Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
bemerkt, als sie mit einer kleinen, aber dennoch blitzenden Trophäe für den dritten Platz heimgekehrt war, der Statuette eines Tanzpaars, das sich in unglaublichen Verrenkungen übte. »Er hat den ganzen Abend auf der Toilette gehangen und gejammert. Ich hätte den ersten Platz gemacht, wenn ich nicht mit Seamus O'Callahan hätte tanzen müssen. Der bildet sich ein, er sei Rudolph Valentino -«
    Nurejew, korrigierte Rachel im stillen.
    »- und ich muß dauernd aufpassen, daß er mir nicht die Füße zerquetscht, wenn er seine Sprünge vollführt. Beim Swing springt man nicht, hab' ich immer wieder gesagt, aber glaubst du vielleicht, das hätte den Guten irgendwie beeindruckt, Rachel? Keine Spur. Wie sollte es auch, bei einem Typen, der schwitzt wie ein Truthahn im Bratrohr!«
    Connie stellte ihren Preis auf eins der auf Holz getrimmten Metallborde des Wohnzimmerregals, auf dem bereits zwei Dutzend ähnlicher Trophäen prangten. Die kleinste war ein Zinnbecher in Schnapsglasgröße, in den ein Tanzpaar beim Walzer eingraviert war. Die größte war eine versilberte Schale mit der Inschrift 1. Platz Southend Swingtime, deren Silberauflage von allzu hingebungsvollem Polieren an einigen Stellen bereits durchgescheuert war.
    Connie Winfield trat vom Regal zurück und bewunderte das neueste Stück ihrer Sammlung. Sie sah nach den langen Stunden auf der Tanzfläche ein wenig mitgenommen aus. Und was nach den energischen Leibesübungen vom Schick ihrer frisch gelegten Haare noch übrig war, hatte die Hitze zerstört.
    Rachel stand an der Wohnzimmertür und beobachtete ihre Mutter. Sie vermerkte den Knutschfleck an ihrem Hals und fragte sich wer das Vergnügen gehabt hatte: Seamus O'Callahan oder Connies regulärer Tanzpartner, ein Mann namens Jake Bottom, den Rachel, nachdem ihre Mutter ihn nachts kennengelernt hatte, morgens in der Küche vorgefunden hatte. »Sein Wagen ist nicht angesprungen«, hatte Connie ihrer Tochter zugeflüstert, als diese beim Anblick von Jakes haarloser, ihr bisher unbekannter Männerbrust am Frühstückstisch abrupt stehengeblieben war. »Er hat auf dem Sofa geschlafen, Rachel«, hatte sie hinzugefügt, und Jake hatte den Kopf gehoben und anzüglich gezwinkert.
    Aber Rachel hätte dieses Zwinkern gar nicht gebraucht, um zwei und zwei zusammenzuzählen. Jake Bottom war nicht der erste Mann, dem ausgerechnet vor ihrer Haustür das Auto nicht angesprungen war.
    »Sind schon toll, was?« bemerkte Connie, den Blick auf ihre Sammlung gerichtet. »Das hättest du deiner Mutter nicht zugetraut, was, daß sie so eine Kanone ist?« Sie musterte ihre Tochter.
    »Was machst du so ein verbiestertes Gesicht, Rachel Lynn? Du hast doch nicht etwa vergessen, den Laden abzuschließen? Rachel, wenn du uns einen Einbruch eingehandelt hast, kannst du was erleben.«
    »Ich hab' abgeschlossen«, sagte Rachel. »Ich hab' extra noch mal nachgesehen.«
    »Was ist dann mit dir los? Du schaust aus, als hättest du in eine Zitrone gebissen. Warum nimmst du eigentlich nicht das Make-up, das ich dir gekauft hab'? Du könntest so leicht was aus dir machen, wenn du dir nur ein bißchen Mühe gäbst, Rachel.«
    Connie ging zu ihr und begann, an ihrem Haar herumzurupfen, tat das, was sie immer tat: zog es nach vorn, so daß ein Großteil ihres Gesichts von einem schwarzen Haarschleier verdeckt war. Das ist modisch, pflegte sie zu sagen. Aber Rachel ließ sich von dieser Bemerkung niemals täuschen.
    »Mama -«
    »Connie«, korrigierte ihre Mutter sie. Sie hatte an Rachels zwanzigstem Geburtstag beschlossen, daß sie es nicht ertragen konnte, die Mutter einer erwachsenen jungen Frau zu sein. »Wir sehen sowieso mehr wie Schwestern aus«, hatte sie gesagt, als sie Rachel mitgeteilt hatte, daß sie für sie von nun an Connie hieße.
    »Connie«, sagte Rachel.
    Connie lächelte und tätschelte ihr die Wange. »Schon besser«, sagte sie. »Aber leg doch ein bißchen Rouge auf, Rachel. Du hast tolle Wangenknochen. Andere Frauen würden was drum geben, solche Wangenknochen zu haben. Warum machst du nichts draus, Herrgott noch mal?«
    Rachel wußte, wie sinnlos es war, daß es ihr Aussehen kaum verbessern würde, wenn sie ihre Wangenknochen betonte. Zwanzig Jahre lang hatte ihre Mutter so getan, als wäre mit Rachels Gesicht alles in Ordnung. Daran würde sich nichts ändern.
    Rachel folgte Connie in die Küche, wo diese sich zu dem kleinen Kühlschrank hinunterbückte. Sie holte eine Cola heraus und ein sehr breites und sehr dickes

Weitere Kostenlose Bücher