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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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sichergestellt, daß die für die einzelnen Prozesse ausgewählten Richter diese Regeln absolut verstanden.
»Ich habe es nie für möglich gehalten, daß so etwas geschehen könnte, und dann Sato, dieser verrückte ... Mein Land und mein Volk schämen sich zutiefst dafür. Ich habe so viel zu tun, Mr. Ryan.«
Jack nickte. »Wir beide. Aber es wird getan.« Eine kurze Pause. »Die technischen Fragen können auf Ministerebene behandelt werden. Was uns betrifft, will ich nur sichergehen, daß wir uns verstehen. Ich vertraue auf Ihren guten Willen.«
»Danke, Mr. President.« Koga setzte seine Tasse ab, um den Mann gegenüber genauer zu betrachten. Er war jung für einen solchen Posten, wenngleich nicht der jüngste Präsident. Die Auszeichnung würde wohl in alle Ewigkeit Theodore Roosevelt halten. Auf dem langen Flug von Tokio hierher hatte er einiges über John Patrick Ryan gelesen. Der Mann hatte mehr als einmal von eigener Hand getötet, war dem eigenen Tod und dem seiner Angehörigen entgegengetreten und hatte manch anderes getan, über das seine Geheimdienstberater nur spekulieren konnten.
Für die Spanne weniger Sekunden sein Gesicht erforschend, versuchte Koga zu verstehen, wie so ein Mensch auch Mann des Friedens sein könnte, doch er konnte nichts erkennen, und er fragte sich, ob es im amerikanischen Charakter etwas gäbe, das er nie ganz verstehen würde.
Er sah Intelligenz und Neugier, das eine zu messen und das andere zu ergründen. Er sah Müdigkeit und Traurigkeit. Die letzten Tage mußten die reinste Marter gewesen sein, da war sich Koga sicher. Irgendwo in diesem Gebäude waren wohl die Kinder von Roger und Anne Durling, und auch das war eine schwere Last, die der Mann zu tragen hatte. Plötzlich ging dem Premierminister auf, daß Ryan, wie die meisten Westlichen, nicht viel Geschick im Verbergen der inneren Gedanken hatte.
Doch das stimmte wiederum nicht. Hinter diesen blauen Augen spielten sich noch andere Dinge ab, und die trug er nicht zu Markte. Sie waren in keiner Weise bedrohlich, aber sie waren da. Dieser Ryan war tatsächlich ein Samurai, wie er ein paar Tage zuvor in seinem Büro sagte, aber darunter gab es schwer faßbar noch eine Lage. Koga stellte dies erst mal zurück. So wichtig war es nicht, und er hatte etwas zu fragen.
»Ich habe eine Bitte, wenn es erlaubt ist.«
»Und die wäre, Sir?«
»Mr. President, das ist keine gute Idee«, protestierte Price ein paar
    Minuten später.
»Gut oder nicht. Leiten Sie's in die Wege«, trug Ryan ihr auf. »Ja, Sir.« Andrea Price zog sich aus dem Raum zurück.
Koga beobachtete diese Übung und erfuhr etwas Neues. Ryan war ein
Mann, der Entscheidungen treffen und Anweisungen geben konnte, ganz ohne theatralisches Getue.
    Die Autos standen noch am Westeingang, und es ging nur darum, sich Mäntel anzuziehen und einzusteigen. Insgesamt vier Suburbans machten eine Kehrtwendung auf dem Parkplatz und fuhren erst südlich, dann nach Osten, zum Hill. Diesmal fuhr der Konvoi ohne Sirenen und Warnlichter, sondern hielt sich an die Verkehrsregeln - fast. Die leeren Straßen erlaubten es, Ampeln zu mißachten, und sie konnten bald nach links in die Capitol Street einbiegen, noch einmal nach links zum Gebäude hin. Jetzt waren weniger Lichter zu sehen. Die Treppen waren von Schutt geräumt, so daß es ein leichtes war, hinaufzusteigen, nachdem die Autos geparkt waren und die Secret-Service-Agenten Posten bezogen hatten. Ryan geleitete Koga hinauf, und unversehens standen beide da und schauten hinab in die jetzt leere Höhlung, die einst der Plenarsaal gewesen war.
    Der japanische Premierminister stand erst ganz aufrecht. Er klatschte einmal laut in die Hände, um die Aufmerksamkeit der Geister zu erregen, die seinem Glauben gemäß noch hier waren. Dann verbeugte er sich förmlich und sprach seine Gebete für sie. Ergriffen tat es ihm Ryan nach. Fernsehkameras gab es nicht, die den Augenblick festhielten - das heißt, es standen schon noch welche da, aber die Abendnachrichten waren vorüber, und sie waren abgeschaltet, die Mannschaften saßen in den Ü-Wagen, tranken Kaffee und ahnten nicht, was hundert Meter entfernt geschah. Es dauerte ohnehin nur ein, zwei Minuten. Als es vorüber war, wurde eine amerikanische Hand ausgestreckt, und eine japanische ergriff sie, und zwei Augenpaare gelangten zum Einvernehmen, das Minister und Verträge so nie hätten erzielen können, und im rauhen Februarwind wurde zwischen den beiden Ländern endgültig und vollständig

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