090 - Die Totenwache
auf dem Gewissen.
„Werden Sie uns helfen, Moore?"
Alicia sah in bittend an.
„Bitte, Norman! Ich habe schreckliche Kopfschmerzen. Ich habe viele Nächte kein Auge mehr zugetan. "
Norman nickte versöhnlich. „Haben Sie einen Wagen, Mr. Donelly?"
„Ja. Die Karre steht ein paar Häuserblocks weiter."
„Haben Sie eine private Rechnung mit Costa zu begleichen?" fragte Norman. „Oder sind Sie geschäftlich mit ihm aneinandergeraten?"
Donelly brauste auf.
„Eigentlich müßte ich beleidigt sein, Mr. Moore. Nichts liegt mir ferner, als mit diesen Kanaillen Geschäfte zu machen. Ich verrate Ihnen gern, weshalb ich Costa ans Leder will. Meine Tochter wurde eines Tages süchtig. Ein Kerl aus Costas Truppe hat sie unter Heroin gesetzt. Sie kam nicht mehr davon los. Den Rest können Sie sich zusammenreimen."
Norman biß sich auf die Unterlippe. Er konnte den Haß des Mannes gut verstehen.
„Costa hat eine Menge schießwütiger Kerle auf seiner Seite", bemerkte er. „Sie werden kaum an ihn herankommen."
„Ich warte eine günstige Gelegenheit ab", erwiderte Donelly. Er ging auf einen Mini-Cooper zu.
„Ich werde mit diesem Kerl abrechnen. Es dürfen nicht noch mehr Jugendliche von diesem Teufelszeug süchtig werden."
Norman nickte. Er wirkte geistesabwesend. In Gedanken war er bereits wieder bei der schönen Ys- Dahut. Im Grunde hatte er sich nur deshalb mit Alicia getroffen, um sie der blonden Hexe als Opfer zuzuführen. Daß Donelly ebenfalls aufgekreuzt war, machte die Sache schwieriger. Aber auf diese Weise konnte er der Prinzessin gleich zwei Opfer bringen.
Norman war fest entschlossen, Donelly und Alicia in die Fänge des Skelettkriegers zu treiben.
Sie fuhren in westlicher Richtung davon. Norman gab knapp und präzise die Fahrtroute an. Sie fuhren am Hyde Park Corner vorbei und bogen dann in die Kensington Road ein. Um diese Zeit war nur wenig Verkehr auf den Straßen. Nach einer knappen halben Stunde erreichten sie das vornehme Villenviertel am Richmond Park.
„Wo führen Sie uns hin, Moore? Das ist 'ne stinkfeine Gegend."
„Hier seid ihr wenigstens sicher", sagte Norman tonlos.
Mehrere Streifenwagen fuhren an ihnen vorbei. Die Beamten suchten immer noch nach den vermeintlichen Einbrechern. Da sich kein Geschädigter auf dem zuständigen Revier gemeldet hatte, gestalteten sich die Nachforschungen recht schwierig. Die Schüsse hatten die ganze Nachbarschaft rebellisch gemacht. Dennoch dachte niemand an Costas Villa. Das viktoranische Haus lag still und verwaist da. Im ganzen Haus brannte kein Licht.
Norman deutete aus dem Wagenfenster.
„Dort ist es, Donelly! Hier sind Sie sicher wie in Abrahams Schoß."
Sie stiegen aus. Es war unangenehm kalt. Feuchtnasser Wind zerzauste ihre Haare.
Das schwere Eisengitter war nur angelehnt. Auf dem Türschild stand der Name einer Frau Elizabeth Gorman. Alicia kniff die Augen zusammen und flüsterte: „Ich habe diesen Namen schon einmal gehört. Aber ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, in welchem Zusammenhang…" Düstere Wolken trieben am Nachthimmel vorüber.
Wenn Donelly jetzt gefragt hätte, was es mit diesem Haus auf sich hatte, dann wäre Norman Moore in große Schwierigkeiten gekommen, denn Ys-Dahuts dämonische Ausstrahlung hatte ihn hergelockt.
Aber Brian Donelly war froh, einen Unterschlupf gefunden zu haben. Er stellte keinerlei Fragen mehr. Sie liefen über den Kiesweg auf die Tür zu. Auch sie war nur angelehnt. Plötzlich säuselte es geheimnisvoll neben ihnen auf.
„Was ist das?" fragte Alicia schreckhaft.
„Nur der Wind", beruhigte Norman seine Begleiterin.
„Ist wirklich niemand im Haus?" wollte Donelly wissen.
„Nein. Sie können ganz beruhigt sein. Das Haus steht uns zur Verfügung."
Norman verriegelte hinter den beiden die Tür. Seine Bewegungen waren eckig und ungeschickt.
Als Alicia den gelben Kamelhaarmantel in der Garderobe hängen sah, stöhnte sie unterdrückt auf.
Sie ergriff Donellys Arm und flüsterte: „Dort - kennst du diesen Mantel?"
Donelly wußte sofort, daß das Costas Mantel war. Er riß die Smith & Wesson aus der Jackentasche und wirbelte herum. Doch Norman war verschwunden.
„Elender Schuft!" keuchte Donelly und stieß Alicia von sich. „Das war ein abgekartetes Spiel. Du hast mich zum zweitenmal verraten, Alicia. Ihr beide habt mich in Costas Villa gelockt."
„Ehrenwort, Brian", verteidigte sich Alicia. „Ich hatte keine Ahnung, wem diesen Haus gehört." Obwohl sämtliche
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