09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
»Ich freue mich, Euch helfen zu können. Wir werden gewiss eine schöne Reise haben, oder?«
»Dessen bin ich sicher«, sagte Gerris. Der Kapitän ließ Bier für sie bringen, und sie tranken auf ihre gemeinsame Unternehmung.
»Ein süßer Mann«, sagte Gerris hinterher, während er und Quentyn zu ihrem gemieteten Hathay zurückgingen, der am Ende des Anlegers wartete. Die Hitze hing schwer lastend in der Luft, und die Sonne war so grell, dass sie beide blinzeln mussten.
»Dies ist eine süße Stadt«, stimmte Quentyn zu. Süß genug, um dir die Zähne verfaulen zu lassen. Süße Rüben wurden hier in Hülle und Fülle angebaut, und sie wurden zu fast jeder Mahlzeit gereicht. Die Volantener machten auch eine kalte Suppe aus ihnen, so dick und schwer wie violetter Honig. Ihre Weine waren ebenfalls süß. »Ich fürchte allerdings, unsere fröhliche Reise wird sehr kurz werden. Dieser süße Mann will uns nicht nach Meereen bringen. Er hat unser Angebot zu schnell angenommen. Ohne Zweifel wird er den dreifachen Preis nehmen, aber wenn wir an Bord sind und das Land erst einmal außer Sicht ist, wird er uns die Kehle durchschneiden und uns unser übriges Gold ebenfalls abnehmen.«
»Oder uns an ein Ruder ketten, zu den armen Teufeln, die wir gerochen haben. Wir müssen eine bessere Sorte Schmuggler finden, glaube ich.«
Ihr Kutscher erwartete sie neben seinem Hathay . In Westeros hätte man das Gefährt vermutlich Ochsenkarren genannt, obwohl es viel schöner verziert war als jeder Karren, den Quentyn je in Dorne gesehen hatte, und ein Ochse fehlte ihm auch. Der Hathay wurde stattdessen von einem Zwergelefanten gezogen, dessen Haut die Farbe von schmutzigem Schnee hatte. Die Straßen von Alt-Volantis waren voll von solchen Elefanten.
Quentyn wäre lieber gegangen, aber sie waren meilenweit von ihrem Gasthaus entfernt. Außerdem hatte ihn der Gastwirt des Kaufmannshauses gewarnt, dass es bei fremdländischen Kapitänen und auch bei den einheimischen Volantenern als unschicklich galt, zu Fuß zu reisen. Vornehme Leute ließen sich in einem Palankin oder eben einem Hathay befördern … und wie es der Zufall wollte, hatte der Gastwirt einen Vetter, der mehrere solcher Gefährte besaß und ihnen gern behilflich wäre.
Der Kutscher war einer der Sklaven des Vetters, ein kleiner Mann, dem man ein Rad auf die Wange tätowiert hatte, und der abgesehen von einem Lendenschurz und einem Paar Sandalen nackt war. Seine Haut hatte die Farbe von Ebenholz, seine Augen glänzten wie Feuersteinsplitter. Nachdem er ihnen auf die gepolsterte Bank zwischen den beiden riesigen Holzrädern des Karrens geholfen hatte, kletterte er auf den Rücken des Elefanten. »Zum Kaufmannshaus«, sagte Quentyn, »aber am Kai entlang.« Hier im Hafenviertel ging wenigstens eine Brise, wohingegen es in den Straßen und Gassen von Volantis heiß genug war, um einen Mann in seinem eigenen Schweiß zu ersäufen, jedenfalls auf dieser Seite des Flusses.
Der Elefantenführer schrie seinem Tier in der einheimischen Sprache etwas zu, woraufhin es sich in Bewegung setzte. Der Rüssel schwenkte von einer Seite zur anderen. Ruckend zog das Tier den Karren hinter sich her, und der Kutscher brüllte Seeleuten und Sklaven zu, sie sollten den Weg freimachen. Es war leicht, die beiden Sorten Menschen auseinanderzuhalten. Alle Sklaven waren tätowiert; eine Maske aus blauen Federn, ein Blitz, der vom Kinn zur Stirn reichte, eine Münze auf der Wange, Leopardenflecken, ein Schädel, ein Krug. Maester Kedry hatte gesagt, in Volantis kämen auf jeden Freien fünf Sklaven, allerdings hatte er nicht lange genug gelebt, um seine Schätzung zu überprüfen. Er war an dem Morgen gestorben, an dem die Korsaren die Wiesenlerche überfielen.
Quentyn hatte an jenem Tag noch zwei weitere Freunde verloren; William Wells mit seinen Sommersprossen und den schiefen Zähnen, der furchtlos mit der Lanze kämpfte, und Cletus Yronwood, trotz eines schielenden Auges ein gutaussehender Mann, immer den Frauen hinterher, immer lachend. Cletus war ein halbes Leben lang Quentyns bester Freund gewesen, ein Bruder, wenn auch nicht dem Blute nach. »Gib deiner Braut einen Kuss von mir«, hatte Cletus geflüstert, ehe er starb.
Die Korsaren waren in der Dunkelheit vor dem Morgengrauen an Bord gekommen, während die Wiesenlerche an der Küste der Umstrittenen Lande vor Anker lag. Die Mannschaft hatte sie vertrieben, doch zwölf Mann hatte es das Leben gekostet. Anschließend hatten die Seeleute
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