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0904 - Ein teuflischer Verführer

0904 - Ein teuflischer Verführer

Titel: 0904 - Ein teuflischer Verführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und ließ es auf meiner Handfläche liegen.
    Die Reaktionen der Versammelten waren unterschiedlich. Während Suko nickte, bekam Tanner große Augen. Auch die Serrano-Schwestern hatten das helle Schimmern gesehen, was bei ihnen allerdings eine andere Reaktion auslöste. Sie flüsterten sich etwas zu und sahen einen Moment später so aus, als wollten sie sich zurückziehen. Ich hatte das sofort erkannt, daß sie keine Kreuze mochten, aber die beiden interessierten mich nicht. Ich konzentrierte mich mehr auf den matten Glanz in meiner Handfläche.
    Glanz?
    Ich wußte es nicht genau, ob ich diesen Glanz schon mit einer Reaktion in Verbindung bringen sollte. Eigentlich hätte mein Kreuz registrieren müssen, daß wir uns in einer Zone befanden, die seiner Kraft widersprach, aber noch spürte ich keine Wärme, die über meine Hand glitt. Es lag normal auf der Haut.
    Ich wußte auch, daß es nicht immer reagierte. Das Kreuz »besaß« bestimmte Eigenschaften, die nicht auf alle Magien zu übertragen waren, und wenn sich hier tatsächlich der fremde Mythos des Keltenvolkes gehalten hatte, nutzte mir das Kreuz gar nichts.
    Das wußte ich, das frustrierte mich, und vier Augenpaare schauten mir zu, wie ich meine Runde über die Lichtung drehte, an den Steinen vorbei ging, unter denen einmal die Blutsauger gelegen hatten, doch nichts passierte. Ließ mich das Kreuz im Stich?
    In der Mitte blieb ich stehen.
    Tanner lachte mich beinahe böse an. »Und was willst du jetzt tun?« fragte er.
    »Willst du eine ehrliche Antwort?«
    »Ja, immer!«
    »Ich weiß es nicht!«
    Noch nie zuvor hatte mich Tanner so angeschaut wie in diesem Augenblick. Dabei kannten wir uns schon einige Jahre. Er öffnete den Mund, holte tief Luft, und es war ihm anzusehen, wie er nach einer entsprechenden Antwort suchte. »Das darf doch nicht wahr sein!« protestierte er. »Du gibst deine Hilflosigkeit zu?«
    »So ist es.«
    Tanner schnappte nach Luft. »Und weiter? Was ist denn noch an dir, daß du…?«
    »Nichts mehr, im Augenblick. Und Suko wird es ähnlich gehen. Man hat uns vorgeführt.«
    »Dann ist meine Nichte verloren?« Er hatte die Frage geflüstert, aber tief hinter diesen Worten hörte ich die Drohung heraus.
    Ich schwieg.
    »Verflucht, John, sag die Wahrheit. Ist meine Nichte endgültig verloren? Haben wir sie opfern müssen, weil wir nicht fähig waren, sie aus der Scheiße herauszukriegen?«
    »Ich kann es dir wirklich noch nicht sagen.«
    Tanner stöhnte auf. Er schwitzte. Über sein Gesicht lief der Schweiß wie Öl. Ich wußte ja, wie es in seinem Innern aussah, ich hätte ihn gern getröstet, nur ein paar Worte, ein wenig Hoffnung, ein kleines Stück Optimismus in dieser düsteren Szenerie, aber ich war nicht in der Lage, die richtigen Worte zu finden.
    Tanner stand schräg, gebückt. Er starrte zu Boden. Wir alle hörten ihn demonstrativ laut atmen.
    Er trug noch immer seinen Hut, über den wir ständig unsere Witze rissen. In diesem Augenblick kam er uns alles andere als lächerlich vor. Er suchte nach Worten, fand keine, aber ich spürte plötzlich etwas auf der Hand.
    Mein Kreuz lag dort auch weiterhin offen. Und ich merkte, wie etwas über die Haut hinwegrann.
    Ein leichtes Kribbeln, auch eine gewisse Wärme?
    So genau kam ich damit nicht zurecht. Aber es hatte sich etwas verändert.
    Zum Positiven hin?
    Ich wußte es nicht, aber ich hoffte und konzentrierte mich weiterhin auf das Kreuz in meiner Hand…
    ***
    Wenn ein Anblick lähmen kann, so erlebte es Vera Tanner in diesem Augenblick, denn was sie da zu sehen bekam, das sorgte in ihrem Innern für eine Lähmung.
    Sie wußte nicht, was sie dazu sagen sollte, ihr Gehirn weigerte sich auch, über die Konsequenzen nachzudenken, aber sie war auch nicht in der Lage, die Augen zu schließen, um das zu vergessen, was sich da mit aller Scheußlichkeit präsentierte.
    Vor ihr, mitten in die Umgebung hineingestellt, stand eine Säule. Sie war rund und schimmerte in einem bräunlichen Ton.
    Dies zeigte ein Muster, was ebenfalls nicht normal war, denn niemand hatte es aufgezeichnet. Das Muster glich auch keiner Intarsienarbeit, dazu war es zu roh, und, das konnte sie selbst in dieser schattigen Düsternis sehen, es stand vor, als hätte jemand etwas gegen die Säule gepreßt, um gewisse Details zu integrieren.
    Vera Tanner lag auf der Seite, die Beine aufgestützt.
    Die junge Frau war nicht in der Lage, den Blick von dieser Säule wegzunehmen. Wie hynotisiert starrte sie den Gegenstand an, und

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