Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0905 - Die Anstalt

0905 - Die Anstalt

Titel: 0905 - Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
Vom Netzwerk:
Qualen stecken konnte und wollte sich mit bloßen Fäusten auf ihn stürzen. Doch dann schien er es sich anders zu überlegen und wandte sich zur Flucht.
    Hall ließ es nicht zu. Gebieterisch hob er die Hand, und die nächsten willensbrechende Welle rollte über den Wärter hinweg. »Beruhige dich. Komm her.«
    Der Wärter gehorchte, kam und blieb dicht vor Hall stehen.
    »Was ist hier passiert? Wer hat diese Männer umgebracht?«
    »I-ich.«
    »Du? Aber warum ! Es sind deine Kollegen!«
    Auf dem Gesicht des Mannes stand der Schweiß. In seinen Augen schienen sich die Bilder seiner Taten widerzuspiegeln, immer wieder von neuem abzulaufen. »Musste… musste mich wehren!«
    »Warum?«
    »Sie… sie glaubten, ich sei… das Biest. Sie wollten… mich töten. Kam ihnen nur… zuvor.«
    »Welches Biest?« Hall fühlte sich unwillkürlich an das erinnert, was er auf der Herfahrt im Tagebuch von Edward Hawk gelesen hatte: Der Schrecken, der auf dem Grund des Grosvenor-Gutes gehaust hatte - und dessentwegen es abgerissen worden war. Der namenlose Schrecken…
    Der Wärter wankte, seine Lippen bebten, aber er bekam kein Wort heraus. Offenbar wusste er nicht, wie er beschreiben sollte, was Hall von ihm verlangte.
    »Warum hielten sie ausgerechnet dich für ›das Biest‹?«
    »Kann menschliche Gestalt annehmen. Kann sie vorgaukeln, bis…«
    »Bis?«
    »… es sich enttarnt. Dann ist es… aber schon zu spät. Ist unbesiegbar. Tötet wahllos. Erscheint mal hier und mal da.«
    »Warum öffnet ihr nicht die Schotten und flüchtet hinaus?«
    »Hab's versucht. Wollte öffnen. Ging nicht. Pallister sagt… Pallister sagt…« Der Wärter krümmte sich, drohte zu kollabieren.
    Hall lockerte die Klammer um den Willen des Mannes noch eine Idee mehr. »Lies das hier.«
    Er zog die königliche Vollmacht aus der Gesäßtasche. Der Wärter betrachtete sie zögernd. Hall half seinem Begreifen nach. Schließlich beendete er die Einflussnahme, war aber bereit, sie jederzeit neu aufzubauen.
    »Wie ist die Lage im Millbank?«, fragte er. »Ich bin nicht dein Feind. Im Gegenteil. Ich komme, um zu helfen.«
    »Sie sind von draußen gekommen?«
    »Woher sonst?«
    »Aber -«
    »Ich weiß, das ist alles ein bisschen viel auf einmal. Aber ich sage die Wahrheit. Ich komme von draußen, und ich will helfen .«
    »Dann öffnen Sie das Tor. Machen Sie's auf! Ich will hier raus, sofort! Alle wollen hier raus… Machen Sie schon, verdammt! Meinetwegen können Sie danach zu den anderen und auch ihnen den Weg zeigen. Aber erst machen Sie mir auf! Ich halt's hier keine Minute länger aus. Das Ding ist überall . Es nimmt jede Gestalt an - ich dachte, Sie wären's… Scheiße, das ist ein gottverfluchter Albtraum!«
    Hall sah keine andere Möglichkeit, als die geistige Zügel wieder anzuziehen. Sofort wurde der panische Mann ruhiger. »Pallister ist der Direktor… Bring mich zu ihm. Sofort und ohne Umweg!«
    Im Gesicht des Mannes zeichnete sich der innere Kampf ab, mit dem er sich gegen Halls Forderung durchsetzen wollte. Doch letztendlich musste er kapitulieren.
    8.
    Gegenwart
    Sein erster Blick, als Zamorra das Zimmer durch die aufgebrochene Tür betrat, fiel auf den Roboter, der dafür verantwortlich war. Er sah aus wie ein Miniaturpanzer mit Kettenantrieb. Am Antennenaufbau war die Kamera befestigt, die ihre Bilder in die Kammer mit den Monitoren übertrug.
    Obwohl er keine wirkliche Ähnlichkeit mit ihm hatte, erinnerte er Zamorra spontan an R2-D2, den Astromech-Droiden aus Star Wars.
    Seine Frage an ihn: »Kannst du sprechen?«, handelte ihm einen indignierten Blick von Nicole ein.
    Sie standen eng beieinander. Zamorra hatte Merlins Stern unter dem Hemd hervorgeholt und eine Funktion aktiviert, die einen unsichtbaren Schutzschirm um ihn und Nicole legte. Ob er im Ernstfall verhindern würde, dass die Verjüngungswelle sie traf, wusste er nicht, aber momentan schien keine Gefahr zu drohen. Der Mann auf dem Bett wies keine Auffälligkeit auf. Sein von einem knielangen, ärmellosen Patientenhemd bedeckter Körper sah bleich, aber stabil aus. Das über den Monitor beobachtete »Flackern« zeigte sich bislang nicht, und wenn der Turnus beibehalten wurde, den Hogarth ihnen vor ihrem Aufbruch genannt hatte - eine knappe Stunde -, würde der magische Schild des Amuletts sich wohl nicht bewähren müssen.
    Darauf konnte und wollte Zamorra sich jedoch nicht verlassen - auch wenn es auf den ersten Blick reizvoll anmutete, schlagartig zwanzig Lebensjahre

Weitere Kostenlose Bücher