089 - Lebende Leichen
Wirt besann sich und machte eine abwehrende Handbewegung. » Vergessen Sie ’ s! «
Es war kurz nach sieben, als Larry Brent in sein Zimmer im ersten Stock ging.
Die Treppe lag im Dunkeln. Auf den letzten Stufen kam ihm von oben eine Gestalt entgegen. Es mußte ein alter Mann sein, der vorsichtig mit einem Stock tastete.
Larry Brent konnte nicht viel von ihm erkennen, nur daß er einen kurzen, weißen Vollbart trug und daß seine strähnigen Haare ebenfalls schlohweiß waren.
Höflich machte X-RAY-3 dem alten Mann Platz. Er faßte ihn am Oberarm und führte ihn die letzten zwei oder drei Stufen hinunter.
Eine brüchige Stimme sagte: » Danke schön! «
Dann ging Larry Brent weiter in sein Zimmer mit der Nummer elf. Als er die Tür öffnete, sah er etwas Weißes am Boden liegen.
Larry bückte sich. Es war ein Stück Papier. Offenbar aus einem Notizbuch. Jemand mußte es unter dem Türspalt in sein Zimmer geschoben haben.
Larry knipste die Deckenbeleuchtung an und las die Zeilen, die mit einer steilen, großen Schrift auf dem Zettel geschrieben standen: » Mr. Brent! Kommen Sie bitte heute abend um elf in mein Zimmer, Nummer zehn. Es ist sehr wichtig. Ihr Nachbar. «
●
Es war inzwischen dunkel geworden. Larry Brent bestieg seinen Wagen, zu einer Rundfahrt in die Umgebung. Unwillkürlich passierte er die Heunenburg, die jener Baron Parsini wenigstens teilweise hatte instand setzen lassen.
In der Tat brannte in einigen Fenstern der schloßähnlichen Anlage Licht. X-RAY-3 sah schärfer hin. Der Rundturm hatte oben zwei kleinere Fenster, auch in ihnen glomm ein matter, gelber Lichtschein. Von dort mußte man einen schönen Rundblick haben.
Larry Brent fuhr weiter. Kaum ein Wagen begegnete ihm. Die Fahrt ging über einige kahle Hügel, von denen aus man weit in die nächtliche Landschaft sah, und schließlich durch ein Stück Wald. Ein Schild belehrte ihn, daß er sich einer Straßenkreuzung näherte.
Im Licht der Scheinwerfer sah er einige Wagen stehen, eine Gruppe uniformierter Menschen dabei. Polizisten. Einer von ihnen schwenkte ein rotes Licht. Larry Brent blendete ab und fuhr an den Straßenrand.
Mehrere Polizisten traten an seinen Wagen. Einer salutierte und sagte zu X-RAY-3, der sein Fenster heruntergekurbelt hatte: » Kontrolle! Darf ich Ihre Papiere sehen? Und bitte den Schlüssel zu Ihrem Kofferraum. «
Larry Brent nickte und reichte ihm Papiere und Schlüssel. Während einer der Beamten das Wageninnere beleuchtete und ein zweiter im Kofferraum rumorte, blätterte der dritte in den Papieren. Er reichte sie Larry zurück.
» In Ordnung! «
» Was liegt denn vor? « fragte Larry.
» Wir suchen zwei Zuchthäusler, die heute morgen ausgebrochen sind. Beide sind gefährliche Burschen. Einer ist mit einer Pistole bewaffnet. Wir müssen sie schleunigst wiederfinden. «
» Okay! «
» Alles in Ordnung « , rief der Beamte hinter dem Wagen, und der andere gab Larry Brent auch den Schlüssel zurück.
» Danke schön! Seien Sie also vorsichtig! Nehmen Sie niemand mit! Übrigens ist einer der Männer leicht zu erkennen. Er hat nur ein Auge! «
●
Larry Brent hielt vor dem Einhorn. Das Lokal war dunkel. Um die Ecke sah Larry im ersten Stock ein matt erleuchtetes Fenster. Er wußte, dort wohnte der Wirt. Die Fenster darüber waren alle dunkel, auch das von Zimmer Nummer zehn.
Larry Brent ging hinauf, setzte sich in den altmodischen Schaukelstuhl und blätterte in den Notizen, die er sich im Lauf des Tages über die erstaunlichen Vorfälle gemacht hatte.
Es schlug elf. Er hatte keinen Wagen vorfahren oder jemand ins Haus kommen hören. Im Nebenzimmer blieb alles ruhig. X-RAY-3 beugte sich ein wenig zu seinem Fenster hinaus, doch im Nachbarzimmer brannte immer noch kein Licht.
Zehn Minuten nach elf legte Larry Brent das Notizbuch und den Kugelschreiber auf den Tisch, stand auf, nahm seine Taschenlampe, öffnete die Tür und spähte auf den dunklen Gang hinaus.
Er sollte um elf seinen Nachbarn besuchen.
Larry Brent lauschte an der Tür nebenan und klopfte. Einmal, ein zweites Mal. Dann drückte er vorsichtig die Klinke nieder. Die Tür war unverschlossen. Er öffnete sie, knipste seine Taschenlampe an und richtete den Lichtstrahl ins Innere des Zimmers.
Er fiel genau auf das bläuliche Totengesicht des Mannes, der sich Gradl genannt hatte. Er saß steif zurückgelehnt auf einem Stuhl, der der Tür zugekehrt war. Seine verkrampften Hände waren im Schoß gefaltet. Die gebrochenen
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