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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Vorbild der irischen Häuser aufgestellt hatte, seien irregeleitet. Columban war zwar ein Heiliger, doch er stritt sich mit vielen seiner Anhänger. Noch bevor Columban über die Alpen nach Bobbio kam, hatte sich der heilige Gallus von ihm getrennt und ein eigenes Kloster gegründet. Ich schloß mich denen an, die gesehen hatten, wie die religiösen Gemeinschaften in den westlichen Kirchen geführt wurden, und dadurch zu der Auffassung gelangt waren, wir sollten die irische Regel aufgeben und die Regel des heiligen Benedikt von Nursia annehmen.«
    »Also hast du es aus Überzeugung getan?«
    »Natürlich.«
    »Dann gingst du weiter nach Rom?«
    »Der Abt von Bobbio bat mich, nach Rom zu gehen, um ein Nebenkloster zu unterstützen, das wir dort als Gästehaus für Pilger unterhielten.«
    »Das klingt so, als wärst du nicht gern gegangen?«
    »Zuerst nicht. Für den Abt war es ein Mittel, sich der Gegner seiner Leitung zu entledigen. Er war gegen die Regel des heiligen Benedikt.«
    »Aber du gingst?«
    »Ja. In persönlicher Hinsicht war es eine glückliche Zeit für mich. Ich führte das Gästehaus nach der Regel des heiligen Benedikt, und ich lebte und arbeitete im großen Zentrum der Christenheit. Dort konnte ich die Segnungen der Bußgesetze studieren.«
    »Wie wurdest du mit Abt Noé bekannt?«
    »Ganz einfach. Auf seiner Pilgerfahrt nach Rom im vorigen Sommer wohnte er in meinem Gästehaus.«
    »Vorher kanntest du ihn nicht, und du bist auch nicht mit ihm verwandt?«
    »Nein.«
    »Trotzdem hat er dich dazu überredet, mit ihm nach Laigin zurückzukehren und Äbtissin von Fearna zu werden?«
    »Er sprach von Fearna«, sagte die Äbtissin selbstzufrieden. »Ich habe ihn dazu überredet, mich mitzunehmen.«
    »Wie kam es dazu?«
    »Ich vermute, er schätzte die Art, wie ich mein Haus in Rom leitete.« Die Äbtissin wurde wieder vorsichtig.
    »Er kannte deine Ansicht von den Bußgesetzen?«
    »Wir redeten bis tief in die Nacht hinein über solche Dinge. Bei aller Bescheidenheit, ich habe ihn zu meiner Meinung bekehrt.«
    »Wirklich? Du mußt es hervorragend verstehen, andere zu überzeugen«, bemerkte Fidelma.
    »Das ist nicht so erstaunlich. Abt Noé ist ein sehr fortschrittlicher Mensch. Er teilte meine Vorstellung von einem Königreich, das nach den Bußgesetzen regiert wird, und wir sprachen davon, daß er der geistliche Berater des jungen Fianamail werden könnte. Als Berater und Beichtvater hätte er großen Einfluß in solchen Fragen.«
    »So entwickelte Abt Noé plötzlich diesen Ehrgeiz. Wie kam es, daß du seine Nachfolgerin in Fearna wurdest, während doch der Brauch vorschreibt, daß ein Abt oder eine Äbtissin in derselben Weise gewählt werden muß wie ein Fürst oder ein anderer Anführer – daß der Kandidat aus den fine, also der Familie des Vorgängers, nämlich seiner Gemeinschaft oder seinen Blutsverwandten, auszusuchen und von den derbhfine zu wählen ist?«
    Äbtissin Fainder errötete und schwieg.
    »Deine Schwester sagt, eure Familie sei nicht verwandt mit Noés Familie oder mit seiner geistlichen Gemeinschaft in Fearna. Auf diese Weise entspricht die kirchliche Organisation der bürgerlichen Organisation des Landes.«
    »Je eher das verändert wird, desto besser«, fuhr die Äbtissin auf.
    »Darin könnte ich dir sogar zustimmen. Die Ämter von Bischöfen und Äbten sollten nicht über Generationen in derselben Familie verbleiben. Um aber zur Wirklichkeit zurückzukehren – wie hat Noé deine Wahl ins Amt bewerkstelligt?«
    Äbtissin Fainder schwieg einen Moment und sagte dann mit gepreßter Stimme: »Er ließ verlauten, ich wäre seine entfernte Kusine, und niemand wagte es, gegen seinen Wunsch zu handeln.«
    »Nicht einmal die rechtaire, die Verwalterin der Abtei? Sie muß die Wahrheit gekannt haben. Sie ist mit der Familie des Königs verwandt.«
    Die Äbtissin verzog das Gesicht zu einer Miene, die ihre geringe Meinung von Schwester Étromma ausdrückte.
    »Sie ist ein einfaches Wesen und damit zufrieden, die Geschäfte der Abtei zu besorgen.«
    Fidelma warf der Äbtissin einen langen forschenden Blick zu.
    »In Wirklichkeit hast du Noé dadurch bekehrt, daß du seine Geliebte wurdest, nicht wahr?«
    Mit dieser scharfen, unerwarteten Frage hatte sie die Äbtissin überrumpelt. Mit ihrem Erröten bestätigte sie Fidelmas Vermutung. Die schüttelte traurig den Kopf.
    »Es geht mich nichts an, wie die Mönche und Nonnen in Laigin ihre Gemeinschaften leiten, aber es berührt natürlich den

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