089 - Der grüne Henker
auseinander.
Wir waren gezwungen, jeder für sich zu kämpfen, aber unser Widerstand war für die vielen Hexen kein uneinnehmbares Bollwerk. Sie würden es niedertrampeln.
Es war nur eine Frage der Zeit…
***
Ruana, das nackte Elfenmädchen mit den zarten, bunten Schmetterlingsflügeln, war entsetzt.
Verzweifelt versuchte sie den Absturz zu verhindern, doch sie war von Colock, dem Raubvogeldämon, angegriffen worden, als sie dessen Jagdrevier überfliegen wollte, und er hatte ihren linken Flügel tief eingerissen.
Niemals hätte sie Colocks Gebiet überflogen, wenn sie es nicht so eilig gehabt hätte. Sie hatte Hilfe holen wollen.
Hilfe für Tony Ballard und die anderen. Hilfe, die sie von ihrem Bruder Jarxis fordern wollte.
Jarxis hatte sie oft vor Colock gewarnt. Sie hatte ihm sogar versprechen müssen, diesem Gebiet immer auszuweichen, und das hatte sie bisher auch stets getan.
Nur dieses eine Mal nicht. Weil Tony Ballard und seine Begleiter sich in der Gewalt der Hexen befanden, und weil es Ruana für unmöglich hielt, daß es ihnen gelingen konnte, sich selbst zu befreien.
Es war keine Zeit zu verlieren. Colocks Revier zu umfliegen hätte zu lange gedauert, deshalb hatte Ruana das Versprechen, das sie ihrem Bruder gegeben hatte, vergessen.
Doch Colock war ein aufmerksamer Wächter in seinem Gebiet. Der riesige Raubvogeldämon, doppelt so groß wie Ruana, hatte das flatternde Mädchen erspäht und sogleich angegriffen. Der Luftkampf hatte nicht lange gedauert.
Ein »Kampf« war es eigentlich gar nicht gewesen. Ruana hatte zu fliehen versucht, und Colock hatte sie immer wieder attackiert - bis ihr Flügel eingerissen war und sie nicht mehr zu tragen vermochte.
Es stand schlimm um das schöne nackte Elfenmädchen. Trotzdem dachte sie in diesem kritischen Moment nicht an sich, sondern an jene, für die sie nun nichts mehr tun konnte.
Sie dachte vor allem an Tony Ballard, dem sie sehr zugetan war. Nicht allein deshalb, weil er ihr das Leben gerettet hatte, als ein Käfermann sie töten wollte.
Es tat ihr unendlich leid, nun keine Hilfe holen zu können. Sie stürzte einem finsteren, unwegsamen Wald entgegen, bemühte sich, den Fall zu bremsen.
Leise pfeifend strich die Luft durch ihren kaputten Flügel. Sie flatterte verzweifelt, purzelte und drehte sich immer wieder.
Dadurch war sie kein sicheres Ziel für den Raubvogeldämon, diesen grausamen Allesfresser, der in seiner Gier immer wieder danebenstieß.
Er konnte dieses Trudeln und Purzeln nicht berechnen. Wenn seine Fänge sie zu packen versuchten, war sie entweder links oder rechts davon, und wenn er sie mit einem Schnabelhieb zu töten versuchte, überschlug sie sich entweder gerade, oder sie rollte in der Luft hilflos nach hinten.
Der Wald kam rasch näher. Wie schwarze Wolken sahen die dichten Baumkronen aus. Ruana spreizte die dünnen Flügel ab, soweit sie konnte.
Sie schien auf einem dünnen Luftkissen zu landen. Colock verfehlte sie dadurch abermals, diesmal aber nur sehr, sehr knapp, und eine seiner Krallen verletzte auch Ruanas rechten Flügel.
Als die ersten Zweige und Blätter Kontakt mit ihrem nackten Körper hatten, zog sich in ihr alles zusammen.
Sie schloß die Augen, und Angst verzerrte ihr schönes Gesicht. Sie wurde geschlagen und gestoßen, gedreht und gewendet, überschlug sich mehrmals, und die Äste, die sie aufhielten, wurden immer dicker und widerstandsfähiger.
Gleichzeitig wurden auch die Schläge und Stöße immer härter und schmerzhafter. Mehrmals schrie Ruana auf.
Sie streckte die Arme aus und versuchte sich an einem Ast festzuhalten. Gleich beim erstenmal klappte das nicht, ihre Hände glitten an der glatten Rinde ab, aber beim zweitenmal hätte sie es beinahe geschafft, und dem dritten Versuch war endlich ein Erfolg beschieden.
Sie hing an einem dicken Ast und pendelte leicht hin und her. Sie keuchte schwer. Ihr makelloser nackter Körper wies zahlreiche Schrammen auf.
Sie hörte über sich den schweren Körper des Raubvogeldämons in die Baumkrone krachen. Colock wollte sie immer noch kriegen.
Panik erfaßte das zarte Elfenmädchen. Sie durfte nicht am Ast hängenbleiben, mußte fliehen.
Der dichte Wald konnte ihre Rettung sein. Sie war wendig und wieselflink, Colock schwer und behäbig.
Oben, in den Lüften, war er um ein Vielfaches gefährlicher. Es hieß, zwischen Himmel und Erde wäre er unbesiegbar.
Im Wald jedoch konnte Ruana ihre Schnelligkeit ausspielen. Wenn sie Glück hatte, würde Colock
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