09-Die Pfade des Schicksals
erhöhte er grimmig sein Tempo und zog die Gedemütigten mit, als er auf diese Weise näher an Zirrus Gutwind heranrückte.
Der in seinem Hosenbund steckende Krill pochte in unregelmäßigen Abständen, aber Covenant ignorierte ihn.
Als Rüstig Grobfaust mit Bhapa die Brücke verließ, begannen Kaltgischt, Graubrand und Steinmangold aufzuatmen. In wenigen Augenblicken würden auch Gutwind, Covenant und die Gedemütigten in Sicherheit sein.
Weil Covenant keinen Gesundheitssinn besaß, konnte er den Egger nicht spüren. Er zweifelte nicht daran, dass der Insequente das andere Ende der Brücke erreicht hatte, aber er hatte keine Vorstellung davon, was der Gierige dort tun oder wie seine Bemühungen wirken würden. Trotzdem riskierte er lieber keinen Blick über die Schulter, weil er wusste, dass der Abgrund ihn sofort wieder in seinen Bann schlagen würde.
Wie Linden hatte er zu viel aufgegeben und verloren.
Hoffentlich würde ihr Gesundheitssinn trotz ihrer Nähe zu dem wilden Ursprung von Kevins Schmutz nicht völlig unterdrückt sein. War die von Liand eingesetzte Erdkraft imstande, die Luft hier unten zumindest teilweise zu reinigen, konnte sie vielleicht auch bewirken, dass Linden einen Teil ihres Wahrnehmungsvermögens behielt. Und konnte sie noch sehen, würden die Sinne der Riesinnen und der Haruchai bestimmt ihre angeborene Vitalität behalten. Die Ramen und vielleicht auch Liand selbst mochten den Eindruck haben, so gefühllos wie Covenant zu sein, aber ihre Sinneswahrnehmungen würden nicht ganz oberflächlich sein.
Als er jetzt die Brücke verließ und auf Obsidian und Malachit stand, fühlte Covenant sich nutzloser als in dem Augenblick, in dem Linden ihn wiedererweckt hatte. Er hatte keine Vorstellung davon, was er zu ihr oder ihren Gefährten sagen sollte. Die Ramen und selbst die Riesinnen schienen aufzuatmen, als alle zumindest vorläufig in Sicherheit waren, aber es war nur eine Frage der Zeit, wann jemand sich damit befassen würde, was der Egger tat - oder nicht tat -, und fragen würde: Was nun?
Und Covenant konnte sich an etwas, das alle wissen mussten, trotz aller Anstrengung nicht erinnern.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die tief ins Erdinnere verbannte Übelgewalt das Eindringen von Theurgie in ihr Reich bemerken würde. Loriks Krill und Liands Orkrest würden Aufmerksamkeit erwecken. Äonenlanger Dämmerschlaf würde sie vielleicht noch eine Zeit lang lähmen, aber dann würde sie reagieren.
Und wenn oder falls Linden zu Jeremiah vordrang, würden Kastenessen und Esmer und die Elohim und sogar die ins Erdinnere verbannte Übelgewalt wissen, wo sie zu finden war … Auch wenn Covenants Gefährten das vielleicht noch nicht bewusst war, konnten sie sich nur an den Eifrigen wenden, um Antworten zu erhalten.
In seinem Bändergewand stand der Insequente in Aneles Nähe am Tunneleingang. Er kehrte dem Abgrund den Rücken zu, sah auch niemanden an. Profitierte er auf irgendeine Art von Liands Anwendung von Erdkraft, ließ er sich nichts davon anmerken. Statt dessen atmete er weiter schwer, als hätte er sein Fett und seine Angst meilenweit durch die Tiefen der Erde getragen. Die unzähligen Bänder, aus denen sein Gewand bestand, schienen ihn eng wie eine schützend geballte Faust zu umgeben.
Hatten Wille und Macht seines Volkes ihn verlassen? Er wirkte überwältigt - zu eingeschüchtert, um Lindens Wünsche durchsetzen zu können. Nutzlos wie Covenant…
Covenant merkte, dass ihn bis auf Anele und den Eifrigen alle ansahen. Selbst Lindens engste Freunde beobachteten ihn so aufmerksam, als erwarteten sie, er werde irgendein Wunder vollbringen. In dieser schwierigen Lage den Befehl übernehmen. Ihnen sagen, was sie tun sollten.
Sie besaßen offenbar noch genug Gesundheitssinn, um zu erkennen, dass sein Verstand funktionierte. Wie er gehofft hatte, wurde Kevins Schmutz durch die Erdkraft des Orkrests etwas abgemildert.
Auch Lindens Blick hing an ihm. Sie war ihm unendlich kostbar und zutiefst verletzt. In einem anderen Leben - dem Leben, das sie verdiente - hätte er sie in die Arme geschlossen und an sich gedrückt, bis ihre Einsamkeit nachließ. Aber er konnte ihr hier nichts nützen - nicht in seinem gegenwärtigen Zustand.
»Höllenfeuer«, murmelte er, nur um das Schweigen zu brechen, »das war spannend!« Während er versuchte, sich mit gefühllosen Händen das Gefühl von Vergeblichkeit vom Gesicht zu reiben, fragte er: »Kann irgendjemand sehen, was der Egger tut? Ich habe
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