Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
den Pranken und ließ dann seine Seele nach den ewigen Jagdgründen wandern, seinen Leib aber mit dem Fell hier bei uns zurück.
    Von dem Warnungsruf Winnetous an bis jetzt war nicht eine Minute vergangen, so schnell hatte sich die Szene abgespielt. Schahko Matto stand mit tief arbeitender Brust und ohne Atem bei uns.
    „Das – das – ging mir an das Leben!“ keuchte er.
    „Warum war mein Bruder so unvorsichtig!“ antwortete der Apache.
    „Unvorsichtig? Ich?“
    „Ja! Wer sonst?“
    „Du! Winnetou!“
    „Uff! Ich soll unvorsichtig gewesen sein?“
    „Ja. Hättest du mir nicht vor der Zeit zugerufen, so wäre der Bär nicht auf mich aufmerksam geworden! Das ist doch richtig!“
    Winnetou sah ihm einen Augenblick lang lächelnd in das Gesicht, sagte kein Wort und wendete sich dann stolz von ihm ab.
    „Er dreht sich um! Habe ich nicht recht?“ fragte der Osage nun mich.
    „Der Häuptling der Osagen hat unrecht“, antwortete ich.
    „Old Shatterhand irrt sich!“
    „Beweise es!“
    „Mußte Winnetou den Bären auf mich aufmerksam machen?“
    „Ja. Du krochst doch zu dem Tier hin, damit es aufmerksam werden solle.“
    „Aber doch nicht so zeitig!“
    „Nicht so zeitig? Früher, viel, viel früher hätte es geschehen sollen! Du hättest viel eher aufstehen und den Bären anrufen sollen; dann wäre er dir nicht vor der Zeit nachgekommen, und du hättest Old Surehand auch nicht die ganze Freude verdorben.“
    „Die Freude habe ich ihm verdorben? Womit?“
    „Durch den Schuß, den ich abgeben mußte, um dir das Leben zu retten.“
    „Und der hat Old Surehand um die Freude gebracht?“
    „Natürlich!“
    „Ich verstehe Old Shatterhand nicht!“
    „Das ist mir unbegreiflich. Das Tier hat, ehe Old Surehand es erlegte, schon eine Kugel von mir bekommen. Muß ihn das nicht ärgern?“
    „Uff, uff! Ja; daran habe ich nicht gedacht.“
    „So denke nun auch daran, daß du dich bei Winnetou hättest bedanken sollen, anstatt ihm Vorwürfe zu machen! Hätte er dir nicht zugerufen und wärest du dem Bären noch näher gekommen, so lebtest du wahrscheinlich jetzt nicht mehr. Das gebe ich dir zu bedenken!“
    Jetzt ließ auch ich ihn stehen und ging zu dem Grizzly hin, bei welchem Winnetou und Old Surehand schon damit beschäftigt waren, ihm ‚den Pelzrock auszuziehen‘. Dieser Vater Ephraim stand, um mich dieses Ausdrucks zu bedienen, in dem besten Mannesalter, und so nahmen wir seine Tatzen mit. Schahko Matto erwirkte es dann, daß wir uns auch einen der Hinterschinken herausschälten, da es geraten schien, uns soviel wie möglich mit Fleisch zu versehen, von dem allerdings zu erwarten war, daß es sich oben im kühlen Gebirge gut halten werde.
    Jetzt hatten wir auch den vierten Pelz und konnten nach dem Lager zurückkehren. Vier Bären im Lauf eines Tages! Das war, obgleich sich ein junger darunter befand, ein höchst seltenes Jagdergebnis, zumal niemand dabei eine Verletzung davongetragen hatte, ein Ergebnis, welches kaum irgendwo anders als in diesem abgelegenen, kaum von einem Weißen besuchten Kui-erant-yuaw hatte stattfinden können! Wir andern waren ebenso erfreut darüber wie Old Surehand, der nun die Erwartung der Utahs, daß die Bären ihn zerreißen würden, ihnen als nichtig erweisen konnte.
    Als wir das Lager erreichten, war es schon spät am Nachmittag, und es galt nun, für den Abend unsere Beschlüsse zu fassen. Old Surehand hatte zwar eine zweitägige Frist bekommen; es fiel uns aber gar nicht ein, einen Tag unnötig zu verschwenden. Was zu seiner Befreiung geschehen konnte, das mußte schon heut geschehen, aber was und wie, das waren die wichtigen Fragen.
    Old Surehand konnte die Felle unmöglich allein hinauf nach dem Park schleppen; wir mußten sie unsern Pferden zu tragen geben. Aber da, wo er heruntergekommen war, durften wir nicht hinauf, denn da wären die Utahs uns gewahr geworden. Wir machten also mit ihm aus, daß er allein hinaufsteigen solle, und zwar noch während es hell war. Er sollte sich dann um das Lager der Roten herumschleichen, sich aber ja nicht sehen lassen, und nach der nordwestlichen Ecke des Parkes kommen, wo er uns entweder schon antreffen würde oder auf uns warten müsse. Wir aber wollten in unserer Schlucht, wo wir den großen, alten Vater Ephraim erlegt hatten, wieder hinauf und auf demselben Weg wie gestern, also am südlichen und westlichen Rand des Parkes unter den Bäumen hin, unbemerkt das genannte Rendezvous zu erreichen suchen. Er ging auf diesen

Weitere Kostenlose Bücher