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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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versagte, welche ihnen das Leben doch gewährleisten sollte: Liebe und Anleitung, eine Chance, auf normale Art zu normalen Menschen heranzuwachsen. Wichtig waren hier Mark und Amy, aber die Predigten dieser Andacht, die ihnen eigentlich helfen sollten, wurden statt dessen an andere gerichtet. Dies ganze Ereignis war eine politische Übung, um dem Land ein Gefühl von Sicherheit zu geben, um Leuten den Glauben an Gott und die Welt und das Land zu erneuern, und vielleicht brauchten das die auf der anderen Seite der dreiundzwanzig Kameras in der Kirche, aber es gab Leute, die größere Not litten, die Kinder von Roger und Anne Durling, die erwachsenen Söhne Dick Eastmans, die Witwe von David Kohn aus Rhode Island und die Familie von Marissa Henrik aus Texas. Das waren wirkliche Menschen, und ihr persönliches Leid wurde den Bedürfnissen des Landes untergeordnet. Nun, zum Teufel mit dem Land! dachte Jack, plötzlich wütend auf das, was hier vor sich ging, und auf sich selbst, weil er's nicht eher begriffen hatte, um die Dinge ändern zu können. Nun, das Land mochte Bedürfnisse haben, aber diese Nöte konnten nicht so groß sein, daß sie den Schrecken überdeckten, den das Schicksal den Kindern versetzt hatte. Wer sprach für sie? Wer sprach mit ihnen?
Am schlimmsten für Ryan: Der Katholik, Michael Kardinal O'Leary, Erzbischof von Washington, war auch nicht besser. »Gesegnet seien die Friedfertigen, denn sie ...« Für Mark und Amy, wütete Jacks Geist, war ihr Vater kein Friedfertiger. Er war Dad, und Dad war tot, und das war nichts Abstraktes. Drei distinguierte, gelehrte, sehr aufrechte Mitglieder der Geistlichkeit predigten einer Nation, doch direkt vor ihnen waren die Kinder, die ein paar geheuchelt nette Worte bekamen, das war alles.
Jemand mußte mit ihnen sprechen, für sie, über ihre Eltern. Jemand mußte versuchen, es ihnen leichterzumachen. Das war zwar unmöglich, aber jemand mußte es versuchen, verdammt noch mal! Vielleicht war er Präsident der Vereinigten Staaten. Vielleicht hatte er eine Pflicht gegenüber den Millionen hinter den Fernsehkameras, doch er erinnerte sich an die Zeit, da seine Frau und seine Tochter im Schocktrauma-Zentrum von Baltimore gelegen hatten, zwischen Leben und Tod schwebend, und das war auch keine verdammte Abstraktion gewesen. Da lag das Problem. Das war es, warum man seine Familie attackiert hatte. Das war es, weshalb all diese Leute hier hatten sterben müssen - weil irgend so ein irregeleiteter Fanatiker sie nur als Abstraktionen betrachtete, nicht als Menschen mit Leben, Hoffnungen und Träumen - und Kindern. Jacks Aufgabe war es, eine Nation zu beschützen. Er hatte geschworen, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu erhalten, zu schützen und zu verteidigen, und das wollte er nach besten Kräften tun. Doch die Absicht der Verfassung war recht einfach - den Segen der Freiheit für das Volk zu sichern, und dazu gehörten die Kinder. Der Staat, dem er diente, und die Regierung, die er zu leiten versuchte, waren nicht mehr und nicht weniger als Instrumente zum Schutz einzelner Menschen. Die Pflicht war keine Abstraktion. Die Realität dieser Pflicht saß zehn Fuß zu seiner Linken, mühten sich nach besten Kräften, die Tränen zurückzuhalten, während Mike O'Leary zu einem Land sprach statt zu einer Familie. Das Theater hatte lang genug gedauert. Es wurde gesungen, und dann war Ryan an der Reihe, sich zu erheben und auf die Kanzel zu gehen.
Secret-Service-Agenten drehten sich um und nahmen wieder das ganze Kirchenschiff in Augenschein, denn jetzt war SWORDSMAN ein ideales Ziel. Beim Pult angekommen, sah er, daß Kardinal O'Leary getan hatte, wie ihm aufgetragen worden war, und den präsidialen Ordner hergelegt hatte. Nein, entschied Jack. Nein. Mit den Händen ergriff er die Seitenränder des Pultes, um sich Halt zu geben. Seine Blicke ließ er kurz über alle Versammelten schweifen und schaute dann zu den Kindern von Roger und Anne Durling hinab. Der Schmerz in ihren Augen brach ihm das Herz. Sie hatten die Last getragen, die ihnen eine Pflicht auferlegt hatte, die sie niemals hätten haben sollen. Von irgendwelchen namenlosen »Freunden« war ihnen eingeredet worden, tapferer zu sein, als es in einer solchen Situation je von einem Marine verlangt worden wäre, wohl mit der Begründung, daß »Mom und Dad es so gewollt hätten«. Doch Schmerz in stiller Ergebenheit zu ertragen gehörte nicht zu den Pflichten von Kindern. Das wurde von Erwachsenen erwartet, so gut

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