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0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt

0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt

Titel: 0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Flair. Er stand in der Spiegelfläche und tat nichts, gar nichts. Er wartete einfach nur, und seine Augen bewegten sich, als wollte er alles genau aufnehmen, was sich in der Umgebung befand. Das Schwingen der Tasche war gestoppt worden. Sie hing jetzt locker von der Hand seines rechten Arms nach unten. Ihre untere Fläche befand sich auf gleicher Höhe mit seiner Wade, und das Gesicht des Puppendoktors zeigte einen zufriedenen Ausdruck.
    Ja, er war zufrieden. Nicht nur mit sich, auch mit der neuen Welt, die er sich ausgesucht hatte. Sie gefiel ihm gut, denn dieses Zimmer war wie ein Raum aus einem Märchen. Es hätte auch in seine Welt gepaßt, die er verlassen hatte.
    Obwohl er im Spiegel stand, fühlte er sich nicht als Gefangener. Er wußte ja, daß er ihn immer verlassen konnte, wenn er wollte, und das würde er auch tun.
    Sein rechtes Bein zuckte, als er einen Schritt nach vorn ging. Es befand sich kein fester Grund unter seinen Füßen, trotzdem sackte er nicht ab.
    Er behielt den Stand, und der nächste Schritt brachte ihn dazu, die Welt zu verlassen.
    Seine Welt, denn die neue wartete. Er ging hinein.
    Für einen Moment schimmerte es in der Spiegelfläche. Genau dort, wo sich die Nahtstelle zwischen den verschiedenen Realitäten befand, dann war dieses Schimmern verschwunden, und der Puppendoktor stand in dem Zimmer vor dem Spiegel.
    Sein Lächeln war breit und böse. Er wußte, daß Mutter und Tochter den Raum verlassen hatten. Sie fürchteten sich vor ihm, und das sollte so sein. Bisher hatte er ihnen noch nichts getan, doch es würde sich ändern, das hatte er sich fest vorgenommen. Dieses Haus sollte nicht mehr von dieser Familie bewohnt werden. Er hatte beschlossen, es in seinen Besitz zu nehmen. Es gefiel ihm gut, er würde sich hier einrichten, und er würde später auch seine Freunde nachholen, die auf ihn in der anderen Welt warteten.
    Er war nicht nett, nein, auf keinen Fall. Er war böse, sehr böse, und er freute sich darüber, daß es den alten Spiegel noch immer gab. Sein Besitzer hatte ihn schnell loswerden wollen, denn auch er hatte geahnt, daß einiges mit dem Spiegel nicht in Ordnung war. Da kam etwas zusammen, über das niemand reden konnte, weil es einfach nicht sein durfte. Aber die Menschen waren dumm, sie akzeptierten nur ihre Welt, nicht die anderen Dimensionen. Man hätte sie mit der Nase darauf stoßen können, es wäre alles vergebens gewesen. Sie waren einfach nur Ignoranten.
    Der Puppendoktor ging zur Tür. Es wurde für ihn Zeit, das Haus in Augenschein zu nehmen, schließlich sollte es einmal seine neue Heimat werden.
    Das erste Hindernis war die Tür.
    Abgeschlossen.
    Zweimal zerrte er an der Klinke und zischelte etwas. Auch wenn er sich aufregte, es hatte keinen Sinn. Die Tür blieb verschlossen. Er stellte seine Tasche ab und öffnete sie. Der Blick fiel über die blitzenden Instrumente. Er freute sich über sie. Er stellte sich vor, wie die Messer in die Körper der Menschen fuhren, die Sehnen durchtrennten, ihnen die Glieder abschnitten. Er sah das Menschenblut vor seinem geistigen Auge sprudeln und kicherte.
    Skalpell und Säge ließ er in seiner Tasche. Das Messer aber nahm er in die Hand und schaute sich die Tür noch einmal an. Sie war zwar geschlossen, aber er drückte die Klinge zwischen Rahmen und Tür, benutzte die Waffe somit als Hebel. Es klappte nicht sofort, und er wurde wütend. Als er das Knacken hörte, ließ seine Wut etwas nach, und noch intensiver machte er weiter.
    Dann war es geschafft.
    In Höhe des Schlosses brach die Tür auf.
    Der Puppendoktor kicherte, trat auf seinen kleinen Beinen einen Schritt zurück und schob mit dem Fuß seine Arzttasche zur Seite. Er brauchte sie nicht mehr.
    Die Waffen aber holte er hervor. Er steckte die Säge, das Messer und auch das Skalpell in seinen Gürtel, nickte sich selbst zu, um sich kurz danach auf den Weg zu machen.
    Es war sein Haus, sein Haus, und niemand würde es ihm jetzt noch nehmen können…
    ***
    Mutter und Tochter saßen wieder am Küchentisch. Alice sah die Erleichterung auf dem Gesicht ihrer Mutter. Die Frage erübrigte sich, aber sie fragte trotzdem. »Hat es geklappt?«
    »Ja.«
    »Wie geht es jetzt weiter?«
    »Hast du nicht zugehört?«
    »Doch, schon, aber…«
    »Entschuldige, Alice. Ich war zu sehr in Gedanken. Natürlich hast du ein Recht darauf zu erfahren, wie es jetzt weitergeht. Also, Sheila hat nicht gelacht, als sie von unseren Problemen hörte, das fand ich schon toll und positiv.

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