0900 - Der Magier
war, herrschte anschließend tiefes Schweigen.
Tendyke durchbrach es. »Wieder einmal nur vage Andeutungen. Umwälzungen in der Hölle. Das kann alles und nichts sein. Wer von uns wusste schon immer so genau, was für Merlin wichtig war und was nicht? Ich denke, da können wir ja eh nur abwarten. Was mir viel mehr Sorgen macht ist die Tatsache, dass Merlin schließlich ein Diener des Wächters der Schicksalswaage gewesen ist. Wer wird der neue Diener werden, wenn er wirklich nicht mehr da ist - und alles deutet ja darauf hin? Wenn diese Person nicht absolut integer ist, kann alleine das schon eine Katastrophe herbeiführen.«
»Aber da haben wir keinerlei Einfluss. Die Zukunft wird zeigen, auf wen die Wahl fällt.« Zamorra fühlte sich erschöpft und aufgeputscht zugleich. Ihm war, als würde wirklich jede Faser seines Körpers unter Starkstrom stehen.
Vielleicht war die Macht und Magie des Merlin sogar eine Gefahr für Zamorras Körper. Er hoffte, Merlins Geschenk würde sich bald in Nichts auflösen. Zamorra wollte es nicht - er hatte sich ja mit seinem Leben, das ständig auf der Kippe stand, abgefunden, aber die Magie des alten Zauberers war etwas, dass seine, Zamorras, Fähigkeiten bei Weitem überstieg.
Artimus van Zant dagegen drückte ein anderes Problem. »Was hat der Magier damit sagen wollen, dass der Plan der Herrscher unzählige Welten in tiefe Dunkelheit stürzen wird? Meinte er damit die weißen Städte auf den Knotenwelten? Vor allem - hat er es wörtlich gemeint, als er sagte, du würdest den Kampf… verlieren?«
Zamorra atmete tief durch, ehe er antwortete.
»Ich fürchte, genau so hat er es gemeint. Merlins Zukunftssicht war nicht mehr so klar wie ehedem, aber diese Aussage hat er so klar vorgebracht, dass ich keine Zweifel daran habe, dass er damit recht hat. Dennoch, wenn ich den Kampf verlieren werde, so heißt das ja nicht, dass ein anderer ihn nicht für uns alle gewinnen könnte. Wer sagt, dass ich das automatisch bin?«
Van Zant massierte die ganze Zeit über seine linke Hand. »Ich hoffe, du denkst da nicht an mich? Du würdest mich damit maßlos überschätzen, da bin ich sicher, denn ich bin nur ein einfacher Krieger der weißen Stadt Armakath.«
Zamorra lachte. »Ich denke, du hast noch immer keine Ahnung, wo dein Platz wirklich ist, wie deine Rolle einmal aussehen mag, meine lieber Artimus - und wie groß sie schlussendlich wirklich sein wird. Wir werden sehen, Artimus. Aber das Band der Speere existiert nach wie vor. Vielleicht werden die Krieger gemeinsam dem Plan ein Ende setzen? Oder Vinca… oder Maiisaro? Ihre Rolle kennen wir nur zu einem kleinen Teil. Ich bin sicher, sie wird uns noch überraschen.«
Nicole beendete das lange Gespräch.
»Wir haben heute eine wichtige Figur verloren, die uns zwar immer wie Schachfiguren hin und her geschoben hat, am Ende aber doch selbst nur Figur geblieben ist. Wir können Merlin nicht einmal ein Grab schenken - nicht einmal Asche blieb von ihm übrig. Wie oft habe ich ihn verflucht…«
»Und nun trauerst du um ihn. Das tun wir alle, Nicole.« Tendyke hatte es auf den Punkt gebracht.
Es war weit nach Mitternacht, als die Runde sich trennte. Nicole und Zamorra nutzen erneut die Regenbogenblumen, um zum Château zurück zu gelangen.
Jeder hatte sein Wunden zu lecken - und das konnte man am besten in den eigenen vier Wänden.
***
Zamorra hatte lange wach gelegen. Es war dieses Gefühl, als würde sein Körper schier überlaufen wollen, das ihn wach hielt. Und natürlich die Erinnerung an den vergangenen Tag. Es war so gegen fünf Uhr in der Früh, als er schließlich aufstand. Vielleicht half ja ein wenig Bewegung, auch wenn er davon schließlich am Vortag mehr als genug bekommen hatte.
Planlos lief der Parapsychologe durch die Gänge von Château Montagne. Planlos? Nach einiger Zeit war er sich da nicht mehr so ganz sicher. Ungewöhnlich oft kam er an der alten Holztür vorbei, die zu den Kellergewölben des Châteaus führte. War das Zufall? Oder wurde er gesteuert - ganz unterbewusst vielleicht? Führte ihn die Kraft des Merlins hierher? Zamorra wusste genau, dass dort unten noch viele Räume existierten, die er noch nie betreten hatte.
Zum X-ten Male nahm er sich vor, das in naher Zukunft zu ändern.
Er wurde das Gefühl einfach nicht mehr los, dass dort unten noch etwas auf ihn wartete, etwas, von dem er hier und heute noch keine Vorstellung besaß.
Ein leises Geräusch bannte seine Aufmerksamkeit. Schon wieder diese
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