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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verhängnisvolle, weiße Stab über seinem Haupt schwebt, um von einer ganz andern, mächtigeren und höhern Hand gebrochen zu werden. Es hält mich ein Etwas in mir, dem ich nicht widerstehen kann, davon ab, dem gerechten Walten Gottes vorzugreifen, und wenn Ihr dieses mein Verhalten nicht verstehen könnt, so werdet Ihr doch wenigstens nicht bestreiten, daß es im Innern, in der Seele, im Herzen des Menschen Gesetze gibt, welche unübertretbarer, unerbittlicher und mächtiger als alle Eure geschriebenen Paragraphen sind.“
    „Mag sein! Ich bin in dieser Beziehung nun einmal nicht so zartfühlend wie Ihr. Nur muß ich Euch auf die Präzedenzien aufmerksam machen, welche aus Eurem Gehorsam gegen die geheimnisvollen und mir unverständlichen innerlichen Gesetze hervorgehen!“
    „Wieso hervorgehen? Nennt einen solchen Fall!“
    „Ihr habt Old Wabble begnadigt. Was tun wir nun mit dem Häuptling der Osagen, seinem Mitschuldigen? Soll der etwa auch ohne alle Strafe freigelassen werden?“
    „Wenn es auf mich ankommt, ja.“
    „Dann hole der Kuckuck alle Eure sogenannten Gesetze der Savanne, die ihr nicht gelten laßt, obgleich ihr ihnen eine so beispiellose Strenge nachrühmt!“
    „Ich bin erst in fünfter, sechster Stelle Westmann, in erster aber Christ. Die Osagen sind von den Weißen betrogen worden; sie haben sich durch den geplanten Überfall schadlos halten wollen; sie sind nach ihren Anschauungen vollständig berechtigt dazu. Sollen wir Schahko Matto nun für die bloße Absicht bestrafen, die noch gar nicht ausgeführt worden ist?“
    „Gut, sehen wir von diesem Überfall ab! Er hat uns aber nach dem Leben getrachtet, uns fangen und töten wollen!“
    „Hat er diese Absicht ausgeführt?“
    „Allerdings nicht; aber Ihr werdet wissen, daß schon der Versuch eines Verbrechens strafbar ist!“
    „Hm, der Jurist, wie er im Buch steht!“
    „Dazu bin ich berechtigt und verpflichtet, und ich bitte Euch, Euch auf denselben Standpunkt mit mir zu stellen!“
    „Schön, das will ich tun! Also angenommen, daß schon der Versuch eines Verbrechens strafbar sei, ist die Absicht des Häuptlings der Osagen, die Farmen zu überfallen und uns zu töten, schon in das Stadium des Versuches getreten?“
    Er zögerte mit der Antwort und brummte dann:
    „Absicht – Absicht – Versuch – – – vielleicht wenigstens der sogenannte entfernte Versuch – – – hm, auch dieser nicht! Laßt mich doch mit solchen Haarspaltereien in Ruhe, Mr. Shatterhand!“
    „Ah, Euer Standpunkt beginnt zu wackeln! Sagt klar und bestimmt heraus: Ist die bloße Absicht strafbar?“
    „Moralisch, ja, aber gerichtlich nicht.“
    „Well! Ist also Schahko Matto zu bestrafen?“
    Er wand sich hin und her und rief zornig aus:
    „Ihr seid der schlimmste Advokat, mit dem es ein Richter zu tun haben kann! Ich mag von der Sache gar nichts mehr wissen!“
    „Nur langsam, langsam, Mr. Treskow! Ich bin strenger, als Ihr glaubt. Wenn wir auch die Absicht nicht bestrafen können, so bin ich doch dafür, daß wir Präventivmaßregeln ergreifen, welche der Strafe geschwisterlich ähnlich sind.“
    „Das läßt sich freilich hören! Was schlagt Ihr vor?“
    „Jetzt noch nichts. Ich bin nicht der einzige, der da zu sprechen hat.“
    „Sehr richtig!“ stimmte da Dick Hammerdull schnell bei. „Irgendeine Belohnung muß der Rote bekommen; das versteht sich doch ganz von selbst! Meinst du nicht auch, Pitt Holbers, altes Coon?“
    „Hm, wenn du denkst, daß er einen tüchtigen Klaps verdient hat, so sollst du recht haben, lieber Dick“, antwortete der Lange.
    „So laßt uns beraten, was wir mit ihm tun!“ schlug Treskow vor, indem er, seine strengste Miene zeigend, sich niedersetzte.
    Hochinteressant war das Spiel der Gesichtszüge, mit welchem Schahko Matto unsern Meinungsaustausch verfolgt hatte. Es war ihm kein Wort entgangen, und so wußte er, in welcher Weise ich mich seiner angenommen hatte. Sein erst so finster blickendes Auge ruhte jetzt mit einem ganz andern, fast freundlichen Ausdruck auf mir; es war klar, daß er Dankbarkeit gegen mich empfand. Mir konnte das freilich gleich sein, denn persönliche Gefühle hatten mich nicht geleitet, als ich seinetwegen mit Treskow in Konflikt geraten war. Als dieser uns jetzt in so ernstem Ton zur Beratung aufforderte, brach der Häuptling der Osagen sein Schweigen, indem er sich an mich wendete.
    „Wird, nachdem die Bleichgesichter gesprochen haben, Old Shatterhand vielleicht bereit sein,

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