0898 - Der Saboteur
unheim-lich. Sie war schon fast entschlossen, doch lieber in die stillen Wohnsektoren zurückzukehren, da entdeckte sie ih-ren Bruder.
Federspiel ließ sich von zwei größe-ren Jungen auf die Schultern eines Ro-boters heben. Die Maschine ging unge-rührt ihrer Arbeit nach. Sie sammelte Teller und Schalen ein und schüttete alle Speisereste in große Kübel, die später abtransportiert werden sollten. Federspiel saß wie ein stolzer Reiter auf dem metallenen Ungetüm, trom-melte mit den Fersen gegen die Brust-platte des Roboters und wickelte die Enden bunter Schmuckbänder um die Sehzellen der Maschine, bis diese hilf-los stehenblieb.
Lachend sahen die Kinder zu, wie der Roboter versuchte, die Bänder von seinem Kopf zu entfernen, ohne seinem Reiter dabei weh zu tun. Federspiel war geschickt und schnell. Die Ma-schine konnte die Teller nicht einfach fallen lassen. Sie kam andererseits auch nicht auf die Idee, ihre Last ab-zusetzen, bis sie dieses zweite Problem gelöst hatte. So konnte sie nur mit ei-nem dünnen Handlungsarm gegen Federspiel vorgenen, und dieser Teil des Roboters bewegte sich viel zu vorsich-tig und tastend, um den Jungen an sei-nem Werk zu hindern. Immer wieder hielt Federspiel die Bänder an genau der Stelle fest, nach der die Maschine gerade tastete. Jedesmal zog sich der metallene Arm ruckartig zurück. Je länger das Spiel dauerte, desto frecher wurden die Kinder. Jetzt begannen andere, an dem Roboter hinaufzuklet-tern. Dabei benutzten sie die ausge-streckten Arme als Kletterhilfen.
Tel-ler fielen zu Boden, aber das schien nie-manden zu stören. Der Roboter war offensichtlich restlos überfordert. Diese Maschine war nicht für den Um-gang mit jungen Solgeborenen pro-grammiert. Sie „wußte" nicht, wie man sich ein Kind vom Leibe hielt, ohne es zu verletzen. So blieb sie regungslos stehen.
Sternfeuer bahnte sich rücksichtslos einen Weg durch die Reihen ihrer Freunde. „Laß die Maschine in Ruhe!" schrie sie ihren Bruder an. „Komm herunter!"
Federspiel verstand vermutlich kein Wort, denn die Musik war viel zu laut. Er lachte und breitete stolz die Arme aus, als wollte er zeigen, daß er sich auch freihändig auf dem Roboter hal-ten konnte.
Sternfeuer war unsagbar wütend. Sie ärgerte sich über ihren Bruder und diese anderen Kinder, die einen Robo-ter zum Ziel eines Streiches machten, obwohl sie genau wußten, daß so eine Maschine überhaupt nichts empfinden konnte. Und sie ärgerte sich über die erwachsenen Solgeborenen, die dem Treiben tatenlos zusahen, als wüßten sie nicht, wie wertvoll eine solche Ma-schine war.
Beinahe gleichzeitig begriff Stern-feuer den tieferen Grund für den bis dahin unerklärlich erscheinenden Vor-fall.
Dieser Roboter erfüllte nur ganz be-schränkte Funktionen. Er leistete eine Art Küchendienst. Und damit wollten die Solgeborenen nichts mehr zu tun haben.
Sie lehnten jede Art von „echter" Nahrung ab. Das Fleisch geschlachte-ter Tiere, die Früchte lebendiger Pflanzen - das war für sie nur ein weiteres Symbol für die Abhängigkeit der Ter-raner vom Leben auf einem Planeten. Sie wollten nicht auf das angewiesen sein, was auf Materiebrocken wuchs und gedieh. Die SOL - und nur sie -sollte ihren Bewohnern alles liefern, was zum Leben gehörte. Längst konnte genug synthetische Nahrung mit bord-eigenen Mitteln hergestellt werden. Und diese Nahrung kam fbc und fertig zur Verteilung. Die Zubereitung von Speisen würde in Zukunft entfallen und zwar endgültig. Man brauchte Ro-boter dieser Art nicht mehr. Sie hatten ausgedient. Man hatte sie ihren Dienst verrichten lassen, weil die Terraner auf sie angewiesen waren. Es wäre besser gewesen, die Umsiedler hätten selbst diese Maschinen noch mit in die BASIS genommen.
Sternfeuer stampfte wütend mit dem Fuß auf, als ihr klar wurde, wie unsinnig jeder Protest unter diesen Be-dingungen sein mußte. Sie verfing sich in einer Girlande, riß sich los, wirbelte herum und rannte davon. Sie konnte die Nähe ihres Bruders plötzlich nicht mehr ertragen. Ohne es bewußt zu mer-ken, sprang sie über am Boden liegende Blüten hinweg und wich Robotern und Menschen aus - bis urplötzlich die Mu-sik abbrach.
In der plötzlichen Stille klang Fe-derspiels Stimme laut und hell. „Warte auf mich! Wohin willst du jetzt schon wieder?"
Sie blieb stehen und sah sich um.
Federspiel kletterte von dem Robo-ter. Niemand achtete auf ihn oder die Maschine. Alle sahen sich nur verwun-dert nach den Lautsprechern um, von denen kein
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