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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht richtig gehört.
    »Ihre Peilung, Chefin.« Fogarty wandte sich wieder dem Funkgerät zu. »Null-sechs-null.«
    »Was für eine Peilung?«
    Fogarty starrte sie verdutzt an. »Segeln Sie nicht?«
    »Ich rudere, verdammt noch mal. Gary segelt. Das wissen Sie doch. Also, was zum Teufel bedeutet null-sechs-null?«
    Fogarty faßte sich. Er klatschte mit der Hand auf den Kompaß.
    »Null-sechs-null auf dem da. Ihr Kurs«, sagte er. »Wenn der Kerl nach Hamburg will, ist das der Kurs für die erste Etappe.«
    Emily nickte und drückte auf die Tube, daß das Kielwasser in hohen Wellen auseinanderlief.
    Zu ihrer Rechten befand sich jetzt die Westseite des Nez; zu ihrer Linken lagen die Gezeiteninseln des Marschgebiets namens Wade. Der Wasserstand war hoch, aber es war schon spät für Bootsausflüge. Die meisten Freizeitsegler und -bootsfahrer waren auf dem Rückweg zu ihren Liegeplätzen im Jachthafen, und der Verkehr im Kanal war dicht. Emily hielt sich in der Mitte des Gewässers, und als sie die Bojen sichteten, die den Übergang zum Meer markierten, legte sie Geschwindigkeit zu. Die starken Motoren reagierten sofort. Der Bug des Boots hob sich und schlug krachend gegen das Wasser. Constable Fogarty verlor kurz den Halt; Barbara hielt sich am Handlauf fest, als die Sea Wizard ins Meer galoppierte.
    Die Pennyhole-Bucht und die Nordsee dehnten sich vor ihnen, eine weite, graugrüne Fläche, vom Weiß der Schaumkronen gesprenkelt. Ungeduldig schoß die Sea Wizard ihr entgegen, als Emily mehr Gas gab. Der Bug stieg aus dem Wasser und krachte gleich wieder mit solcher Wucht in die Wellen hinunter, daß Barbara meinte, sämtliche ihrer immer noch lädierten Rippen würden noch einmal brechen. Der Schmerz schoß ihr wie eine Stichflamme bis in den Kopf hinauf.
    Verdammt, dachte sie. Jetzt nur nicht schlappmachen.
    Sie hob den Feldstecher zu ihren Augen. Sie setzte sich rittlings auf ihren Sitz und stützte sich an der Rückenlehne ab, während das Boot seine Bocksprünge vollführte. Fogarty ging wieder ans Funkgerät. Er brüllte, um das Donnern der Motoren zu übertönen.
    Der Wind peitschte sie. Gischtschleier flogen zu beiden Seiten des Bugs. Sie umrundeten die Spitze des Nez, und Emily gab Vollgas. Wie ein Geschoß flog die Sea Wizard in die Bucht, an zwei Surfern vorbei, die von ihrem Kielwasser erfaßt wurden und umfielen.
    Fogarty kauerte im Cockpit. Immer noch brüllte er unermüdlich in sein Mikrofon. Barbara ließ ihren Blick suchend den Horizont entlangschweifen, als der Constable endlich eine Verbindung zum Land bekam. Sie konnte nicht hören, was er sagte, und schon gar nicht, was erwidert wurde, aber sie erfuhr das Wesentliche des Gesprächs, als er Emily zuschrie: »Nichts zu machen, Chefin. Unser Hubschrauber ist in Southend-on-Sea bei einem Manöver. Von der Sonderabteilung.«
    »Wieso?« schrie Emily zurück. »Was tun die denn da?«
    »Antiterrorismusübung. War schon seit einem halben Jahr geplant, sagen sie. Sie funken den Hubschrauber an, können uns aber nicht versprechen, daß er noch kommt. Wollen Sie die Küstenwache?«
    »Was soll uns denn die Küstenwache nützen?« brüllte Emily. »Glauben Sie vielleicht, die brauchen nur freundlich zu sagen: ›Geben Sie auf‹, und Malik folgt wie ein braver Junge?«
    »Dann können wir nur hoffen, daß der Hubschrauber noch rechtzeitig kommt. Ich hab' ihnen unsere Peilung durchgegeben.«
    Statt einer Antwort gab Emily Gas. Fogarty fiel hin. Der Karabiner rutschte mit einem Krachen vom Sitz. Emily drehte sich zu den Waffen um. »Geben Sie mir das Holster«, rief sie. Eine Hand am Steuer, schlang sie es sich über die Schulter. Zu Barbara sagte sie: »Siehst du was?«
    Barbara suchte den Horizont ab. Im Norden bildeten die rechteckigen Kästen der Fährschiffe eine durchbrochene Linie, die von Harwich und Felixstowe wegzog. Im Süden warf der Pier von Balford im Licht der Spätnachmittagssonne lange Schatten auf das Wasser. Hinter ihnen tanzten die Surfer wie bunte Dreiecke vor der Küste. Und vor ihnen - vor ihnen lag das offene Meer, und an seinem Horizont kroch die schmutziggraue Nebelbank, die dort schon seit Tagen hing.
    Es waren Schiffe da draußen, wie im Hochsommer nicht anders zu erwarten war, auch wenn der Tag sich seinem Ende zuneigte. Doch sie wußte nicht, wonach sie Ausschau halten sollte - außer daß es ein Boot sein mußte, das den gleichen Kurs hielt wie sie.
    »Nichts, Em«, antwortete sie.
    »Halt weiter die Augen offen.« Emily brachte

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