0901 - Aibons Hexenfalle
unserer normalen Erde schon einen Besuch abgestattet.
Mir fiel dabei der Rote Ryan ein, eine schillernde Figur aus dem positiven Teil des Reiches, ein Flötenspieler, der immer unterwegs war, die Augen offenhielt und den man als so etwas Ähnliches wie einen Grenzgänger bezeichnen konnte. Als Wanderer zwischen den Fronten, der auf keinen Fall darauf erpicht war, daß Guywanos Horden einfielen und Angst und Schrecken verbreiteten.
Es gab ihn, und es gab Ribana, die so etwas wie eine Partnerin von ihm war.
Nein, diese Spinnenhexe hatte mit Ribana nichts zu tun. Sie sah anders aus als Ryans Freundin, zudem stand es noch nicht fest, daß die Unbekannte tatsächlich aus der aibonschen Dimension stammte.
Brian und ich waren so stark in unsere Vermutungen und Überlegungen vertieft gewesen, daß wir Ted Borner vergessen hatten. Erst als wir seine Stimme hörten, erinnerten wir uns wieder an den dritten Mann am Tisch. »Was soll ich denn jetzt machen?« flüsterte er und schüttelte dabei seinen Kopf. Er blickte zur offenen Küchentür hinüber. »Hier will ich auf keinen Fall bleiben. Nicht in diesem Haus, verstehen Sie?«
Das verstanden wir sehr gut, und wir sagten es ihm auch.
»Es ist keine Lösung.«
»Nein«, gab Britton zu. »Wie wäre es, wenn Sie in ein Hotel ziehen?«
»Und dann?«
»Sie werden warten, bis alles vorbei ist.«
»Kann das denn eine Lösung sein?«
»Bestimmt nicht, ich sehe sie auch nur als vorübergehend an. Bitte, Mr. Borner, Sie müssen sich jetzt entscheiden.«
Ted drehte das Glas zwischen seinen Händen hin und her, überlegte, starrte zum Tisch und nickte schließlich. »Ja, ich sehe ein, daß es am besten ist. Ich möchte meine Frau nicht sehen, verstehen Sie? Das Gepäck steht noch im Flur. Ich werde es nehmen und mich zurückziehen. Ich kenne ein Haus, das zumindest nicht zu weit von meinem Haus entfernt liegt.«
»Okay, fahren wir hin.«
Borner war überrascht. »Sie wollen mit?« fragte er.
Brian Britton nickte ihm lächelnd zu. »Ich werde Sie dorthin bringen und kehre wieder zurück. Das ist dir doch recht, John, oder?«
»Ja, sehr sogar.« Ich dachte weiter. Wenn ich hier im Haus blieb, konnte ich mich noch ein wenig umschauen. Es war ja möglich, obwohl ich nicht so recht daran glaubte, daß ich noch die eine oder andere Spur fand.
»Okay, Ted, packen wir's.«
Borner nickte. Er stand auf. Auch der Kollege Britton erhob sich von seinem Stuhl, während ich noch sitzenblieb. Bevor die Männer die Küche verließen, schlug mir Britton auf die Schulter. »Halt dich tapfer, John, wir werden es packen.«
»Wenn du das sagst.«
»Klar, mit deiner Hilfe.«
Dann gingen sie.
***
Das Geräusch des abfahrenden Wagens war verstummt, und ich saß noch immer allein in der Küche. Ich war auch allein mit meinen Gedanken und Vermutungen. Die seltsame Frau wollte mir nicht aus dem Kopf, aber auch um Aibon und um die Opfer drehten sich meine Gedanken.
Eines hatte ich gesehen. Es lag oben. Ich brauchte nur die Treppe hochzusteigen.
War es die Spur?
Ich wußte es nicht, aber ich wollte meinem Vorsatz treu bleiben und noch einmal das Haus durchsuchen. Da war die Küche genau der falsche Platz. Längst nicht so geschmeidig wie sonst stemmte ich mich in die Höhe. Mit etwas steifen Schritten verließ ich die Küche und schloß auch die Tür hinter mir. Ich wartete in der Diele. Die Treppe führte frei nach oben. Nach meinem Geschmack paßte sie nicht in dieses Haus hinein, aber ich mußte darin ja nicht wohnen. Die dünnen Fäden hatten sich vollständig verzogen. Wohin ich auch schaute, ich sah sie nicht.
Keine Reste. Weder an den Decken noch an den Wänden klebte etwas.
Ich hoffte stark, daß es mir gelungen war, sie alle zu vernichten, bis eben auf die seltsame Frau, von der ich bisher nur gehört, aber nichts gesehen hatte. Für mich war sie nicht nur eine Feindin, sondern nach wie vor eine namenlose Spinnenhexe.
Die Treppe lockte mich, ich stieg sie hoch. Dabei versuchte ich, so leise wie möglich zu sein. Je mehr ich mich dem Schlafzimmer näherte, um so kühler wurde mir. Es war so etwas wie die Kälte der Furcht; ich rechnete damit, die Reste eines Menschen auf dem Bett liegen zu sehen.
Jetzt sah ich die Frau als handgroßes, mumifiziertes Wesen auf dem Bett liegen und traute mich auch nicht, diesen Rest zu berühren.
Mich schauderte, wenn ich daran dachte, was diese mir unbekannte Person mit Muriel Borner angestellt hatte.
Warum war sie zu dem geworden, was jetzt vor
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