09 - Befehl von oben
Untersuchung mußte Schwester Jean Baptiste Blut entnehmen, und dies tat sie mit äußerster Sorgfalt. Die erste Probe war irgendwie abhanden gekommen. Die jüngeren Mitarbeiter nahmen es eben nicht so genau, wie sie sollten... Seine Eltern hielten den Arm, während sie Blut entnahm, die Hände jetzt mit Gummihandschuhen geschützt. Es ging reibungslos - der Junge war im Augenblick nicht bei Bewußtsein. Sie zog die Nadel wieder heraus und legte sie sofort in eine Plastikschachtel.
Die Blutampulle war ungefährlich, doch auch sie kam in einen Behälter. Ihre unmittelbare Sorge betraf die Nadel. Zu viele vom Personal versuchten, dem Hospital Geld zu sparen, indem sie Instrumente mehrfach benutzten, und das trotz AIDS und anderer Krankheiten, die durch Blut übertragen wurden. Sie mußte sich selbst darum kümmern, um sicherzugehen.
Sie hatte keine Zeit, noch länger beim Patienten zu bleiben. Sie verließ die Station und begab sich ins nächste Gebäude. Das Hospital hatte eine lange, ehrenvolle Geschichte und war den örtlichen Gegebenheiten entsprechend gebaut worden. Die vielen kleinen Gebäude waren durch überdachte Laufstege miteinander verbunden. Das Labor war nur fünfzig Meter entfernt. Die Einrichtung war segensreich; erst unlängst hatte die Weltgesundheitsorganisation hier einen Stützpunkt errichtet und dabei moderne Gerätschaften und sechs junge Ärzte mitgebracht - aber leider keine Krankenschwestern. Alle waren in Großbritannien oder Amerika ausgebildet.
Dr. Mohammed Moudi befand sich im Labor. Groß, schlank, dunkelhäutig, war er etwas reserviert im Auftreten, doch er war tüchtig. Er wandte sich um, als er sie kommen sah, und bemerkte, wie sie die Nadel hielt.
»Was gibt es, Schwester?«
»Patient Mkusa. Benedict Mkusa, Afrikaner, männlich, acht Jahre alt.« Sie übergab ihm das Krankenblatt. Moudi klappte den Ordner auf und überflog die Aufzeichnungen. Für die Schwester - Christin oder nicht, sie war eine heilige Frau und eine hervorragende Krankenschwester - kamen die Symptome nacheinander. Die Aufzeichnungen sagten dem Arzt viel mehr. Kopfschmerzen, Schüttelfrost, hohes Fieber, Desorientierung, allgemeine körperliche Unruhe und jetzt Anzeichen innerer Blutungen. Als er vom Bericht wieder aufschaute, war sein Blick verschleiert. Wenn sich als nächstes Petechien auf der Haut zeigten ...
»Er ist auf der allgemeinen Station?«
»Ja, Herr Doktor.«
»Lassen Sie ihn sofort ins Isoliergebäude bringen. In einer halben Stunde werde ich dort sein.«
»Ja, Herr Doktor.« Auf dem Weg nach draußen rieb sie sich die Stirn.
Es mußte an der Hitze liegen. Man gewöhnt sich eben nie daran, nicht wenn man aus Nordeuropa kommt. Vielleicht half ein Aspirin - nachdem sie sich um den Patienten gekümmert hatte.
7 / Öffentliches Ansehen
Es begann zeitig, als zwei E-3B-Sentry-Flugzeuge aus Tinker AFB in Oklahoma, jetzt auf Pope AFB in North Carolina verlegt, dort um 8.00 Uhr Ortszeit aufstiegen und in Richtung Norden flogen. Es war entschieden worden, nicht alle örtlichen Flughäfen zu schließen. Washington National blieb geschlossen und auf den anderen beiden, Dulles und BaltimoreWashington International, hatten die Fluglotsen präzise Instruktionen. Alle Flüge hatten ums White House einen Radius von über 30 Kilometer zu meiden. Steuerte ein Flugzeug diesen Kreis an, würde es sofort aufgefordert, abzudrehen. Wer die Aufforderung ignorierte, hätte gleich einen Abfangjäger zur Seite. Wenn das nichts half, der dritte Schritt wäre spektakulär. Zwei Rotten aus je vier F-16 umkreisten gestaffelt die Stadt, auf Höhen von 6000 bzw. 7000 Metern. Die Flughöhe hielt den Lärmpegel niedrig (außerdem ermöglichte sie ihnen, abzukippen und fast sofort Überschallgeschwindigkeit zu erreichen), aber die weißen Kondensstreifen zeichneten Muster ins Blau, wie weiland die 8th Air Force über Deutschland.
Etwa gleichzeitig übernahm die 260th Military Police Brigade, Nationalgarde von Washington, D.C., die >Verkehrskontrolle<. Mehr als hundert HMMWVs, mit je einem Polizei- oder FBI-Fahrzeug in dichter Begleitung, regelten den Verkehr, indem sie Straßen einfach blockierten.
Eine Ehrengarde aus allen Waffengattungen säumte die Straßen der vorgesehenen Route. Und keiner könnte sagen, welche der präsentierten Gewehre nicht vielleicht scharf geladen wären.
Manche hatten gemeint, daß die Sicherheitsvorkehrungen geheimgehalten werden sollten, weil auf Panzerfahrzeuge verzichtet worden war.
Es waren zusammen
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