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09 - Vor dem Tod sind alle gleich

09 - Vor dem Tod sind alle gleich

Titel: 09 - Vor dem Tod sind alle gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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schreienden Ungerechtigkeit war Fidelma nicht vorbereitet.
    »Warum sagst du, daß du meine Berufung ablehnen würdest, Forbassach?« fragte sie, als sie die Stimme wiedergefunden hatte. »Ich würde gern die Begründung erfahren. Würde der gelehrte Richter mir erläutern, weshalb er die Berufung verwirft?«
    Ihr Ton war ruhig und bescheiden.
    Bischof Forbassach nahm ihren Tonfall fälschlich als ein Eingeständnis der Niederlage. Seine Miene wurde etwas hochmütig.
    »Ich sagte schon, daß ich die Entscheidung morgen verkünde. Aber erstens war ich der Richter in der Verhandlung gegen den Angelsachsen. Ich erkläre, ihm wurde jede Achtung bezeugt und jede Gelegenheit zur Verteidigung gegeben. Er behauptet, das war nicht so. Damit steht sein Wort, als das eines Ausländers, gegen meins. Ich spreche als Brehon von Laigin. Es gibt kaum einen Zweifel, welches Wort zu gelten hat.«
    Fidelmas Augen zogen sich zornig zusammen. Sie kochte innerlich.
    »Du lehnst meine Berufung ab, weil du der Richter bei der ersten Verhandlung warst? Ich habe dich nicht gebeten, über diese Berufung zu entscheiden. Ich sehe, daß du nur deine eigenen Interessen absichern willst…«
    »Fidelma von Cashel!« Es war Fianamail, der sie unterbrach. »Du sprichst mit meinem Brehon. Selbst deine Verwandtschaft mit dem König von Muman gibt dir nicht das Recht, Beamte meiner Hofhaltung zu beleidigen.«
    Fidelma biß sich auf die Lippen. Sie erkannte, daß ihr Zorn sie fortgerissen hatte.
    »Ich nehme diese Worte zurück. Doch von Anfang an war ich der Meinung, daß ein Richter, der über sich selbst urteilt… eben ungewöhnlich ist. Ich würde gern wissen, welche anderen Gründe – abgesehen von der Abneigung eines Richters, irgendeinen Fehler zuzugeben, den er gemacht haben könnte – es dafür gibt, meine Berufung abzulehnen?«
    Bischof Forbassach beugte sich vor.
    »Ich würde sie ablehnen, weil du keine wirklich relevanten Tatsachen vorzuweisen hast. Du hast lediglich eine Reihe schlauer Fragen gestellt.«
    »Fragen, die zur Zeit keine Antwort finden«, fuhr ihn Fidelma an. »Das ist die Grundlage für meinen Antrag, den Antrag, das Urteil auszusetzen, bis diese Fragen beantwortet werden können.«
    »Unbeantwortbare Fragen haben keinen Einfluß auf die ursprünglichen Entscheidungen des Gerichts. Du sagst, der Angelsachse war ein Königsbote. Wo war sein weißer Amtsstab? Jetzt holst du ihn hervor wie eine Zauberin, und deine einzige Zeugin kann nicht beschwören, daß du ihn dorther genommen hast, wo du ihn gefunden haben willst.«
    »Ich kann ihn vorweisen…«
    »Alles, was du vorweisen kannst«, unterbrach sie Bischof Forbassach, »ist kein gültiges Beweismittel, denn niemand weiß, ob du es nicht selbst hierhergebracht hast. Es ist kein Beweismittel, weil wir nicht wissen, ob der Angelsachse es bei sich trug. Was die Zeugen anbelangt, so ziehst du sowohl ihre Kenntnisse als auch ihre Ehrlichkeit in Zweifel.«
    »Das tue ich nicht!« protestierte Fidelma.
    »Aha.« Bischof Forbassach lächelte siegesgewiß.
    »Nimmst du die Bemerkungen, die du über sie gemacht hast, zurück?«
    Fidelma schüttelte den Kopf. »Das tue ich nicht.«
    »Dann mußt du ihre Aussagen in Zweifel ziehen.«
    »Nein. Ich habe eine Reihe von Fragen aufgezählt, die man ihnen bei der Verhandlung hätte stellen müssen.«
    »Wir haben ihre Aussagen bei der ursprünglichen Verhandlung gehört und sahen keinen Grund, sie ins Kreuzverhör zu nehmen«, erklärte Forbassach entschieden. »Sie alle sind von einwandfreiem Charakter und haben unserer Meinung nach die Wahrheit gesagt. Die Zeugin Schwester Fial hat den Angelsachsen deutlich erkannt. Sie war Augenzeugin seines abscheulichen Verbrechens. Wagst du es, die Glaubwürdigkeit eines dreizehnjährigen Kindes in Zweifel zu ziehen, das gerade die Vergewaltigung und Ermordung seiner noch jüngeren Freundin mit angesehen hat? Was ist das für eine Gerechtigkeit, Fidelma von Cashel? Wir haben hier in Laigin offensichtlich andere Maßstäbe als eure Gerichte in Cashel, wo ihr, wie man sagt, die Zuschauer mit Spott und juristischen Spitzfindigkeiten ergötzt. Hier halten wir die Wahrheit nicht für ein juristisches fidchell -Spiel.«
    Fidchell war ein Brettspiel, das geistige Beweglichkeit erforderte. Fidelma war stolz darauf, wie gut sie es beherrschte.
    Fianamail legte Bischof Forbassach die Hand auf den Arm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Brehon zog ein säuerliches Gesicht und nickte. Der junge König stand

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