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0899 - Schwanengesang

0899 - Schwanengesang

Titel: 0899 - Schwanengesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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heiligen Hain trafen sich die geflohenen Drainoch noch vor Morgengrauen. Gartnait zählte nur noch 73 Köpfe. Er sah kreatürliche Angst aus den Gesichtern leuchten, selbst gestandenen Kriegern zitterten Arme und Beine. Doch er dankte allen Göttern, dass seine Bridei unter den Entkommenen war.
    »Etwas muss geschehen, o Druide«, murmelte ein alter Mann. »Deine Zauberkunst hat versagt, obwohl wir uns alle auf sie verlassen haben.«
    Gartnait ballte insgeheim die Fäuste, während Bridei ihn umklammerte und sich an seine Brust schmiegte. »Ja, ich gestehe es ein, ich habe den furchtbaren Dämon unterschätzt«, sagte er leise und ein wenig stockend. »Aber ich mache diesen Fehler wieder gut. Das verspreche ich euch allen.«
    »Wie willst du das machen, o Druide?«
    Gartnait hob die Rechte und ballte die Hand nun tatsächlich zur Faust. »Ganz einfach. Indem ich die Götter zu Hilfe rufe. Ich habe nämlich sehr gute Verbindungen zu ihnen.«
    »Die Götter selbst«, flüsterte der alte Mann. »Versündige dich nicht, o Druide.«
    ***
    Gegenwart
    Die Echse stand auf einer Klippe an einer einsamen Steilküste des Moray Firth. Tief unten rollten die schaumgekrönten Wellen an, brachen sich donnernd an den schroffen Felsen und jagten meterhohe Gischtfontänen in die Luft.
    Deegh, der Tanaar, fixierte aus starren Augen die See unter sich. Und sprang plötzlich, ohne zuvor eine entsprechende Bewegung gemacht zu haben. Kopfüber sauste Deegh in die Tiefe, tauchte in die gischtenden Brecher ein, kauerte sich zusammen und ließ die neue Umgebung auf sich wirken. Das Wasser umschmeichelte den schuppigen Körper und Deegh stellte fest, dass er sich in diesem Element wohler fühlte als auf Land.
    Noch in der Sinkbewegung begriffen, kam Leben in den Tanaar. Der Körper schnellte wie ein Klappmesser auseinander, die Klauen schlossen sich ein paar Mal wie im Krampf. Dann schnellte Deegh los. Ich bin schnell wie ein Torpedo, dachte er, beschleunigte kurz und bremste dann wieder ab. Nachdem er dieses Spiel ein paar Minuten getrieben hatte, schwamm er durch Riffe mit scharfen Kanten und mächtigen Vorsprüngen hindurch in den Meeresarm hinaus. Er fand die Höhle mit dem Weltentor, das nach Sh'hu Naar führte, ohne Probleme. Einen Moment hielt Deegh vor dem orangeroten Flimmern, das nur Tanaar wahrnehmen konnten, inne. Dann schwamm er hinein, obwohl ihm dabei alles andere als wohl war.
    Es wird schon gehen. Der Fürst Lhaxxa-Tok benutzt es ja auch ständig…
    Ein unangenehmes Kribbeln hielt Deegh für einen Moment umfangen. Seltsamerweise empfand er es gleichzeitig als ewigkeitslang. Dann war er auch schon durch. Mit einem Schlag wurde das Wasser wärmer, grüner, sanfter. Deegh schoss steil nach oben, durchstieß die Wasseroberfläche und schnellte sich hoch in die Luft. Dabei stieß er ein zufriedenes Zischen aus. Flach klatschte die Echse aufs Wasser zurück. Sie hielt kurz inne, um sich zu orientieren.
    Ein fantastischer Anblick bot sich den kalten, grausam wirkenden Augen. Nach rechts erstreckte sich die See bis zum Horizont. Weiter links liefen die Wellen auf einen sanft ansteigenden Sandstrand, der in hoch aufragende, steile Felsen mit schroffen Abgründen überging. Alles beherrschend aber war die Stadt!
    Sh'hu Naar, die Herrliche!
    Halb im Wasser und halb auf Land lag sie. Alabasterfarbene Türme und wie Minarette aussehende schlanke Nadeln stachen in den gelblichen Himmel mit einer grünen Sonne, die von keinem Wölkchen verdeckt wurde. Dazwischen standen bizarr geformte Gebäude, die Ähnlichkeit mit geöffneten Muscheln aufwiesen. Es gab Kuppeln aus Glas, kastenförmig wirkende Häuser, die weder Fenster noch Türen besaßen und seltsam verschobene Formen, die aussahen, als würden sie jeden Moment in sich zusammenstürzen.
    Weit draußen auf dem Meer erhob sich der Palast des Fürsten. Und wenn die Stadt den ganzen Landstrich beherrschte, so beherrschte der riesige Palast zweifelsohne die Stadt. Deegh staunte über dessen gigantische Ausmaße, die er aus seiner Perspektive nur zum Teil wahrnahm. Er wurde allerdings von dem Gefühl geplagt, dass mit der Perspektive etwas nicht stimmte, denn er sah wesentlich mehr, als er auf der Erde unter ähnlichen Umständen gesehen hätte. In seiner Bauweise glich der Palast der Stadtarchitektur, war aber ein in sich abgeschlossener Komplex, der auf zerbrechlich scheinenden Pfeilern ruhte, die hoch aus dem Wasser ragten.
    Schnurstracks schwamm Deegh auf die Stadt zu. Nach einigen

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