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0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt

0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt

Titel: 0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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weit vor, bis er die oberste Stufe erreicht hatte. An deren Rand blieb er stehen. Ob er den Kopf oder nur die Augen gesenkt hielt, war für die beiden Beobachterinnen nicht genau festzustellen, jedenfalls fühlten sie sich kontrolliert und beobachtet.
    Der Puppendoktor tat nichts.
    Er blieb nur da stehen.
    Lächelte er? Zuckte es in seinem Gesicht? Jedenfalls bewegte er sich.
    Seine beiden Hände bewegten sich von zwei verschiedenen Seiten auf einen Punkt zu. Er konnte in der Nähe der Gürtelschnalle liegen, und er befand sich auch dort, denn die Hände griffen zu.
    Sie zogen etwas hervor.
    Ein Messer und eine Säge.
    Beide Frauen sahen das helle Schimmern, als wollten ihnen die Klingen eine Botschaft für die Zukunft schicken. Böse und grausam zugleich, gefährlich und tödlich…
    Ihre Mägen verkrampften sich. Beide dachten an Flucht, obwohl sie es nicht aussprachen.
    Sie verstanden die Botschaft, die der Puppendoktor noch mehr intensivierte, denn er rieb die Klingen gegeneinander, als wollte er sie schärfen.
    Die dabei entstehenden Geräusche hörten sich fürchterlich an und drangen tief in das Bewußtsein von Mutter und Tochter.
    Wie ein Fleischer, dachte Grace Wonderby. Er ist wie ein Fleischer, der seine Klingen schärft, bevor er damit ein geschlachtetes Tier zerteilt.
    Aber diesmal wird es unser Fleisch sein. Er wird hineinschneiden wollen, er wird, er wird…
    Ein anderes Geräusch riß sie aus ihrer Starre hervor. Nicht im Haus hatten sie es gehört, sondern draußen.
    Dort kam ein Wagen.
    Das mußte Sheila Conolly sein, denn einen anderen Besuch erwarteten sie nicht.
    Einlassen oder wieder wegschicken?
    Keine traute sich, eine Entscheidung zu treffen, aber sie blickten zugleich zur Tür.
    Es schellte.
    »Ich geh hin!« flüsterte Grace. Bevor sie sich in Bewegung setzte, warf sie noch einen Blick die Treppe hoch.
    Da war nichts mehr. Doc Doll war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben…
    ***
    Sheila fuhr auf das Grundstück und stellte ihr Auto vor der breiten Garage ab.
    Den Weg über hatte sie nachgedacht. Das Telefongespräch mit Grace Wonderby hatte absurd geklungen, und sie wußte jetzt noch nicht, was sie davon halten sollte, aber tief in ihrem Innern war eine Stimme, die ihr sagte, daß Grace keinen Unsinn erzählt hatte.
    Mit dem Begriff Puppendoktor oder Doc Doll konnte Sheila nicht viel anfangen. Es hörte sich schon sehr fremd und märchenhaft an, als wären diese Visionen einem phantasiebegabten Hirn entsprungen.
    Eben aus dem Kopf der Alice Wonderby. Sheila kannte das Mädchen zwar nicht sehr gut, sie wußte aber, daß es, im Gegensatz zu vielen ihrer Altersgenossinnen in einer eigenen Welt lebte. Alice war introvertiert, sie las viel, sie war dann in der Welt ihrer Bücher gefangen.
    Jedenfalls hatte Graces Stimme sehr erregt geklungen, und Sheila wollte sehen, was sie für sie tun konnte. Schade nur, daß Bill unterwegs war, er hätte ihr sicherlich einen guten Rat geben können.
    Sie ging auf die Haustür zu, schellte kurz und brauchte nicht lange zu warten. Ruckartig wurde die Tür nach innen gezogen, und eine erschreckt aussehende Tenniskollegin schaute Sheila an. Es war zu sehen, daß Grace einiges durchgemacht hatte, die Probleme zeichneten sich praktisch auf ihrem Gesicht ab.
    »Endlich, Sheila.«
    »Okay, Grace, laß mich rein.«
    »Entschuldige.« Sie trat zur Seite, und Sheila konnte sehen, daß auch Alice im Flur wartete.
    »Hi, Alice.«
    »Guten Tag, Mrs. Conolly. Wir sind beide froh, daß Sie zu uns gekommen sind.«
    »Das kann man sagen, Sheila«, bestätigte Grace.
    Sheila lächelte etwas verhalten. Sie stellte fest, daß beide Frauen gegen die Treppe blickten, und auch Sheila sah hin, ohne dort etwas entdecken zu können. Die Stufen waren leer. Im dämmrigen Licht des Flurs schimmerten sie matt.
    Die Besucherin hob die Schultern. »Jetzt bin ich hier. Du hast Probleme, Grace, und mir scheint es, als hätten diese Probleme mit der Treppe zu tun.«
    »Nur indirekt.«
    »Und das direkte Problem?«
    »Heißt Doktor Doli.«
    Sheila runzelte die Stirn. »Du hast ja am Telefon davon gesprochen, Grace und du sagtest, daß du diese Gestalt in einem Spiegel im Zimmer deiner Tochter gesehen hast.«
    »Dabei bleibe ich auch.«
    »Dann wäre es am einfachsten, wenn wir uns den Spiegel einmal gemeinsam anschauen würden.«
    »Nein, Sheila, nicht mehr.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er nicht mehr da ist.«
    »Wie? Ist der Puppendoktor verschwunden?«
    »Bestimmt nicht.« Sie

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