrum erschienen war.
Es war verrückt und selbst für einen Experten wie ihn nicht zu erklären.
»Mummy, beeil dich!«
»Ja, Junge - ja!«
Till hatte die Geräusche sehr deutlich gehört. Und sie gefielen ihm gar nicht, denn das erste Splittern und Bersten zeigte ihm an, daß die Tür nicht mehr lange standhalten würde.
Irgendwann würde sie brechen. Dann war das Loch entstanden, und ein Blutsauger würde herausstürzen.
Inzwischen zog sich Wilma hektisch an. Einen Slip, eine Hose, die flachen Leinenschuhe, den dicken, grauen Pullover, sie riß auch eine gefütterte Jacke vom Bügel, drückte die Tür wieder auf und lief in das Zimmer, wo sie in die Jacke hineinschlüpfte.
»Wo ist er?«
»Noch drin.«
Sie nickte. »Das ist gut. Wir müssen ja an ihm vorbei, wenn wir zur Haustür wollen.«
»Und was machen wir dann?«
»Holen wir die Polizei!«
Der Junge nickte. Er wollte seiner Mutter so viel erklären, das mußte er auf später verschieben. Alles würde sich aufklären, wenn die Bestie tot war.
Sie mußte einfach sterben, sie mußte…
Da brach die Tür.
Beide hatten eine Idee zu lange gezögert, und das Grauen auf zwei Beinen war nicht mehr aufzuhalten. Till kam - es vor, als wäre er im Kino und würde auf der Leinwand eine zeitlich verzögerte Szene erleben. Zusammen mit den Splittern und Holzstücken segelte der Vampir aus dem Bad hinein in den Gang, wo er nicht mehr stoppen konnte und bis vor die gegenüberliegende Wand prallte.
Er bewegte seine wie aus Stahl hergestellten Arme hektisch, riß noch zwei Bilder herunter und wuchtete sich herum.
Mutter und Sohn wußten, daß ihnen der Weg zur Haustür versperrt war. Es gab nur noch eine Möglichkeit für sie. Durch das Schlafzimmerfenster nach draußen in den Garten und dort ein Versteck vor der Bestie finden.
Diesmal reagierte Till schnell. Er versetzte seiner Mutter einen Stoß, der sie von der Tür wegkatapultierte. Sie taumelte dem breiten Ehebett entgegen und fiel darauf.
Till wuchtete die Tür zu.
Er hörte ein schreckliches Geräusch vom Flur her und hatte noch die Nerven, den Schlüssel von innen umzudrehen, so daß der Unhold auch diese Tür erst aufbrechen mußte, was ihn wiederum Zeit kosten würde.
Wilma war durch den Schwung auf das Bett gefallen, hatte sich aber wieder hochwuchten können und lief bereits auf das Fenster zu. Der Robot-Vampir hämmerte wie ein Berserker vor die Tür, die seinen Schlägen noch standhielt.
Eisigkalte Luft wehte in das Zimmer. Die Temperaturen waren gesunken. Frost hatte sich in die Stadt hineingeschlichen und legte eine dünne Eisdecke auf Pfützen und Lachen.
»Raus, raus, Till!« Wilma redete und handelte nur noch rein automatisch. Sie war nicht mehr in der Lage, über irgend etwas nachzudenken, sie wollte nur weg, wollte ihr und das Leben ihres Sohnes retten, der bereits auf der Fensterbank stand und einen Moment später nach unten sprang.
Er ging sofort zur Seite, schaute hoch zu seiner Mutter, die ebenfalls aus dem Fenster kletterte und keuchend neben ihrem Sohn im Garten landete.
»Komm, Till!«
Der Junge umfaßte die Hand seiner Mutter. Beide liefen vorbei an einem kleinen Anbau, in dem sie ihre Gartengeräte aufbewahrten.
Endlich sahen sie die Straße.
Hell und dunkel mischten sich. Die Laternen standen in bestimmten Abständen verteilt. Ihr Licht fiel auch in die Vorgärten der Siedlung hinein. Am Rand der Straße standen geparkte Wagen ebenso
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