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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Portal der Verlorenen Tiefe hinunter ab: zu einem hohen Torbogen, hinter dem nichts als undurchdringliche Schwärze lag, die selbst das Licht des Sonnensteins nicht durchdringen konnte. Dort hätten ganze Scharen eindringen oder aus dem Portal hervorkommen können, aber hier war die Brücke kaum mehr als zwei Riesen-Schritte breit. Sie wirkte zu zerbrechlich, um so viel Gewicht tragen zu können.
    Über diesen Steinbogen hatten die Gräuelinger einst ihr Reich verlassen, um ihr Wissen mit dem der übrigen Welt zu vergleichen. Und so hatten sie Zweifel, dann Hass und zuletzt Verderben kennengelernt.
    Sie waren nicht durch Körper behindert worden. Auch ihre Schöpfung, die Dämondim, hatten sich selten damit abgegeben, in Körper zu schlüpfen. Und mit Ausnahme ihrer Lehrenkundigen waren die Urbösen, die sich einst in den Lehrenwerken abgemüht hatten, einen Kopf kleiner als Covenant und zierlicher als Pahni gewesen. Noch kleiner waren die Wegwahrer. Keiner von ihnen hatte eine massive Brücke gebraucht.
    Aber das Licht von Liands weiß strahlendem Orkrest reichte noch weiter. Trotz seiner Bedrückung schickte er Licht in einen riesigen Felsendom, der ihre Gestalten auf der Bücke winzig erscheinen ließ.
    Über ihnen bildete ein unregelmäßiges Gewölbe die Decke einer riesigen Höhle. Von dem gewachsenen Fels hing eine Anzahl spitz zulaufender Stalaktiten herab, die massiven Türmen aus knorrigem Holz glichen. Alle glänzten feucht. Zwischen ihnen reflektierten Quarz und andere Kristalle das Leuchten des Orkrests an einem Firmament glitzernder Sterne. Keiner der Stalaktiten hing direkt über der Brücke, aber sie sahen so massiv aus, als könnte allein der Luftzug bei ihrem Vorbeifallen die Felsbrücke einstürzen lassen.
    Von ihren Spitzen tropften dünne Rinnsale, die Covenants Blick mit sich zogen.
    Nach unten.
    Hinab.
    Noch tiefer.
    In einen Abgrund, der bodenlos zu sein schien.
    Trafen die Rinnsale irgendwo weit unter der Brücke auf Felsen, war ihr Platschen zu entfernt, um hörbar zu sein.
    Die Tiefe schien Covenant zu rufen. Schwindel erfasste seinen Kopf, seinen Magen. Er schwankte, ohne es zu merken. Galts Hände umschlossen mit eisernem Griff seine Oberarme, aber davon spürte er nichts. Alle um ihn herum schienen zurückzuweichen, bis sie unerreichbar waren, ihm nicht helfen konnten. Kaltgischt knurrte Fragen, die ihm nichts bedeuteten. Sein Kopf schwirrte, und er hatte das Gefühl, sein Verstand zehre sich selbst auf.
    Sein Geist hatte vergessen, was Schwindel war; sein Körper erinnerte sich gut daran. Es drängte ihn, sich in den Abgrund zu stürzen und seinen wirbelnden Schwindel zu befriedigen, indem er wie das Wasser fiel und fiel, bis sein Körper nach endlosem Sturz in die Tiefe erlöst wurde.
    Hätte Galt ihm eine Chance gegeben …
    »Nein«, keuchte der Eifrige nach Atem ringend. »Ich kann nicht. Der Egger hat sich getäuscht.« Vor Angst klang seine Stimme schrill. »Die Brücke wird bewacht. Wir dürfen nicht fallen!«
    Wie ein Trugbild seiner selbst flüchtete der Eifrige von dem Portal weg zu dem gewachsenen Fels im Inneren des Donnerberges.
    »Zurück«, zischte Kaltgischt. »Folgt dem Eifrigen. Sofort! Aber vorsichtig. Dieser Stein ist unvorstellbar alt. Vielleicht ist unser Gewicht zu viel für ihn.«
    Vom Klang ihrer Stimme schienen Risse im Fels zu entstehen, die ihn wie die Spalten in Covenants Verstand durchzogen. Er stellte sich vor, wie Granitbrocken sich von den Rändern des Bogens lösten und den Rinnsalen in den Abgrund folgten. Die Brücke hatte einzustürzen begonnen. Oder sie würde bald einstürzen. Schwindel machte sein Gleichgewicht labil, lähmte sein menschliches Wahrnehmungsvermögen.
    »Nein!«, widersprach Clyme. »Der Egger lässt uns genauso im Stich wie der Eifrige. Dieses verrückte Unterfangen muss mit einer Katastrophe enden, wenn wir zulassen, dass der Träger von Ring und Stab allein vorausgeht.«
    »Das tut er nicht«, wandte Linden ein. »Er hat versprochen, uns zu Jeremiah zu bringen. Und wieder zurück. Hält er sein Versprechen nicht, zerstört er sich selbst.«
    Ihre Stimme bildete einen Anker der Vernunft in Covenants wirbelndem Verstand. Vor ungezählten Jahrtausenden war er mit Schwindel vertraut gewesen. Manchmal hatte er damit umgehen können. Und Linden hatte recht; natürlich hatte sie recht. Außerdem hatte der Egger … In einem weiteren lichten Moment erinnerte Covenant sich, dass der Egger dieses Portal nie geöffnet hatte. Vielleicht

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