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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Augen rotumrandete Höhlen. »Wir haben King’s Landing noch in jener Nacht verlassen. Mein Bruder sagte, es sei das Beste, ehe jemand auf die Idee käme, wir hätten etwas mit dem Tod des Königs zu tun, und wir würden gefoltert, um es herauszufinden. Zuerst gingen wir nach Tyrosh. Mein Bruder dachte, das sei weit genug, aber er hatte sich geirrt. Wir kannten dort einen Jongleur. Seit Jahren und Jahren jonglierte er jeden Tag am Brunnen des Trunkenen Gottes. Er war alt und nicht mehr so flink mit den Händen wie früher, daher fielen ihm manchmal die Bälle herunter, und er jagte ihnen über den Platz hinterher. Die Tyroshi lachten und warfen ihm trotzdem ihre Münzen zu. Aber eines Morgens hörten wir, sein Körper sei vor dem Trios-Tempel gefunden worden. Trios hat drei Köpfe, und vor den Toren des Tempels steht eine große Statue von ihm. Der alte Mann war in drei Teile gehackt worden, und man hatte jeweils einen Teil einem Kopf von Trios in den Mund gesteckt. Als man die Leiche wieder zusammenflickte, stellte man fest, dass sein Kopf fehlte.«
    »Ein Geschenk für meine süße Schwester. Er war auch ein Zwerg.«
    »Ein kleiner Mann, ja. Wie Ihr und Oppo. Groschen. Tut es Euch auch wegen dieses Jongleurs leid?«
    »Ich kannte deinen Jongleur nicht und wusste überhaupt nicht, dass es ihn gab … Aber ja, es tut mir leid, dass er tot ist.«
    »Er ist Euretwegen gestorben. Sein Blut klebt an Euren Händen.«
    Der Vorwarf traf ihn hart, so kurz nach Jorah Mormonts Worten. »Sein Blut klebt an den Händen meiner Schwester, und an den Händen der Unmenschen, die ihn ermordet haben. Meine Hände …« – Tyrion drehte und wendete sie, betrachtete sie und ballte sie zu Fäusten – »… sind mit altem Blut verkrustet, ja. Nenn mich Sippenmörder, und es entspricht der Wahrheit. Nenn mich Königsmörder, und ich werde nicht widersprechen. Ich habe Mütter, Väter, Neffen und Geliebte getötet, Männer und Frauen, Könige und Huren. Einmal hat mich ein Sänger verärgert, also habe ich den Bastard zu einem Eintopf verarbeiten lassen. Aber einen Jongleur oder einen Zwerg habe ich nicht getötet, und ich werde mir nicht die Schuld an dem geben lassen, was deinem verfluchten Bruder passiert ist.«
    Hella nahm den Becher Wein, den er ihr eingeschenkt hatte, und schüttete ihn Tyrion ins Gesicht. Genau wie meine süße Schwester. Er hörte die Kombüsentür zuschlagen, sah jedoch nicht, wie sie ging. Seine Augen brannten, und er nahm die Welt nur verschwommen wahr. So viel zu dem Vorhaben, sich mit ihr anzufreunden.
    Tyrion hatte nur wenig Erfahrung mit anderen Zwergen. Sein Hoher Vater hatte niemanden empfangen, der ihn an die Missbildung seines Sohnes erinnerte, und alle Gaukler, die kleines Volk zu ihrer Truppe zählten, lernten rasch, einen weiten Bogen um Lannisport und Casterly Rock zu schlagen, denn zu leicht fiel man bei Lord Tywin in Ungnade. Später hatte Tyrion von einem Zwergnarren am Hofe des dornischen Lords Fowler gehört, von einem Zwergmaester in Diensten auf den Fingern, einer Zwergin bei den Schweigenden Schwestern, aber er hatte nie auch nur das Bedürfnis verspürt, sie aufzusuchen. Auch weniger zuverlässige Geschichten kamen an sein Ohr, von einer Zwergenhexe, die auf einem Hügel in den Flusslanden spukte und einer Zwergenhure in King’s Landing, die dafür bekannt war, es mit Hunden zu treiben. Vor Letzterer hatte ihm seine süße Schwester erzählt und sogar angeboten, eine läufige Hündin suchen zu lassen, falls er es ebenfalls ausprobieren wollte. Als er höflich gefragt hatte, ob sie damit sich selbst meine, hatte Cersei ihm einen Becher Wein ins Gesicht geschüttet. Das war roter, wenn ich mich recht entsinne, und dieser ist golden. Tyrion wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab. Seine Augen brannten noch immer.
    Bis zum Tag des Sturms sollte er Hella nicht wiedersehen.
    An jenem Morgen regte sich kein Lüftchen, und die salzige Luft hing schwer über dem Schiff, doch der Himmel im Westen loderte feuerrot und war mit Wolken überzogen, die im Purpurrot der Lannisters leuchteten. Die Seeleute machten die Schotten dicht, brachten Sicherheitsleinen an und räumten das Deck auf. Alles, was nicht bereits festgebunden war, wurde jetzt vertäut. »Wir bekommen schlimmen Wind«, warnte ihn einer. »Ohne-Nase sollte unter Deck gehen.«
    Tyrion erinnerte sich an den Sturm, den er auf der Überfahrt durch die Meerenge erlebt hatte, daran, wie das Deck unter seinen Füßen geschaukelt hatte, an das

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