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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stolzen Schrittes zu den erhabenen Scheiden und Kuppen des Gebirges empor. Hier bauen sich gigantische Felsenstufen, eine über die andere, auf, mächtige Balsamtannen tragend und den Geistern des Gebirges als Treppe dienend, wenn sie nächtlicherweise niedersteigen, ‚eine Wildschur um die Lenden, eine Kiefer in der Faust‘. Hier wieder haben sich zu Füßen eines einzeln thronenden Bergtitanen ganze Reihen kolossaler Säulen herausgebildet, hinter deren Waldkulissen die wunderbaren Geheimnisse der Hochwelt träumen. Hinter den scharf gezeichneten, dunklen Kanten der scheinbar höchsten Höhen flimmern silberne und goldene Punkte und strahlen diamantene Linien und Streifen aus blaugrauen Schleiern hervor. Sind das die Grüße einer für den Sterblichen unerreichbaren Märchenwelt, eines jenseits der Erde befindlichen Zauberlandes, oder sind es die Sonnenreflexe von fernen Gebirgshäuptern, mit deren Höhe diejenige der uns umgebenden Felsenriesen nicht zu wetteifern vermag?
    Wir ritten durch all diese Pracht und Herrlichkeit empor. Unser heutiges Ziel war der Pahsawehre, jener einsam liegende, hellgrüne See, von welchem die Sagen der Indianer so viel Wunderbares zu erzählen wissen. Dort wollten wir übernachten, um am andern Morgen in den Park von San Louis hinabzusteigen, in welchem ich die Aufklärung so vieler Rätsel erwartete.
    Wir hatten am Morgen nach den Erlebnissen im ‚Bärental‘ die dreiundfünfzig Capote-Utahs dem ihnen gegebenen Wort gemäß freigelassen. Nun wir Old Surehand bei uns hatten, gab es für uns keinen Grund mehr, uns zu beeilen, um ihn einzuholen, und so zogen wir nicht vor den Utahs aus dem dortigen Park fort, sondern ließen sie vor uns abziehen; weil es stets vorteilhafter ist, feindlich gesinnte Menschen vor, als hinter sich zu haben.
    Und feindlich gesinnt waren sie uns, obgleich sie über die Behandlung, welche sie bei uns gefunden hatten, nicht klagen konnten. Wir hatten keinem von ihnen ein Haar gekrümmt und keinen von ihnen mit Worten beleidigt; dennoch sagte der Häuptling, als er früh losgebunden wurde:
    „Old Surehand sagte gestern abend, daß er eigentlich noch nicht quitt mit uns sei; er hat sich verkehrt ausgedrückt, denn wir sind noch nicht quitt mit ihm. Er hat zwei Krieger getötet.“
    „Dafür hat er euch vier Felle gebracht“, antwortete Winnetou.
    „Die haben wir nicht bekommen!“
    „Ihr könnt sie nehmen!“
    „Nachdem ihr die Ohren und Krallen abgeschnitten habt? Nein! Und wenn wir sie bekommen hätten, wäre ihm doch nur das Leben, aber nicht die Freiheit geschenkt. Wir müssen ihn haben!“
    „Und wenn ihr ihn bekämt, so würdet ihr ihn töten?“
    „Ja, denn wir haben das Lösegeld für sein Leben, die Felle, nicht erhalten. Zwischen uns ist wieder Blut; wir werden das seinige fordern.“
    „Uff! Old Shatterhand und Winnetou sind stets die Freunde aller roten Männer gewesen; wir haben auch euch nichts getan, obgleich ihr unsere Gefangenen wart, und wollten die Pfeife des Friedens mit euch rauchen, ehe wir an diesem Tag von euch scheiden.“
    „Wir mögen euer Kalumet nicht sehen!“
    „So werdet ihr nicht nur Old Surehands, sondern auch unsere Feinde sein?“
    „Ja.“
    „Ohne allen Grund?!“
    „Sollte der Häuptling der Apachen wirklich glauben, daß wir keinen Grund dazu haben? Hat er uns nicht überfallen und gefangengenommen, ohne daß ihm das Geringste von uns geschehen war?“
    „Das war keine Gefangenschaft zu nennen. Wir banden euch nur für eine Nacht zu unserer Sicherheit und haben euch jetzt freigelassen.“
    „Gefangen ist gefangen! Zwischen uns und euch bleibt Feindschaft fort und fort!“
    „Tusahga Saritsch, der Häuptling der Capote-Utahs, soll seinen Willen haben. Winnetou, der Häuptling der Apachen, zwingt keinem Menschen seine Freundschaft auf, weil es nicht seine Gewohnheit ist, sich vor einem Feinde zu fürchten. Die Utahs mögen fortreiten!“
    „Ja, sie mögen fortreiten, die Dummköpfe!“ rief Hammerdull. „Für ihre Freundschaft danke ich überhaupt, denn bei ihnen kommt die Brüderschaft sogleich dahinter, und ich habe stets die Erfahrung gemacht, daß derjenige, der einem die Freundschaft und dann die Brüderschaft anträgt, gewöhnlich die Absicht hat, einen anzupumpen. Das ist stets und unumstößlich wahr. Nicht wahr, Pitt Holbers, altes Coon?“
    „Nein“, antwortete der Lange.
    „Was? Du gibst mir nicht recht?“
    „Nein!“
    „Kennst du denn einen, der nicht sofort angepumpt

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