09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
das gleiche Wappen, geviertelt zusammen mit Rodrik Ryswells goldenem Pferdekopf.
Während Stinker eine breite Holztreppe zur Halle hinaufstieg, begannen seine Beine zu zittern. Er musste stehen bleiben, damit es aufhörte, und starrte hinauf zu den grasbewachsenen Hängen des Großen Hügels. Manche behaupteten, er sei das Grab des Ersten Königs, der die Ersten Menschen nach Westeros geführt hatte. Andere wiederum meinten, es müsse sich um das Grab eines Königs der Riesen handeln, allein der Größe wegen. Und einige wenige behaupteten, es sei überhaupt kein Hügelgrab, sondern einfach nur ein Hügel. Wenn das stimmte, war es ein sehr einsamer Hügel, denn der größte Teil der Hügellande war flach und windig.
In der Halle stand eine Frau am Kamin und wärmte sich die dünnen Hände über der Glut eines sterbenden Feuers. Sie trug Schwarz von Kopf bis Fuß und keinerlei Gold oder Edelsteine, aber sie war von hoher Geburt, das war nicht zu übersehen. Trotz der Falten um den Mund und mehr noch um die Augen, hielt sie sich aufrecht und ungebeugt und sah gut aus. Ihr Haar war zu gleichen Teilen braun und grau, sie hatte es hinter dem Kopf zu einem Witwenknoten zusammengebunden.
»Wer ist das?«, fragte sie. »Wo ist der Junge? Hat Euer Bastard sich geweigert, ihn herauszugeben? Ist dieser alte Mann sein … Oh, gute Götter, was ist das für ein Geruch ? Hat sich dieses Geschöpf in die Hose gemacht?«
»Er war bei Ramsay. Lady Barbra, gestattet mir, Euch den rechtmäßigen Lord der Iron Islands vorzustellen, Theon aus dem Hause Greyjoy.«
Nein, dachte er, nein, sagt diesen Namen nicht, Ramsay wird Euch hören, er wird es wissen, er wird es wissen, er wird mir wehtun.
Sie spitzte den Mund. »Er ist nicht gerade das, was ich erwartet hatte.«
»Er ist das, was wir haben.«
»Was hat Euer Bastard ihm angetan?«
»Ihm etwas Haut abgezogen, würde ich annehmen. Ein paar kleine Stückchen. Nichts übermäßig Wichtiges.«
»Ist er verrückt?«
»Könnte sein. Spielt das eine Rolle?«
Stinker wollte das nicht hören. »Bitte, M’lord, M’lady, das muss eine Verwechslung sein.« Er fiel auf die Knie und zitterte wie ein Blatt im Wintersturm, und die Tränen rannen ihm über die verwüsteten Wangen. »Ich bin nicht er, bin nicht der Abtrünnige, er ist in Winterfell gestorben. Mein Name ist Stinker.« Er musste sich an seinen Namen erinnern. »Stinker kommt von stinken, und das reimt sich auf hinken.«
TYRION
Die Selaesori Qhoran hatte Volantis vor sieben Tagen verlassen, als Hella endlich aus ihrer Kabine kam und über Deck krabbelte wie ein scheues Waldwesen, das aus einem langen Winterschlaf erwacht war.
Die Sonne ging unter, und der Rote Priester hatte sein Nachtfeuer in dem großen eisernen Kohlenbecken mittschiffs entzündet, wo sich die Mannschaft zum Beten versammelte. Moqorros Stimme dröhnte wie eine Basstrommel aus den Tiefen seines massigen Oberkörpers. » Wir danken dir für deine Sonne, die uns Wärme spendet«, betete er. » Wir danken dir für deine Sterne, die über uns wachen, während wir über dieses kalte schwarze Meer fahren.« Der Priester, ein Hüne, größer als Ser Jorah und breit genug, um zwei aus ihm zu machen, trug eine scharlachrote Robe, die an Ärmeln und Saum und Kragen mit orangenfarbenen Satinflammen bestickt war. Seine Haut war pechschwarz, sein Haar schneeweiß, und die Flammen, die er auf Wangen und Stirn tätowiert trug, leuchteten gelb und orange. Sein Eisenstab war so groß wie er selbst und wurde von einem Drachenkopf gekrönt. Wenn er mit dem unteren Ende auf den Boden stieß, spuckte das Drachenmaul knisternde grüne Flammen.
Seine Wachen, fünf Sklavenkrieger der Flammenden Hand, führten den Antwortgesang an. Sie sangen in der Sprache von Alt-Volantis, aber Tyrion hatte genug solcher Gebete gehört, um zu wissen, worum es ging. Entfache unser Feuer und schütze uns vor der Finsternis, blablabla, erleuchte unseren Weg und beschere uns muckelige Wärme, die Nacht ist dunkel und voller Schrecken, rette uns vor den schaurigen Wesen, und noch etwas mehr Blablabla.
Er war allerdings nicht so dumm, solche Gedanken offen zu äußern. Tyrion Lannister konnte keine Götter gebrauchen, aber auf diesem Schiff war es klug, dem Roten R’hllor einen gewissen Respekt zu erweisen. Jorah Mormont hatte ihm die Ketten abgenommen, nachdem sie das Land weit genug hinter sich gelassen hatte, und der Zwerg wollte ihm keinen Grund liefern, sie ihm erneut anzulegen.
Die Selaesori
Weitere Kostenlose Bücher