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0906 - Das Vermächtnis der Hexe

0906 - Das Vermächtnis der Hexe

Titel: 0906 - Das Vermächtnis der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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spüren, nicht schmerzhafter als ein Mückenstich.
    Sie musste drei Kindern nach Ablauf der zweihundert Jahre deren Seelen rauben. Das würde sie aber nicht schaffen, so lange die Kinder normal groß waren. Folglich musste sie sie mit einem Zauber auf ihre eigene Größe schrumpfen. Einen Spruch, der das bewerkstelligen konnte, wusste sie. Nur hatte der wiederum keine Wirkung auf einen normalgroßen Menschen, wenn er von einem Püppchen wie ihr gesprochen wurde!
    Es war ein verdammter Teufelskreis!
    Im Jahr 1856 - sie waren gerade wieder umgezogen - hatte Henriette die rettende Idee.
    Sie befahl Matthias, einen Fingerring zu kaufen.
    Jeden einzelnen Tag legte sie sich mit gespreizten Beinen und ausgestreckten Armen in den Ring, sodass sie ihn mit Fuß- und Zehenspitzen berührte. Jeden einzelnen Tag wirkte sie den Schrumpfzauber und ließ ihn in den Ring fließen. Jeden einzelnen Tag ging sie dabei bis an die Grenze der Erschöpfung und darüber hinaus.
    Jeden einzelnen Tag. Über 150 Jahre lang.
    Jahre der dauernden Wanderschaft. Jahre der Entbehrungen für Matthias.
    Doch Henriette interessierte das alles nicht. Für sie zählte nur, den Ring magisch aufzuladen.
    Sie zogen nach Hamburg - und Henriette legte sich in den Ring.
    Sie zogen nach England - und Henriette speicherte ihren Zauber.
    Sie erlebten zwei Weltkriege - und Henriette arbeitete auf den Tag ihrer Befreiung hin.
    Sie zogen nach Frankreich - und Henriette sehnte sich nach drei Kinderseelen.
    Die Macht des im Ring gespeicherten Schrumpfzaubers wuchs und wuchs, genauso wie Henriettes Lebensraum immer größer wurde.
    Im Jahr 2008 war es endlich soweit.
    Henriette lebte inzwischen in einer künstlichen Welt, die Matthias um den Bahnhof Neufeld herum errichtet hatte. Im Ring war genügend Kraft gespeichert, die es auch dem magisch unbegabten Matthias ermöglichte, mindestens drei Kinder zu schrumpfen.
    So schlug er im Februar 2009 sein Zelt auf dem Lyoner Karnevalsmarkt auf, um Kinder in seine Fänge zu locken. Trotzdem war es nicht so einfach, wie er es sich vorgestellt hatte. Die meisten Kinder kamen mit ihren Eltern ins Zelt und waren deshalb keine geeigneten Opfer.
    Doch am 16.02.2009 verirrten sich zwei Geschwister in sein Zelt - und sie waren alleine. Er berührte sie mit dem Ring an der Schulter und schrumpfte sie auf Henriettes Größe. Zuerst wollte er sie auf den Bahnsteig legen, weil dieser Ort mit Henriette vereinbart war, aber dann kam das Kind in ihm durch. Also spielte er mit seiner künstlichen Welt und ihren neuen kurzfristigen Bewohnern und setzte sie stattdessen in den Zug.
    Einen Tag später betrat Rhett das Zelt.
    ***
    Die Stichflamme schoss in die Luft, erhellte den Park für einen Augenblick und erlosch wieder.
    »Pah!«, schimpfte Fooly. »Dann mach ich mir mein Feuerwerk eben selbst! Sollen sie sich doch amüsieren auf ihrem blöden Markt! Das wäre mir sowieso viel zu langweilig.«
    Er spuckte der ersten Flamme eine zweite hinterher.
    »Als ob es mich interessieren würde, einen Karnevalsumzug anzusehen! Wie kindisch ist das denn, verkleidet durch die Straßen zu ziehen?«
    Die nächste Flamme stach in den Abendhimmel.
    Zuerst hatte er sein privates Feuerwerk im Château Montagne stattfinden lassen. Nachdem er dort aber ein paar Vorhänge in Brand gesetzt hatte, hatten Nicole und William ihn trotz seiner Unschuldsbeteuerungen an die frische Luft gesetzt. Und nun schlich er schon seit mindestens einer Stunde durch den Park und spuckte Flammen in die Luft.
    Aber mit Rhett würde so ein Feuerzauber trotzdem mehr Spaß machen!
    Fooly war über hundert Jahre alt. Mit anderen Worten: Er war noch so etwas wie ein Drachenteenie. Einst war Foolys Elter von den Unsichtbaren gejagt worden und mit ihm in die Menschenwelt geflüchtet. Doch die Unsichtbaren konnten sie auch dort aufspüren und hatten den Elter getötet. Nach einem Gesetz des Drachenlandes durfte Fooly erst dann wieder dorthin zurückkehren, wenn er volljährig war - was durchaus noch ein paar Jahrhunderte dauern konnte! Also lebte er nun im Château Montagne, nachdem Butler William ihn gewissermaßen »adoptiert« hatte.
    Seit einiger Zeit steckte er in der Trirax, einer Art Drachenpubertät, die das Chaos, das er ohnehin schon verbreitete, nur noch vergrößerte. Denn die Trirax bedeutete nichts anderes, als dass er dank der Drachenmagie ungeahnte Fähigkeiten entwickelte, die allerdings nicht zwangsläufig von Bestand sein mussten. Körperlich hatte sich Gott sei Dank aber

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