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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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uns der Herr des Lichts als Mann und Frau erschaffen, als zwei Teile eines größeren Ganzen. In unserer fleischlichen Vereinigung liegt Macht. Die Macht, Leben zu erschaffen. Die Macht, Licht zu erzeugen. Die Macht, Schatten zu werfen.«
    »Schatten.« Die Welt schien dunkler zu werden, als er das Wort aussprach.
    »Jeder Mann, der über die Erde wandelt, wirft einen Schatten auf die Welt. Manche sind dünn und schwach, andere lang und dunkel. Ihr solltet hinter Euch schauen, Lord Snow. Der Mond hat Euch geküsst und Euren Schatten sechs Meter hoch ins Eis geschnitten.«
    Jon blickte über die Schulter. Da war der Schatten, genau, wie sie es gesagt hatte, vom Mondlicht in die Mauer geschnitten. Ein Mädchen in Grau auf einem sterbenden Pferd, dachte er. Wie sie hierherkommt zu Euch. Arya. Er wandte sich wieder der Roten Priesterin zu. Jon spürte ihre Wärme. Sie hat Macht. Der Gedanke stellte sich ungebeten ein und packte ihn mit eisernen Zähnen, aber er wollte nicht in der Schuld dieser Frau stehen, nicht einmal um seiner kleinen Schwester willen. »Dalla hat mir einmal etwas erzählt. Die Schwester von Val, die Frau von Mance Rayder. Sie sagte, Zauberei sei ein Schwert ohne Heft. Es gebe keine sichere Möglichkeit, sie zu halten.«
    »Eine weise Frau.« Melisandre erhob sich, ihre roten Roben wogten im Wind. »Ein Schwert ohne Heft ist aber immer noch ein Schwert, und ein Schwert ist eine gute Sache, wenn man von Feinden umzingelt ist. Hört mich an, Jon Snow. Neun Krähen flogen in den weißen Wald, um Eure Feinde für Euch zu suchen. Drei von ihnen sind tot. Noch sind sie nicht gestorben, aber der Tod lauert dort draußen auf sie, und sie reiten ihm entgegen. Ihr habt sie ausgeschickt, damit sie Eure Augen in der Dunkelheit sind, aber sie werden keine Augen mehr haben, wenn sie zu Euch zurückkehren. Ich habe ihre bleichen toten Gesichter in meinen Flammen gesehen. Leere Augenhöhlen und Tränen aus Blut.« Sie strich sich das rote Haar zurück, und ihre roten Augen glänzten. »Ihr glaubt mir nicht. Aber Ihr werdet mir glauben. Der Preis für Euren Glauben werden drei Leben sein. Ein kleiner Preis für die Weisheit, würde mancher sagen … aber keiner, den Ihr hättet entrichten müssen. Denkt daran, wenn Ihr die blinden, entstellten Gesichter Eurer Toten seht. Und wenn dieser Tag gekommen ist, kommt zu mir und nehmt meine Hand.« Dunst stieg von ihrer blassen Haut auf, und einen Moment lang schien es, als würden helle magische Flammen um ihre Finger spielen. »Nehmt meine Hand«, sagte sie erneut, »und lasst mich Eure Schwester retten.«

DAVOS
    Selbst in der Dunkelheit des Wolfsbaus spürte Davos Seaworth, dass an diesem Morgen etwas nicht stimmte.
    Er erwachte von Stimmen und kroch zur Tür seiner Zelle, doch das Holz war zu dick, und er konnte keine einzelnen Wörter verstehen. Die Dämmerung war gekommen, aber nicht der Haferbrei, den Garth ihm sonst jeden Morgen zum Frühstück brachte. Das beunruhigte ihn. Im Wolfsbau glich ein Tag dem anderen, und jede Veränderung konnte nur etwas Schlechtes bedeuten. Vielleicht ist heute der Tag, an dem ich sterbe. Vielleicht sitzt Garth da draußen mit dem Wetzstein, um die Lady Lew zu schärfen.
    Der Zwiebelritter hatte Wyman Manderlys letzte Worte an ihn nicht vergessen. Bringt dieses Geschöpf in den Wolfsbau und schlagt ihm Kopf und Hände ab, hatte der fette Lord befohlen. Ich werde keinen Bissen essen, ehe ich den Kopf dieses Schmugglers nicht auf einem Spieß gesehen habe, mit einer Zwiebel zwischen seinen verlogenen Zähnen. Jede Nacht gingen Davos diese Worte durch den Sinn, wenn er sich schlafen legte, und jeden Morgen, wenn er erwachte, musste er als Erstes daran denken. Und wenn er sie doch einmal vergaß, so bereitete es Garth stets Vergnügen, ihn daran zu erinnern. »Toter Mann« war sein Name für Davos. Wenn er morgens das Frühstück brachte, sagte er immer: »Hier, Haferbrei für den toten Mann.« Und nachts hieß es: »Blas die Kerze aus, toter Mann.«
    Einmal brachte Garth seine Frauen mit, um sie dem toten Mann vorzustellen. »Die Hure sieht nicht besonders aus«, sagte er und liebkoste eine Stange aus kaltem schwarzen Eisen, »aber wenn ich sie rot glühend erhitze und sie dir an den Schwanz halte, wirst du nach deiner Mutter schreien. Und hier, das ist meine Lady Lew. Sie wird dir Kopf und Hände abnehmen, wenn Lord Wyman den Befehl dazu gibt.« Davos hatte noch nie eine größere Axt als Lady Lew gesehen, und auch keine mit einer so

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