0890 - Auge zum Hyperraum
Sektion abriegeln, so daß die Duade gefangen war. Sie schien das nicht einmal zu bemerken, denn die erwarteten Proteste blieben aus.
Goran-Vran wartete noch, bis die gefangenen Loower an Bord gegangen waren, dann befahl er den Rückflug zur Neunturmanlage. Kaum war die THAMID neben dem Südturm gelandet, den sie um etwa hundert Körperlängen überragte, da erreichte Goran-Vran ein Warnsignal aus der Neunturmanlage.
Er wartete nicht erst, bis die aus der Gewalt der Duade befreiten Loo-wer das Raumschiff verlassen hatten, sondern ließ sich als erster in den Südturm abstrahlen, um die Bedeutung des Warnsignals zu erfahren.
„Jemand hat zum zweitenmal den Behälter mit dem Objekt geöffnet", wurde ihm bei seinem Eintreffen gesagt.
„Es war vor drei Intervallen", erklärte Gleniß-Gem den Raumfahrern gerade, die ihn in seiner Turmstation bedrängten, „daß ich deh ersten Impuls registrierte, der mir verriet, daß jemand den Behälter mit dem Objekt geöffnet haben muß."
„Deine Gleichgültigkeit erschüttert mich, Gleniß", sagte Hergo-Zov-ran anklagend. „Du hättest mich davon unterrichten müssen."
„Ich unterließ es, um dich in deinen Vorbereitungen nicht zu stören", verteidigte sich Gleniß-Gem. „Im übrigen ist nichts weiter geschehen, so daß für mich feststand, daß der Unbekannte die Bedeutung des Objekts nicht erkannte. Erst als nun die Warnanlage des Behälters zum zweitenmal reagierte, sah ich einen Grund zur Besorgnis."
„Du hast im Zusammenhang mit der Bergung des Auges viele Fehler begangen, Gleniß", sagte Hergo-Zov-ran. „Aber dein Schweigen über den Empfang des ersten Warnimpulses war dein größter. Begreife doch, was er bedeutet. Jemand hat sich am Auge selbst zu schaffen gemacht!"
Goran-Vran begriff die Erregung des raumf ahrejiden Türmers nur zu gut, als er sich der Ungeheuerlichkeit dieses Vorfalls bewußt wurde. Er stellte sich vor, daß ein Unbefugter, ein Fremder, der nicht dem looweri-schen Volk angehörte, mit dem Auge hantierte und experimentierte und vielleicht zielführende Reaktionen erzwang.
Dieser Gedanke erschreckte ihn zutiefst. Hergo-Zovran mußte ebenso fühlen, und auch den anderen in der Türmerstube erging es nicht anders.
Nur Gleniß-Gem machte eine Ausnahme. An ihm schien alles abzuprallen. Goran-Vran verstand sein gleichgültiges Verhalten angesichts solcher erschreckender Tatsachen nicht, und zum erstenmal fiel ein Vergleich zwischen Hergo-Zovran und Gleniß-Gem zugunsten des Raumfahrers aus. Hergo-Zovrans Verhalten war entelechischer als Gleniß-Gems Handlungsweise.
„Warum diese Aufregung, Hergo", sagte Gleniß-Gem ruhig. „Wir haben ohnehin keine Möglichkeit, den Unbekannten an Manipulationen mit dem Objekt zu hindern."
„Wenn ich von dem ersten Warnsignal erfahren hätte, wäre es wahrscheinlich zu keinem zweitenmal gekommen", erwiderte Hergo-Zovran heftig. „Ich hätte sämtliche zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Einheiten in Bewegung gesetzt und ins System der Terraner geschickt."
„Ob das entelechisch gewesen wäre?" sagte Gleniß-Gem.
„Zielführender bestimmt, als untätig zuzusehen, wie die Fremden mit dem Auge experimentieren und auf diese Weise vielleicht seine Bedeutung herausfinden."
Gleniß-Gem blickte um sich und mußte feststellen, daß keiner der Umstehenden ihm gewogen war und daß selbst seine eigenen Leute nahe daran waren, sich auf die Seite des Raumfahrers zu schlagen.
„Du bist überaus zielstrebig, Hergo", sagte er schließlich, und in seiner Stimme schwang eine gewisse Resignation mit. „Das ist eine vorteilhafte Eigenschaft, aber eine noch wichtigere Eigenschaft unseres Volkes geht dir ab. Du gehörst einer Generation an, die durch die rasante Entwicklung der letzten Zeit eine der wertvollsten Tugenden neben dem entelechischen Denken verloren hat. Du hast keine Geduld. Du kannst nicht warten, bis sich die für ein Vorhaben günstigste Konstellation ergibt. Du bist wie einer von den terra-nischen Evolutionsstürmern und willst dein Ziel erreichen, kaum daß du es in Angriff genommen hast."
„Früher einmal war Geduld die größte Tugend unseres Volkes, nicht weil das eine erstrebenswerte Eigenschaft ist, sondern weil wir der Not gehorchen mußten", erwiderte Her-go-Zovran. „Aber das lange Warten hat ein Ende, wir haben unsere Materiequelle gefunden. Es ist eine neue Zeit angebrochen, und die Probleme haben sich gewandelt. Wir müssen umdenken, wollen wir die Entwicklung nicht verschlafen. Quellmeister
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