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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von Nachtschwärze sie wie gebrochene Ankertaue, setzten ihr wie Furien zu. Ruinöse Schlangen flüchteten sich windend in alle Richtungen.
    Dann stand das Portal offen, und aus der Verlorenen Tiefe leuchtete perlmuttfarbenes Licht wie ein Willkommen. Hätte Stave sie nicht aufgefangen, wäre Linden zusammengebrochen. Sie brauchte seine Stärke, um ihre verwirrten Sinne vom Rande des Chaos zurückzuholen.
    Anfangs schien das Leuchten zu wabern wie die Dampfwolken ihrer keuchenden Atemzüge. Sie glaubte, das sanfte Wogen seiner Pastelltöne wie die Düfte eines fernen Festmahls zu riechen; dann sanken ihre Wahrnehmungen in gewöhnliche Dimensionen zurück. Als der Egger sprach, klang seine Stimme menschlich.
    »Das, Lady …« Ihm schien vor Überraschung und Verwunderung die Stimme zu stocken. Als er fortfuhr, klang sie heiser. »Das muss ich neidlos anerkennen. Das war ausgezeichnet gemacht.«
    Aber dann schlug ihre Wirkung auf ihn durch: der Effekt ihrer Fähigkeit, ihn zu übertreffen. Nachdrücklicher forderte er: »Jetzt will ich meinen Stab zurück.«
    Irisierendes Licht in wechselnden Farbtönen glitzerte zwischen den Stalaktiten, füllte das hohe Gewölbe über dem Wagnis mit Andeutungen von Herrlichkeit.
    Linden nickte vielleicht. Oder auch nicht - das wusste sie nicht bestimmt. Sobald der Stab ihre Hand verließ, spürte sie erneut Kevins Schmutz, der sich fast augenblicklich wie ein Deckel auf sie herabsenkte, in sie einsickerte wie Gift. Ihr Gefühl, einen Verlust erlitten zu haben, war so stark, dass sie leise wimmerte.
    Sie war am Ende. Mehr konnte sie nicht tun.
    Irgendwo in der Ferne verkündete Raureif Kaltgischt: »Es ist so weit, Schwertmainnir. Linden Riesenfreundin hat uns den Weg geöffnet. Wir müssen unsere Schutzbefohlenen rasch und behutsam einzeln über das Wagnis tragen. Die Meister werden mit Covenant Zeitenherr tun, was getan werden muss. Der Eifrige soll selbst sehen, wie er zurechtkommt. Aber die anderen wollen wir sicher hinüberbringen.«
    »Tröste dich, Auserwählte«, sagte Stave halblaut. »Du warst erfolgreich, wo der Egger nichts ausrichten konnte. Du hast dir Zugang zum Verlies deines Sohnes verschafft. Wir werden ihn bald aufgespürt haben. Und wenn du ihn befreit hast, versetzt der Egger uns an einen Ort deiner Wahl. Dort lässt die grausame Wirkung von Kevins Schmutz nach, sodass du wieder du selbst bist.«
    »Gewiss«, bestätigte der Egger, »und ich wünsche keine weiteren Verzögerungen.« Das sagte er scharf, aber seine Forschheit war nur gespielt. Linden hatte ihn gedemütigt. »Die Vorsicht deiner Riesinnen steigert schon jetzt unsere Gefahr. Nur mein Schwur hindert mich daran, vorauszueilen, während deine Schranzen trödeln.«
    Als Linden sich zu sammeln versuchte, merkte sie, dass ihre körperliche Verfassung sich rasch besserte. Das Leuchten aus dem Portal schien gegen Luftmangel und Kälte zu wirken. Die Luft blieb kühl, und ihre Lunge schmerzte bei jedem Atemzug. Aber sie konnte atmen, ohne zu frösteln - und ohne das Gefühl, vielleicht bald ersticken zu müssen. Irgendwie hauchte die restliche Theurgie der Verlorenen Tiefe der Atmosphäre um das Wagnis neues Leben ein.
    Und ihre Empfänglichkeit für das Übel in den Tiefen der Kluft war verschwunden: ein zweifelhafter Segen. Weil sie seinen Zustand nicht mehr beurteilen konnte, fürchtete sie aus einem Reflex heraus, es sei schon auf dem Weg nach oben. Andererseits beeinträchtigte die Wahrnehmung seiner Bösartigkeit nicht länger ihre Entschlusskraft.
    Ja, sie hatte ihren Stab zum zweiten Mal hergegeben und hätte am liebsten geweint. Aber Trauer war wie Bedauern ein Luxus, den sie sich nicht gönnen durfte - nicht hier. Als sie wieder ohne Staves Hilfe stehen konnte, drehte sie sich um und beobachtete, wie ihre Gefährten das Wagnis überwanden.
    Kaltgischt hatte das Ende der Brücke schon fast erreicht, und Onyx Steinmangold war mit Liand auf dem Arm über den Scheitelpunkt hinweg. Hinter ihr kamen die drei Gedemütigten, die Covenant sicher zwischen sich führten. Und am jenseitigen Ende warteten die übrigen Riesinnen darauf, Mähnenhüter Mahrtür, Pahni, Bhapa und Anele ins Licht zu tragen.
    Liand hatte seinen Sonnenstein erlöschen lassen, den Orkrest wieder in der Gürteltasche verstaut. Er wirkte müde, als er jetzt an Steinmangolds Brustpanzer lehnte. Covenant schien Branl, Clyme und Galt ernsthaft etwas zu erklären; sein Geisteszustand blieb dabei jedoch ungewiss. Gegen Kevins Schmutz konnte

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