09 - Befehl von oben
zweite eine Ordensplatte, auf der Durlings Kampfabzeichen prangten. Eine Medaille hatte der verstorbene Präsident dafür erhalten, daß er unter Beschuß einen Soldaten gerettet hatte.
Der ehemalige Soldat befand sich irgendwo in der Prozession und war wohl ein dutzendmal interviewt worden, hatte ernst den Tag geschildert, an dem ein zukünftiger Präsident ihm das Leben rettete. Schade, daß er auf Abwege geriet, reflektierten die Mountain Men, aber er war schon immer Politiker gewesen.
Bald erschien der neue Präsident, sein Automobil an vier SecretService-Agenten erkennbar, die nebenherschritten. Der Neue war beiden Mountain Men ein Rätsel. Sie wußten von ihm, was sie im TV gesehen und in Zeitungen gelesen hatten. Ein Shooter. Hatte echt zwei Menschen umgenietet, einen mit der Pistole, den anderen mit 'ner Uzi.
Ex-Marine sogar - mußte man irgendwie bewundern. Andere TVSendungen hatten ihn wiederholt bei Sonntags-Talk-Shows und bei Verlautbarungen gezeigt. In ersteren machte er einen kompetenten Eindruck. In letzteren zeigte er oft Unbehagen.
Die meisten der Autofenster in der Prozession waren dick beschichtet, damit keiner sehen konnte, wer darin saß, das Präsidentenauto aber natürlich nicht. Seine drei Kinder saßen vor ihm, rückwärts, und seine Frau an seiner Seite. Vom Bürgersteig aus war Präsident John Ryan ganz deutlich zu sehen.
»Was wissen wir wirklich über Mr. Ryan?«
»Nicht viel«, gab der Kommentator zu. »Sein Staatsdienst ist fast ausschließlich beim CIA gewesen. Er besitzt den Respekt des Kongresses, und zwar zu beiden Seiten des Ganges. Er hat jahrelang mit Alan Trent und Sam Fellows gearbeitet - das ist einer der Gründe, wieso die beiden Abgeordneten noch leben. Wir haben alle die Geschichte gehört von den Terroristen, die ihn angegriffen haben ...«
»Wie etwas aus dem wilden Westen«, warf der Moderator dazwischen. »Was halten Sie davon, einen Präsidenten zu haben, der ...«
»Menschen getötet hat?« gab der Kommentator zurück. Er war müde vom langen Tag im Dienst und auch ein bißchen müde von diesem aufgetakelten Hohlkopf. »Mal sehen. George Washington war General.
Andy Jackson ebenfalls. William Henry Harrison war Soldat. Grant und die meisten Präsidenten nach dem Bürgerkrieg. Teddy Roosevelt natürlich. Truman war Soldat. Eisenhower. Jack Kennedy war in der Navy, Nixon auch und Jimmy Carter und George Bush ...«
»Aber das Vizepräsidentenamt ist ihm doch nur als Übergangslösung übertragen worden und als Belohnung für seine Handhabung des Konflikts«
- niemand nannte ihn wirklich >Krieg< -, »mit dem, was sich als japanische Wirtschaftsinteressen herausstellte.« Da, dachte der Moderator, damit hätte er diesen überalterten Auslandskorrespondenten zurechtgewiesen. Wer hat behauptet, der Präsident habe ein Anrecht auf eine Schonfrist?
Ryan wollte seine Rede noch einmal durchgehen, doch er fand, daß er das nicht konnte. Es war ziemlich kalt da draußen. Auch im Wagen war es nicht gerade warm, aber Tausende Leute standen da draußen bei minus zwei Grad in Fünfer- bis Zehnerreihen am Gehsteig und schauten ihm nach, als er vorüberfuhr. Sie waren nahe genug, daß er die Gesichtsausdrücke erkennen konnte. Viele zeigten auf ihn und sprachen zu Leuten neben ihnen
- da ist er, das ist der Neue. Einige winkten: kleine, verlegene Gesten von Leuten, die nicht wußten, ob das okay war, aber irgendwie ihr Mitgefühl ausdrücken wollten. Mehrere nickten Respekt, mit dem schmalen Lächeln, das man von Beisetzungen kannte - hoffe, Sie sind okay. Jack fragte sich, ob es sich schickte, zurückzuwinken, entschied sich aber dagegen. Und so sah er sie nur an, sein Gesicht, dachte er, neutral, und sagte nichts, denn er hätte auch nicht gewußt, was er sagen könnte. Nun, das würde seine Rede besorgen müssen, dachte Ryan, frustriert mit sich selber.
»Kein lustiger Camper«, flüsterte Brown Holbrook zu. Sie warteten kurz, daß sich die Menge verlief. Nicht alle Zuschauer waren an der Prozession ausländischer Würdenträger interessiert. Man konnte ja nicht in die Wagen reinsehen, und all die Flaggen verfolgen zu wollen rief nur verschiedene Varianten von »Welche ist das?« hervor - oft mit falschen Antworten. So bahnten sich die beiden Mountain Men, wie viele andere auch, den Rückzug von der Bordsteinkante in einen Park.
»Ist auch nicht der Richtige«, erwiderte Holbrook schließlich. »Der is' auch bloß so 'ne Bürokratie. Erinnerst du dich an das PeterPrinzip?« Das Buch,
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