Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0904 - Murcons Burg

Titel: 0904 - Murcons Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
glaubte zu wissen, was sich hier abspielte. Er war überzeugt, daß das Wesen, dessen Worte er mit den eigenen Ohren nicht hören konnte, sich in großer Gefahr befand. Er brachte den Übersetzer unter den Hautlappen hervor und hielt ihn so, daß seine akustische Ausstrahlung frei und ungehindert in die Weite der Halle dringen konnte. „Hört her!" rief er in seiner eigenen Sprache, die das Gerät sofort in das Idiom der Zaphooren übersetzte. „Ich bin hierher gekommen, um deine Einsamkeit zu erleichtern! Labe dich an mir! Meine Emotionen sind das Ergebnis eines fast unendlich langen Lebens! Ich biete mich dir an.
    Laß jenes unglückselige Geschöpf in Ruhe und wende dich mir zu!"
    „Wer ist das?" fragte da die zweite Stimme. „Ist dir jemand gefolgt?"
    „Das kann nicht sein", hörte Pankha-Skrin aus dem Übersetzer. „Dein Ruf gilt immer nur allein mir!"
    „Ich will mir ihn ansehen!" erklärte die zweite Stimme.
    Pankha-Skrin war von neuem stehengeblieben.
    Er spürte, wie sich etwas an seinem Bewußtsein zu schaffen machte. Er verriegelte das Oberflächenbewußtsein und zog sich in die Tiefen der entelechischen Denkkreise zurück. Voller Spannung wartete er auf das Kommende. Er war im Lauf seines langen Lebens vielen Wesen begegnet, die ihre Kraft aus den Seelen anderer bezogen.
    Manche von diesen hatten sich auch an ihn herangemacht - aber keinem von ihnen war es gut bekommen. „Das ist merkwürdig!" hörte der Quellmeister die zweite Stimme sagen. „Bist du eine Maschine? Bist du ein Untoter ...?"
    Pankha-Skrin spürte, wie die fremde Aktivität an den Grenzen seines Bewußtseins intensiver wurde.
    Ein Fühler hatte die dünne Schicht des Oberflächenbewußtseins durchdrungen und schob sich in Richtung der entelechischen Tiefen vor.
    Da - plötzlich ein Schrei, gräßlich in seiner ohrenbetäubenden Lautheit.
    Eine Bö fuhr in den dicken Gesteinsstaub und wirbelte ihn durcheinander.
    Ein fahler Blitz zuckte durch das Halbdunkel. Etwas Mattleuchtendes bewegte sich mit großer Geschwindigkeit durch die Staubmassen.
    Und eine Stimme, die rasch in der Ferne entschwand, schrie: „Verrat! Das tut ihr mir nicht ein zweites Mal an!"
    Die wütend hervorgestoßenen Worte hallten mehrmals von den Felswänden wider. Endlich aber wurde es still. Nur hier und da rieselte noch ein wenig Gestein von den Wänden und der Decke der Halle.
    Pankha-Skrin fragte: „Bist du noch da?"
    Nur der Übersetzer antwortete: „Ich bin noch hier. Ich danke dir."
    „Warum können meine Ohren deine Worte nicht hören, sondern nur das Gerät, das mir deine Sprache übersetzt?"
    Ein paar Sekunden vergingen.
    Dann hörte Pankha-Skrin eine silberhelle, überraschend hohe Stimme, die Zaphoorisch sprach. Das Gerät übersetzte ihre Worte: „Wahrscheinlich sind deine Ohren nicht dazu gemacht, die hohen Laute zu hören. Bist du einer von denen, die ,an der Oberfläche wohnen?"
    „Nein, ich bin ein Fremder", antwortete Pankha-Skrin. „Man hat mich gegen meinen Willen in das Große Gasthaus gebracht. Wenn du mich erblickst, erschrick nicht. Ich sehe nicht aus wie du und die Deinen."
    Ein helles Lachen antwortete aus der nebligen Wand des Staubes. „Du sprichst wie einer der Oberen!
    Nennst unsere Welt das Große Gasthaus!"
    „Wir würdest du sie nennen?"
    „Bei dem Namen, den die Herrscher ihr gegeben haben: Murcons Burg."
    Die Antwort gab dem Quellmeister zu denken. „Kannst du mich sehen?" fragte er schließlich. „Sehen? Nein. Aber ich weiß, wo du stehst."
    „Komm zu mir! Der Staub nimmt mir die Orientierung."
    Ein paar Steine rollten. Das Geräusch von leichten Schritten war zu hören. Und schließlich tauchte aus der Staubwand eine schlanke, zierliche Gestalt auf. Sie war von jener vertikal-symmetrischen, viergliedrigen Art, der die Vorfahren aller Zaphooren angehört hatten. Aus der Zierlichkeit des Umrisses glaubte Pankha-Skrin erkennen zu können, daß es sieh um ein weibliches Mitglied des zaphoorischen Volkes handelte.
    Es war gekleidet in ein einfaches, fast bis auf den Boden reichendes Gewand, das in seiner sanften Farbgebung wohltuend auf die Augen eines Loowers wirkte - anstatt ihnen weh zu tun wie Vajians und Boronzots Kleider.
    Die großen Augen der Zaphoorin aber waren blicklos. Der Augapfel war von homogener, türkiser Farbe.
    Iris und Pupille hatte eine lange Reihe von Mutationen über Generationen in der Finsternis lebender Zaphooren hinweg beseitigt. „Du siehst, ich erschrecke nicht", lächelte die Zaphoorin.

Weitere Kostenlose Bücher