0904 - Der Krieger der weißen Stadt
dadurch leblos wirkend.
Artimus überlegte. Es war sinnlos, in irgendeine Richtung zu gehen, wenn man nicht wusste wo das Ziel lag - und erst recht, wenn man das Ziel nicht einmal kannte. Man hatte ihn ganz sicher nicht auf diese unwirkliche Welt gebracht, um ihn hier einfach in der Gegend stehen zu lassen. Seine Entführer würden sich schon bei ihm melden. Früher oder später.
Nur selten hatte er sich in einer solch Undefinierten Situation befunden. Wenn van Zant etwas hasste, dann war es dieses sinnlose Warten.
Doch genau dazu war er jetzt gezwungen.
Vielleicht für eine lange Zeit…
***
Lakir hatte kein Problem damit, die dritte Phase von Maiisaros Welt zu erreichen. Ursprünglich hatte es drei Phasen gegeben - Phase eins - die Freude , Phase zwei - die Ruhe , Phase drei - das Licht.
Phase zwei existierte nicht mehr, doch das änderte nichts daran, dass Maiisaro die Pflege der Wurzeln perfekt durchführte. Hier, in Phase drei, befand sich der Pool der Wurzeln. Ein gewaltiger Raum, gefüllt mit Wurzeln jeder Entwicklungsstufe. Auch alte und verwundete Wurzeln gab es hier. Dies war die Kinderstube und die Pflegestation der Wurzeln, die der Ursprung einer jeden weißen Stadt waren.
Lakir befand sich auf einer der Plattformen, die hier frei im Raum schwebten. Von hier aus initiierte Maiisaro das Wunder, das in ihr ruhte - das gleißende Licht, das die Wurzeln gierig in sich aufnahmen, das sie ernährte, heilte, wachsen ließ.
Dazu war Lakir natürlich nicht fähig. Sie konnte nur kontrollieren, ob alles ruhig verlief, während Maiisaro nicht anwesend war.
Die Wurzeln… Lakir kamen schmerzvolle Gedanken. Sie war dem Tod so nahe gewesen, als Vinca sie hierher gebracht hatte. Mehr noch - sie war gestorben. Nur ein Wunder hatte den allerletzten Lebensfunken in ihr neu entzünden können. Und Maiisaro hatte dieses Wunder vollbracht.
Lakirs langes Sterben hatte einen eigenartigen Grund, das hatte das Licht der Wurzeln sofort erkannt. So lang Jahre hatte Lakir auf Parom als Wächterin der dortigen Wurzel verbracht. Als der Kokon auf Parom zerstört wurde, starb auch die Wurzel - und Lakir floh mit Vinca von ihrer Heimatwelt.
Doch dann spürte sie schon bald die schweren Schritte des Todes hinter sich.
Sie hatte es allen anderen verheimlicht, doch ein Kind von der Erde - ein kleiner Junge mit Namen Serhat - blickte ihr tief ins Herz hinein. Helfen konnte er ihr aber natürlich nicht. Es war die Wurzel, die endgültige Beendigung einer Verbindung zwischen Lakir und dem Ursprung von Paroms weißer Stadt. Zu lange waren sie miteinander verbunden gewesen. So intensiv, dass Lakir ohne die Wurzel nicht mehr lebensfähig war.
Maiisaro hatte aus dem Wurzelpool ein winziges Fragment gefischt, das vor einer Ewigkeit zu Paroms Wurzel gehört hatte. Lakir hatte diesen winzigen Teil geschluckt. Was Maiisaro noch getan hatte, entzog sich Lakirs Wissen. Doch von diesem Moment an begann ihre Genesung.
Nachdenklich beobachtete die schöne Frau die Wurzeln, die hier wie riesige Amöben frei im Raum schwebten. Was bedeutete das eigentlich für all die anderen ungezählten Wächterinnen auf den Welten, die zum Reich der Herrscher gehörten? Wenn der mysteriöse Plan scheitern sollte, waren sie dann überhaupt noch notwendig? Wenn die Wurzeln starben, starben dann auch sie? Der Gedanke war naheliegend und erschreckend zugleich. Lakir war einst Lehrerin für viele Wächterinnen gewesen. Es verband sie viel mit ihnen.
Der Schlag kam ohne Vorwarnung!
Lakir stürzte zu Boden. Verwirrt blickte sie sich um und sah, dass eine große Wurzel in die Tiefe taumelte. Es gab nur eine Erklärung. Die Wurzel war mit der Plattform kollidiert. Aber das war im Grunde doch unmöglich, weil die Plattformen ein magisches Kraftfeld umgab, das einen Zusammenprall vollkommen unmöglich machte. So hatte es Maiisaro erklärt.
Die Plattform schwankte, fing sich nur langsam wieder. Lakir verfolgte die fallende Wurzel mit ihren Augen. Irgendwann konnte die Paromerin sie jedoch nicht mehr sehen, aber sie vernahm den heftigen Knall, der sich durch den gesamten Pool fortsetzte. Das konnte nur bedeuten, dass die Wurzel mit einer anderen zusammengestoßen war.
Direkt über Lakir - keine zehn Meter über ihrem Kopf - ereignete sich die nächste Katastrophe. Eine kleine Wurzel rammte sich mit voller Wucht gegen ein ausgewachsenes Exemplar. Lakir vernahm das Kreischen der Holzkörper, die sich ineinander bohrten. Sie ließ sich blitzschnell nach hinten fallen,
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