09 - Befehl von oben
Aufmerksamkeit vielleicht irgendwie den perversen Segen Allahs habe.
Doch dies war Rat der Verzweiflung gewesen, nicht der Vernunft und des Glaubens - auch Daryaei war nicht vor menschlichen Schwächen gefeit. Gewiß hatten auch die Amerikaner nach dem hier getrachtet, vermutlich auf dieselbe Art und Weise: hochgestellte Militärs zu suchen, die gern mal den Sessel der Macht ausprobiert hätten, um einen Staatsstreich zu initiieren, wie sie es oft genug in anderen Teilen der Welt getan hatten. Doch nein, dieses Ziel war dafür zu clever gewesen und wurde in jeder Runde noch cleverer, und somit hatten die Amerikaner versagt und die Israelis und all die anderen. Außer mir.
Es war immerhin Tradition und reichte zurück bis in die Antike. Einer, der allein handelte, ein Getreuer, der tat, was immer nötig wäre, um seine Mission zu erfüllen. Elf solche Männer waren für dieses spezielle Vorhaben in den Irak gesandt worden, beauftragt, sich so gut wie nur möglich zu tarnen, instruiert, alles zu vergessen, was sie einmal gewesen waren, völlig ohne Kontakt- oder Kontrolloffiziere, alle Aufzeichnungen über ihre Existenz vernichtet, damit nicht mal ein irakischer Spion in seinen eigenen Behörden die Mission ohne Namen hätte aufdecken können. In einer Stunde würden einige seiner Intimi in sein Büro kommen, Gott loben und ihren Führer ob seiner Weisheit preisen. Vielleicht, aber nicht einmal sie wußten von allem, was er getan hatte, oder von allen Leuten, die er entsandt hatte.
Die digitalisierte Wiedergabe des Ereignisses brachte keine große Veränderung, nur daß er die technischen Möglichkeiten jetzt professioneller erklärt bekam: »Mr. President, jemand mit einer Silicon Graphics Workstation könnte das manipulieren«, sagte ihm der NIO, sein nachrichtendienstlicher Berater. »Sie haben doch schon Spielfilme gesehen, und die fahren viel höhere Auflösung als ein Fernseher. Man kann heutzutage alles vortäuschen.«
»Gut. Ihre Aufgabe ist aber, mir zu sagen, was geschehen ist«, mußte Ryan ihn aufmerksam machen. Die paar Aufnahmesekunden hatte er nun achtmal gesehen und hatte Wiederholungen langsam satt.
»Wir können es nicht mit absoluter Sicherheit sagen.«
Vielleicht war es der Mangel an Schlaf. Vielleicht war es der Streß des Amtes. Vielleicht war es der Streß, daß er mit seiner zweiten Krise konfrontiert war. Vielleicht lag es auch daran, daß Ryan selbst immer noch ein eingefleischter Nachrichtendienstler war. »Hören Sie, ich sage das nur einmal: Ihre Aufgabe ist es nicht, sich um Ihren Arsch zu kümmern.
Ihre Aufgabe ist es, meinen zu decken!«
»Das weiß ich, Mr. President. Darum gebe ich Ihnen sämtliche Informationen, die ich habe ...« Ryan brauchte sich den Rest der Rede nicht anzuhören. Er hatte das alles schon gehört, Hunderte Male. Bisweilen hatte er selbst ähnliche Dinge gesagt.
»Scott?« fragte Jack den amtierenden Außenminister.
»Der Hundesohn ist tot wie der Fisch von gestern«, erwiderte Adler.
»Jemand anderer Meinung?« fragte Präsident Ryan die anderen im Raum. Es gab keine Widerrede, was die Auffassung auf gewisse Art absegnete. Nicht mal der NIO wollte der kollektiven Meinung widersprechen. Schließlich hatte er seine Einschätzung bereits abgegeben.
Jedweder Fehler wäre jetzt das Problem des Außenministers. Perfekt.
»Wer war der Schütze?« fragte Andrea Price. Die Antwort kam von einem Irak-Experten der CIA.
»Unbekannt. Wir kontrollieren Videoaufnahmen früherer Auftritte, um herauszufinden, ob er da auch schon drauf ist. Allem Anschein nach handelt es sich um ein Mitglied des persönlichen Schutzkommandos im Dienstgrad eines Armeeoberst, und ...«
»Und ich kenne jeden in meinem Kommando verdammt gut«, beendete Price den Satz. »Also, wer immer es war, er gehörte dazu, und das bedeutet, wer immer dahintersteckt, hat's geschafft, jemanden da einzuschleusen, ganz rein, damit's klappte, und so engagiert, daß er auch den Preis zu zahlen bereit war. Es muß Jahre gedauert haben.« Das folgende Stück Band zeigte, wie der Mann unter einer Kavalkade von Pistolenschüssen aus nächster Nähe zusammenbrach. Agent Price kam das seltsam vor. So einen wollte man verdammt noch mal lebend schnappen.
Tote reden ja noch immer nicht, und Hinrichtungen ließen sich stets arrangieren. Es sei denn, er wurde von anderen Mitgliedern einer Verschwörung umgebracht. Wie wahrscheinlich war es aber, daß mehr als ein Attentäter so weit vorgedrungen sei? Price kam es in den
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