09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
Letzte, den sie sich zum Freund wünscht.«
»Ihr seid beide Zwerge.«
»Ja, und ihr Bruder war auch einer, der, der getötet wurde, weil irgendwelche betrunkenen Narren ihn mit mir verwechselt haben.«
»Ihr fühlt Euch schuldig, wie?«
»Nein«, fuhr Tyrion auf. »Ich habe schon für genug Sünden geradezustehen, mit diesem Verbrechen habe ich nichts zu tun. Vielleicht habe ich einen gewissen Groll gegen sie und ihren Bruder gehegt für das Schauspiel, dass sie bei Joffreys Hochzeit aufgeführt haben, aber ich habe ihnen nichts Böses gewünscht.«
»Ihr könnt gewiss keiner Fliege etwas zuleide tun. Ein rechtes Unschuldslamm seid Ihr.« Ser Jorah stand auf. »Das Zwergenmädchen ist Eure Sache. Küsst sie, tötet sie oder geht ihr aus dem Weg, ganz wie Ihr wünscht. Mir ist das einerlei.« Er schob sich an Tyrion vorbei und verließ die Kabine.
Zweimal verbannt, kein Wunder, dachte Tyrion. Ich würde ihn auch verbannen, wenn ich könnte. Der Mann ist kalt, grüblerisch, mürrisch und versteht keinerlei Spaß. Und das sind noch seine guten Seiten. Ser Jorah verbrachte seine wachen Stunden damit, auf dem Vorderdeck hin und her zu schreiten oder sich an die Reling zu lehnen und hinaus aufs Meer zu starren. Er hält Ausschau nach seiner Silberkönigin. Nach Daenerys, und er versucht das Schiff zu zwingen, schneller zu fahren. Nun, ja, ich würde vielleicht das Gleiche tun, wenn Tysha in Meereen wartete.
Könnte die Sklavenbucht der Ort sein, zu dem Huren gehen? Das war unwahrscheinlich. Nach allem, was er gehört hatte, waren die Städte der Sklavenhändler der Ort, wo Huren gemacht wurden. Mormont hätte sich eine kaufen sollen . Ein hübsches Sklavenmädchen hätte Wunder wirken können, was seine Laune anging … besonders eins mit Silberhaar wie das der Hure, die in Selhorys auf seinem Schwanz gesessen hatte.
Auf dem Fluss hatte Tyrion Greif ertragen müssen, aber wenigstens hatte ihn das Geheimnis um seine wahre Identität abgelenkt, und mit dem Rest der kleinen Gesellschaft an Bord des Stakkahns hatte er sich gut verstanden. Auf der Kogge hingegen war jeder nur das, was er zu sein schien, niemand war besonders freundlich, und nur der Rote Priester war einigermaßen interessant. Er, und vielleicht Hella. Aber das Mädchen hasst mich, und dazu hat sie allen Grund.
Das Leben an Bord der Selaesori Qhoran war vor allem langweilig, fand Tyrion. Der aufregendste Moment des Tages war es, wenn er sich mit einem Messer in Zehen und Finger stach. Auf dem Fluss hatte es Wunder zu bestaunen gegeben: riesige Schildkröten, Ruinenstädte, Steinmenschen, nackte Septas. Man wusste nie, was einen hinter der nächsten Biegung erwartete. Auf See waren alle Tage und Nächte gleich. Nachdem sie in Volantis die Leinen losgemacht hatten, waren sie zunächst in Sichtweite der Küste gesegelt, und so konnte Tyrion sich vorbeiziehende Landzungen anschauen, wo Wolken von Meeresvögeln von felsigen Klippen in die Lüfte aufstiegen und Wachtürme zerbröckelten. Und er zählte kahle braune Inseln, die bald hinter ihnen zurückblieben. Er sah auch viele andere Schiffe, Fischerboote, schwerfällige Handelsschiffe, stolze Galeeren, deren Ruder weißen Schaum in die Wellen schlugen. Doch nachdem sie tiefere Gewässer erreicht hatten, gab es nur noch Meer und Himmel, Luft und Wasser. Das Wasser sah aus wie Wasser. Der Himmel sah aus wie Himmel. Manchmal gab es eine Wolke. Zu viel Blau.
Und die Nächte waren noch schlimmer. Tyrion schlief im besten Falle schlecht, und das hier war weit davon entfernt. Schlafen bedeutete träumen, und in seinen Träumen erwarteten ihn die Gram und ein steinerner König mit dem Gesicht seines Vaters. So hatte er die Wahl, in seine Hängematte zu klettern und sich anzuhören, wie Jorah Mormont unter ihm schnarchte, oder auf Deck zu bleiben und das Meer anzustarren. In mondlosen Nächten erstreckte sich das Wasser schwarz wie Maestertinte von Horizont zu Horizont. Düster und tief und bedrohlich und dennoch auf schauerliche Weise schön. Doch wenn er es zu lange anschaute, überlegte sich Tyrion plötzlich, wie leicht es wäre, über die Reling zu klettern und sich in diese Dunkelheit fallen zu lassen. Ein leises Platschen, und die klägliche Geschichte seines Lebens wäre so gut wie beendet. Aber wenn es nun doch eine Hölle gibt und mein Vater dort auf mich wartet?
Der beste Moment jedes Abends war das Essen. Auch wenn es nicht besonders gut schmeckte, gab es doch reichlich davon, und deshalb ging der
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