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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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komisch aussahen. Einige trampelten mit den Füßen. Andere rammten Hände in Taschen oder rückten Mäntel zurecht oder zitterten oder sahen sich einfach seltsam um - und all das zog die besondere Aufmerksamkeit des Detail auf sich. Schlug bei jemandem der Metalldetektor an, hob ein Agent die Hand, als wolle er sich etwa an der Nase kratzen, und sprach dabei in ein Mikrofon. »Blauer Mantel, männlich, eins achtzig« zum Beispiel sorgte dafür, daß sich vier, fünf Köpfe dem Betreffenden zuwandten, um ihn näher in Augenschein zu nehmen, hier einen Zahnarzt aus Richmond, der gerade seinen Taschen-Handwärmer von einer Seite zur anderen wechselte. Seine äußere Erscheinung wurde eingehend mit den einschlägigen Fotos verglichen, aber keine Ähnlichkeiten festgestellt - dennoch wurde er weiter im Auge behalten, und für alle Fälle zoomte eine Kamera auf sein Gesicht und nahm es auf. In extremeren Fällen mischte sich ein Agent unter Trauernde und folgte dem Betreffenden bis zum Wagen, um das Kennzeichen festzustellen. Das inzwischen längst aufgelöste Strategie Air Command hatte sich als Motto FRIEDEN IST UNSERE BERUFUNG gewählt.
    Für den Secret Service war die Berufung Paranoia, und die Notwendigkeit dafür belegt durch die zwei Särge in der White-HouseEingangshalle.
    Brown und Holbrook hatten ihre fünf Sekunden direkter Ansicht. Zwei teure Kisten, sicher auf Kosten der Staatskasse angeschafft und frevlerisch, dachten sie, mit den Stars and Stripes geschmückt. Na, vielleicht nicht bei der Frau. Immerhin, Frauen sollten sich ja ihren Männern gegenüber loyal verhalten, das war nun mal so. Der Strom der Menge schob sie nach links, und Seile aus Samt führten sie die Treppe hinab.
    Sie spürten die Veränderung in den anderen. Ein kollektiver Seufzer und leichtes Schniefen von Leuten, die sich Tränen aus den Augen wischten - meist Frauen. Die beiden Mountain Men zeigten sich stoisch wie die meisten Männer. Die Remington-Skulpturen auf dem Weg hinaus ließen beide noch einmal kurz bewundernd stehenbleiben, und dann waren sie wieder draußen im Freien, und die frische Luft war eine Wohltat nach den paar Minuten in der Dampfheizungswärme des Bundesgebäudes. Sie sprachen kein Wort, bis sie das Gelände des White House verlassen hatten und weit genug weg von anderen waren.
    »Hübsche Kisten, die wir ihnen gekauft haben«, brachte Holbrook als erster heraus.
»Schade, daß sie nicht offen waren.« Brown sah sich um. Es war niemand in der Nähe, der ihn hätte hören können.
»Sie hinterlassen Kinder«, erwähnte Pete. Er ging etwas nach Süden, so daß sie die Pennsylvania Avenue überblicken konnten.
»Ja, ja, ja. Und die werden groß und werden dann auch solche Bürokraten.« Sie gingen ein paar Meter. »Verdammt noch mal!«
Da war nichts weiter zu sagen, außer höchstens: »Scheißdreck«, dachte Holbrook, und er mochte nicht immer wiederholen, was Ernie sagte.
Die Sonne ging auf, und da es zum Hill hin nach Osten kein hohes Gebäude mehr gab, zeichnete sich die Silhouette des weißen Gebäudes sehr schön ab. Obgleich es für beide der erste Besuch in Washington war, hätte jeder von ihnen eine einigermaßen akkurate Skizze des Gebäudes aus dem Gedächtnis zeichnen können, und was mit der Skyline nicht stimmte, hätte nicht deutlicher zutage treten können. Pete war froh, daß Ernie ihn überredet hatte mitzukommen. Allein dieser Anblick war die Reise wert gewesen. Diesmal brachte Holbrook seinen ersten kollektiven Gedanken zustande: »Ernie«, sagte er voller Ehrfurcht, »das is' inspirierend.«
»Ja.«
*
    Ein Problem mit der Krankheit war, daß die ersten Anzeichen nicht eindeutig waren. Ihr Hauptaugenmerk richtete sich auf einen ihrer kleinen Patienten. Er war so ein hübscher Junge, aber er war schwerkrank.
    Schwester M. Jean Baptiste sah jetzt, daß sein Fieber auf 40,4 Grad gestiegen war, und das allein war schlimm genug, aber die anderen Anzeichen waren noch schlimmer. Die Desorientierung hatte sich verstärkt.
Das Erbrechen wurde immer häufiger, und jetzt war auch Blut darin. Anzeichen für innere Blutungen. All das, wußte sie, konnte verschiedenes bedeuten - doch das, was sie fürchtete, wurde Ebola-Fieber genannt.
    Im Dschungel dieses Landes - an das sie gelegentlich immer noch als Belgisch-Kongo dachte - gab es viele Krankheiten, und während der Wettlauf darum, die schlimmste zu sein, härter war, als man vielleicht dachte, ließ Ebola alle anderen doch weit hinter sich. Für eine weitere

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