0895 - Im siebten Kreis der Hölle
»gesehen« zu werden.
Tanera und Tigora kniffen die Augen zusammen, als sie Zamorra nicht mehr sahen. Ling stand langsam auf. Sie schüttelte den Kopf und wollte nicht glauben, dass sich ihr Gefangener auf einmal nicht mehr vor ihr befinden sollte.
Doch der Dämonenjäger hatte noch mehr zu bieten.
Zur weiteren Ablenkung »zündete« er die vorher präparierten Schwerter. Die Hiebwaffen schwebten schräg in die Höhe, mit der Spitze nach oben zeigend und wandten sich gegen ihre Besitzerinnen.
»Nicht stehen bleiben, Ling!«, rief Tigora. Sie hatte erkannt, dass sie gegen die eigenen Waffen keine Chance hatten.
Sie zog ihre beiden Untergebenen mit sich. Tigora wusste genau, welche Stelle in der Wand durchlässig war, um nach draußen zu kommen.
Vor der Höhle angekommen, fanden sie Stygia auf dem Boden kniend vor. Die Fürstin der Finsternis hatte Brandwunden davongetragen und war gerade dabei, ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Der erste silberne Blitz hatte sie gestreift.
Gleich nachdem Tanera als letzte der Amazonen aus der Höhle verschwunden war, hatte auch Zamorra diese Stelle erreicht. Doch er stieß mit beiden Händen gegen den nackten Felsen.
»Verdammt noch mal!«, fluchte er.
Er hatte seine Gegner besiegt, aber er war immer noch gefangen.
***
Zamorra überlegte verzweifelt, was er unternehmen konnte. Hierbleiben durfte er nicht, sondern musste so schnell wie möglich verschwinden. Stygia brauchte noch nicht einmal gegen ihn kämpfen, denn Hunger, Durst und die unglaubliche Hitze in diesem Bereich der Hölle würden ihm bald den Garaus gemacht haben.
Es muss doch einen Ausweg geben!, flehte Zamorra in Gedanken. Es muss!
Bloß wie dieser Ausweg aussehen konnte, wusste er nicht.
Aber wie sollte er jemand erreichen können? Vor allen Dingen: Wer konnte ihm helfen? Wer würde ihm helfen? Er war sicher, dass die wenigsten Lebewesen der Schwefelklüfte sich auf seine Seite schlagen würden. Noch nicht einmal Vassago!
Er würde noch nicht einmal von hier entkommen können. Noch nicht einmal Merlins Stern konnte ihm einen Ausgang aus seinem Gefängnis schaffen.
Da bemerkte er, dass sich die Höhle wieder verkleinerte.
Hoffentlich zerdrücken die mich nicht, dachte er.
Dann fiel ihm ein Wesen ein, das ihm helfen konnte.
Sid Amos! Unter dem Namen Asmodis war Sid Tausende Jahre lang Fürst der Finsternis, also ein Vorgänger von Stygia gewesen. Doch er hatte den Höllenthron aufgegeben und angeblich die Seiten gewechselt, was ihm bis zum heutigen Tag allerdings niemand so recht abnehmen wollte. Weder Zamorra noch seine Freunde und auch die schwarzmagischen Wesen der Schwefelklüfte nicht.
Man musste ihn herbeirufen können. Nur wie? Selbst wenn er das TI-Alpha- Handy oder ein Transfunk-Gerät dabeigehabt hätte, hätte er den Ex-Teufel von hier aus nicht erreichen können.
Es gibt doch eine bessere Methode, dachte Zamorra. Den Höllenzwang. Dem unterliegt Sid meines Wissens immer noch.
Normalerweise wurde ein Dämon aus der Hölle heraus beschworen, doch in Anbetracht der Umstände versuchte Zamorra nun den umgekehrten Weg und beschwor einen Dämon in die Hölle.
Er suchte in seinem präparierten Gürtel und hatte auch gleich ein Stück magischer Kreide gefunden. Zamorra zeichnete das Sigill des Asmodis auf den Boden, daneben einen Drudenfuß und diverse andere Symbole.
Danach begann er mit der Beschwörung.
Sie war alles andere als einfach. Je hochrangiger der Dämon, desto war komplizierter die Beschwörung - bei Sid Amos hatte Zamorra sie bisher höchstens drei- oder viermal durchgeführt, aber nie in einer Extremsituation wie dieser. Er musste sich intensiv darauf konzentrieren, um keinen Fehler zu machen, denn er besaß nur diese eine Chance.
Fehler jeglicher Art führten dazu, dass der gerufene Dämon dem Höllenzwang nicht vollständig unterlag und den Magier erschlug, weil er sich durch diesen gestört fühlte. Oder es tauchte ein anderer Dämon auf, der dann ebenfalls recht ungehalten werden konnte. Im einen wie im anderen Fall endete es zumeist ziemlich katastrophal für den Rufer.
Deshalb strengte er sich an, die Beschwörung fehlerlos durchzuziehen.
Plötzlich stank es dezenter nach Schwefel, als das beispielsweise bei Stygia der Fall gewesen wäre. Und im Drudenfuß materialisierte der ExTeufel.
Sid Amos war ein etwas mehr als sechs Fuß großer, schwarzhaariger Mann südländischen Aussehens. Seine tiefschwarzen Augen schienen alles Licht zu schlucken und die dichten
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