089 - Der grüne Henker
etwas scheint sie abzuschrecken.«
»Aber wir beide sind das nicht.«
Mir kam ein höchst unerfreulicher Gedanke. »Vielleicht ist es Thargo«, sagte ich rauh.
Marty warf mir einen unglücklichen Blick zu. »Der würde mir hier gerade noch fehlen.«
***
Ruana versuchte es trotzdem. Ganz schmal machte sie sich, und sie unternahm verzweifelte Anstrengungen, sich durch die enge Öffnung zu zwängen.
Vergeblich. Das einzige, was sie erreichte, war, daß sie steckenblieb!
Sie konnte auf einmal weder vor noch zurück. Etwas Schrecklicheres hätte ihr nicht passieren können.
Eine wahnsinnige Angst ergriff von ihr Besitz. Die Riesenratte würde leichtes Spiel mit ihr haben, denn sie konnte sich nicht verteidigen.
Das Elfenmädchen schluchzte und bemühte sich, freizukommen. Sie strampelte mit den Beinen, versuchte sich zurückzuschieben, doch der kalte Felsen hielt sie unbarmherzig fest.
Immer heftiger, immer verzweifelter strampelte sie mit den Beinen. Und dann merkte sie, daß sie zurückrutschte.
Ruana kam wieder frei. Da sie mit ihrem schlanken Körper den Abzug verstopft hatte, hatte sich die Höhle mit beißendem Rauch gefüllt.
Man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen. Wie viele Stäbe hatte die Riesenratte durchgenagt?
Die Elfe bewaffnete sich mit zwei schweren Steinen und ging in Abwehrstellung. Jetzt zog der Rauch wieder ab, und allmählich wurde die Sicht besser.
Etwas Großes, Graues huschte plötzlich auf das Elfenmädchen zu. Sie hätte die Ratte beinahe übersehen.
Ihr Herz krampfte sich zusammen, und dann schlug sie mit beiden Steinen gleichzeitig nach dem Angreifer.
Sie traf das Tier auf die Schnauze. Ein schrilles Quieken ging durch die Höhle.
Ruana hatte nicht die Absicht, die Riesenratte zu töten. Es hätte ihr genügt, sich den Fluchtweg freizukämpfen, aber würde sie das schaffen? Der große Nager reagierte auf den Treffer mit blinder Wut.
Die Ratte biß wild um sich, und Ruana brachte sich immer wieder mit kleinen, schnellen Sprüngen vor den gelben Rattenzähnen in Sicherheit.
Abermals traf sie das Tier, und als die Ratte vorschnellte, flatterte das Elfenmädchen hoch.
Doch sehr hoch kam Ruana nicht. Sie stieß mit den Flügeln gegen die Höhlendecke und konnte nicht verhindern, daß sie neben dem mordlüsternen Biest zu Boden fiel.
Die hungrige Ratte wirbelte sofort herum. Sie witterte ihre Chance, stieß sich ab und war mit einem Satz über der Elfe…
***
Irgend etwas, das wir uns nicht erklären konnten, passierte. Die Käfermänner wichen zurück. Hatten sie tatsächlich Angst? Wovor? Bis jetzt hatte nichts sie abzuschrecken vermocht.
Vor welcher unbekannten Kraft wichen sie zurück? Den Hexen wollten sie uns nicht überlassen.
Doch nun zeigten sie kein Interesse mehr an uns. Steckte wirklich Thargo dahinter? Mir trieb es den kalten Schweiß auf die Stirn.
Ruana hatte von vielen Gefahren gesprochen. Waren wir bereits einer neuen, noch größeren ausgesetzt, ohne es zu ahnen?
»Das gefällt mir nicht, Tony«, brummte Marty Kanter. »Natürlich bin ich nicht erpicht darauf, daß uns die Käfermänner angreifen, aber wenn sie aus einem unerfindlichen Grund plötzlich die Segel streichen, muß irgend etwas faul sein. Oberfaul sogar.«
Die Monster befanden sich nun wieder dort, wo sie lange Zeit reglos verharrt hatten.
Ich hatte endlich Zeit, mich umzusehen, und erkannte mit großer Erleichterung, daß Al Owen von selbst zu uns zurückkehrte. Er bewegte sich mit schleppenden Schritten auf uns zu und machte einen zufriedenen Eindruck, denn Denise war bei ihm.
»Tony!« zischte plötzlich Marty Kanter und wies nach oben.
Eine Wolkenglocke stülpte sich über uns. Innerhalb Sekunden hatte sie sich um uns geschlossen. Wir konnten die Käfermänner nicht mehr sehen, nahmen von der weiteren Umgebung nichts mehr wahr.
War dies etwa Thargo?
Wir wußten nicht, in welcher Gestalt der Dämon in Erscheinung treten würde. Das Aussehen von Dämonen war keinen starren Regeln unterworfen.
Viele von ihnen konnten in mehreren Gestalten auftreten. Einigen war es sogar möglich, sich in gasförmige Gebilde zu verwandeln. Vielleicht war auch Thargo dazu fähig.
Ruana hatte uns nicht gesagt, wie Thargo aussah. Vielleicht wußte sie es nicht. Bestimmt war es für sie besser, ihm nie zu begegnen.
Was immer es war, das sich auf diese umfassende Weise unser bemächtigt hatte, es war uns nicht willkommen.
Zwar hatten wir nun vor den Käfermännern Ruhe, aber erleichtert aufatmen
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