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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht wahr!«
    »Wir hätten heimlich heiraten müssen, weil es anders nicht gegangen wäre. Ich hätte dir von unseren Plänen erzählt, weil ich dich für meine beste Freundin hielt. Und du hättest dafür gesorgt, daß nichts aus den Plänen geworden wäre. Wahrscheinlich indem du sie meinem Vater verraten hättest. Oder Muhannad oder sogar -«
    »Nein! Niemals! Nie im Leben!« Rachel konnte nicht verhindern, daß sie zu weinen anfing, und haßte sich für diese Schwäche, die ihre Freundin, wie sie wußte, nie gezeigt hätte. Sie drehte sich wieder um, das Gesicht zum Meer. Die Sonne brannte auf sie herunter, erhitzte ihre Tränen, erhitzte sie so schnell, daß sie auf ihrer Haut trockneten, und sie spürte, wie diese unter dem dünnen Salzfilm spannte.
    Zunächst sagte Sahlah gar nichts. Die einzige Antwort auf Rachels Weinen war das Schreien der Möwen und das Motorengeräusch eines Rennboots, das in der Nähe über das Meer raste.
    »Rachel.« Sahlah berührte ihre Schulter.
    »Es tut mir leid«, sagte Rachel weinend. »Ich wollte doch nicht ... Ich dachte ja nur ...« Ihr Schluchzen brach ihre Worte wie dünnes Glas. »Du kannst Theo ruhig heiraten. Ich hindere dich bestimmt nicht daran. Und dann wirst du schon sehen.«
    »Was?«
    »Daß ich immer nur wollte, daß du glücklich bist. Und wenn Glück für dich bedeutet, mit Theo zusammenzuleben, dann möchte ich, daß du genau das tust.«
    »Ich kann Theo nicht heiraten.«
    »Doch, du kannst! Du kannst! Warum sagst du immer, du kannst nicht und du willst nicht?«
    »Weil meine Familie es niemals akzeptieren wird. Es verstößt gegen unsere Sitten. Und selbst wenn es anders wäre -«
    »Du brauchst doch deinem Vater, wenn er den nächsten Kandidaten aus Pakistan anschleppt, nur zu sagen, daß dir der nicht paßt. Das gleiche kannst du beim nächsten und beim übernächsten wieder sagen. Immer weiter. Er zwingt dich bestimmt nicht, irgendeinen zu heiraten. Das hast du selbst gesagt. Wenn er dann nach einiger Zeit merkt, daß du mit den Männern, die er dir ausgesucht hat, nichts zu tun haben willst -«
    »Das ist es ja gerade. Rachel. Ich habe keine Zeit. Verstehst du denn nicht? Ich habe keine Zeit.«
    Rachel versetzte ungeduldig: »Ach, hör doch auf. Du bist gerade mal zwanzig Jahre alt. Kein Mensch betrachtet heutzutage eine Zwanzigjährige als alt. Auch ihr Pakistanis nicht. Mädchen in deinem Alter gehen jeden Tag auf die Uni. Sie arbeiten als Bankangestellte. Sie studieren Jura. Sie studieren Medizin. Die heiraten doch nicht alle gleich. Was ist nur los mit dir, Sahlah? Früher hast du viel mehr gewollt. Früher hattest du Träume.« Rachel empfand die Hoffnungslosigkeit der Situation um so stärker, da sie die Freundin nicht zwingen konnte, ihre Auffassung zu verstehen oder ihre Wahrheiten zu akzeptieren. Sie rang um Worte und gab schließlich auf, sagte nur: »Möchtest du so werden wie Yumn? Ist es das, was du willst?«
    »Ich bin wie Yumn.«
    »Natürlich«, sagte Rachel spöttisch. »Du bist genau wie sie. Du wirst von Tag zu Tag fetter und hast vom Leben nichts anderes zu erwarten, als daß dein Hintern in die Breite geht und du jedes Jahr ein Kind zur Welt bringst.«
    »Ganz recht«, sagte Sahlah, und ihre Stimme klang trostlos. »Rachel, genau so ist es.«
    »Das ist doch gar nicht wahr! Du brauchst überhaupt nicht so zu sein. Du bist gescheit. Du bist hübsch. Du kannst viel mehr aus dir machen.«
    »Du hörst mir nicht zu«, entgegnete Sahlah. »Du hast nicht zugehört, und darum verstehst du nicht. Ich habe keine Zeit. Ich habe keine Wahl. Jedenfalls jetzt nicht mehr. Ich bin wie Yumn. Ganz genauso.«
    Wieder wollte Rachel protestieren, doch als sie das Gesicht ihrer Freundin sah, hielt sie inne. Sahlah beobachtete sie so gespannt, mit so viel Qual in den dunklen Augen, daß Rachel ihre Bemerkung hinunterschluckte. Sie holte tief Atem und rief hitzig: »Du bist ja verrückt, wenn du glaubst, daß du wie Yumn bist«, aber das Feuer ihrer Worte erlosch wie unter einem kalten Wasserstrahl, als sie begriff, was Sahlah ihr sagen wollte.
    »Yumn«, stammelte sie. »O mein Gott, Sahlah. Soll das heißen ... Du und Theo ...? Du hast nie was davon gesagt!« Unwillkürlich schweifte ihr Blick über den Körper der Freundin, der so sorgfältig unter der weiten Kleidung verborgen war.
    »Ja«, antwortete Sahlah. »Und deshalb hatte sich Haytham damit einverstanden erklärt, die Hochzeit vorzuverlegen.«
    »Er hat es gewußt?«
    »Ich hätte ihm nicht

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