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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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drei -, dann blieb Barbara eigentlich nur Möglichkeit Nummer eins: daß Sahlah log.
    Nachdem sie die letzte Sprotte verdrückt hatte, wischte sie sich die Finger an einer Papierserviette ab und lehnte sich auf der Bank zurück. Sie hielt das Gesicht in die Sonne und ließ ihre Gedanken weiterwandern, in eine andere Richtung, zurück zu F. Kumhar.
    Der einzige moslemische Mädchenname mit F, der ihr einfiel, war Fatimah, aber es gab sicher andere. Doch einmal angenommen, F. Kumhar, der Querashi den Scheck über vierhundert Pfund ausgestellt hatte, war tatsächlich eine Frau, und weiter angenommen, der Scheck stand irgendwie mit Querashis Ermordung in Verbindung, welche halbwegs vernünftigen Folgerungen ließ das über den Verwendungszweck des Schecks zu? Eine Abtreibung war ganz sicher eine Möglichkeit: Er hatte sich heimlich mit jemandem getroffen. Er hatte Kondome bei sich gehabt. Er hatte weitere Verhütungsmittel in seinem Nachttisch gehabt. Aber was war sonst noch möglich? Irgendein Kauf, vielleicht des Lenā-denā-Geschenks, das Sahlah von ihm erwartet hatte, eines Geschenks, das er noch nicht abgeholt hatte. Ein Darlehen an jemanden in Not, eine Landsmännin, die aus irgendwelchen Gründen ihre eigene Familie nicht um Hilfe bitten konnte. Eine Anzahlung für einen Gegenstand, der nach Querashis Heirat geliefert werden sollte: Bett, Sofa, Tisch, Kühlschrank.
    Auch wenn F. Kumhar ein Mann war, lagen die Möglichkeiten nicht viel anders. Was kauften die Leute? fragte sich Barbara. Sie kauften natürlich konkrete Dinge wie Einrichtungsgegenstände, Häuser, Nahrung und Kleidung. Aber sie kauften auch abstrakte Dinge wie Loyalität, Verrat und Aufruhr. Und sie kauften die Abwesenheit von Dingen, indem sie sich das Schweigen oder Verschwinden eines anderen sicherten.
    Wie dem auch sein mochte, es gab nur ein Mittel zu erfahren, was Querashi gekauft hatte. Sie und Emily mußten Kumhar finden. Und bei dieser Überlegung fiel Barbara wieder ein, warum sie noch auf den Pier gekommen war: um Trevor Ruddock ausfindig zu machen.
    Sie atmete einmal tief durch und schluckte. Der Geschmack der Sprotten und des Fritieröls, das sich an ihrem Gaumen festgesetzt zu haben schien, hielt sich beharrlich in ihrem Mund. Sie hätte, dachte sie, gleich auch etwas zu trinken kaufen sollen, mit dem sie das fettige Zeug hätte hinunterspülen können, am besten etwas Kochendheißes, das das Fett vor seinem verheerenden Weg durch ihr Verdauungssystem geschmolzen hätte. In einer halben Stunde würde sie zweifellos für ihren impulsiven Kauf bei Jack Willies Fisch- und Meeresfrüchtestand bezahlen müssen. Vielleicht würde ein Cola ihren Magen beruhigen, der schon jetzt bedenklich zu grummeln begann.
    Sie stand auf und beobachtete einen Moment den Flug zweier Möwen, die über sie hinwegsegelten und sich auf dem Dach über dem Pier niederließen. Zum ersten Mal fiel ihr über der Spielhalle ein zweites Stockwerk mit einer Reihe von Fenstern auf. Das mußten Büros sein. Hier bot sich eine letzte Möglichkeit, jemanden zu finden, der Sahlah Malik auf dem Pier bemerkt hatte, und die erste Möglichkeit, nach Trevor Ruddock zu fragen, bevor jemand auf dem Pier ihm steckte, daß eine kleine dicke Polizistin hinter ihm her war.
    Die Treppe zum oberen Stockwerk war in der Spielhalle, eingezwängt zwischen Rosalies Wahrsagerklause und einer Hologrammausstellung. Sie führte zu einer Tür hinauf, auf der in schwarzer Schrift Direktion stand.
    Dahinter war ein Korridor mit Fenstern, die alle geöffnet waren, um jede kleine Brise hereinzulassen. Aus den Büros, die von dem Korridor abgingen, war das Läuten von Telefonen, Stimmengewirr, das Rattern von Büromaschinen und das Summen von Ventilatoren zu hören. Der Bereich hier oben war gut isoliert, von dem Getöse in der Spielhalle unterhalb war kaum etwas zu hören.
    Doch Barbara sah sofort, wie unwahrscheinlich es war, daß hier oben jemand Sahlah Malik gesehen hatte. Ein Blick in eins der Büros zu ihrer Rechten zeigte ihr, daß die Fenster auf das Meer, auf den südlichen Teil Balfords und die Reihen bunter Strandhütten hinausgingen. Wenn nicht genau in dem Moment, wo Sahlah unten an der Berg- und Talbahn vorübergekommen war, einer zufällig aus dem Fenster gesehen hatte, war kaum noch damit zu rechnen, daß jemand ihre Geschichte bestätigen würde. Es sei denn, sie war von dem Büro ganz am Ende des Korridors, das sowohl den Pier als auch das Meer zu überblicken schien, beobachtet

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