0907 - Das Weltraumbaby
Rhodan dem Rechner erteilt hatte, rückgängig machen. Er brauchte nur Kontakt zu SENECA aufzunehmen - kein Solaner befand sich in seiner Nähe und bedrohte ihn. Aber er brauchte noch etwas Zeit. Erst wollte er wissen, warum Douc Langur ihn auf so umständliche Weise in die SOL gelockt hatte.
Da er annahm, daß der Forscher ihm bei der erstbesten Gelegenheit folgen würde, blieb er stehen und wartete. Dabei fiel ihm auf, wie still es jetzt wieder in dem riesigen Schiff war. Er sah ein paar Solaner, aber sie schlichen förmlich durch die Gänge. Er konnte sich auf dieses Verhalten keinen Reim machen. Andererseits war alles, was diese Menschen in den letzten Tagen trieben, ein einziges Rätsel.
Nach einigen Minuten versuchte er dennoch, ein Gespräch mit einem Solgeborenen zu beginnen.
Er trat einer jungen Frau in den Weg. Zuerst schien es, als wäre sie völlig geistesabwesend. Fast hätte sie den Terraner angerempelt. Erschrocken sah sie zu Rhodan auf. Da erst erkannte er sie.
„Goor Toschilla", lächelte er. „Wie geht es Ihnen?"
Für einen Moment blitzte Interesse in den Augen der zierlichen Frau auf. Dann schweiften ihre Blicke ab.
„Es geht mir gut", sagte sie teilnahmslos.
Rhodan runzelte unwillig die Stirn.
„Und Sagullia Et?" bohrte er weiter.
„Es ist alles in Ordnung", murmelte Goor Toschilla. Sie ließ den Terraner stehen und ging ohne ein weiteres Wort davon.
„Da soll doch...", murmelte Rhodan wütend, da hörte er hinter sich das typische Kratzen von Douc Langurs Greifklauen.
„Kommen Sie schnell!" bat der Forscher. „Im Augenblick kümmert sich niemand um uns."
In einem abgelegenen Raum berichtete Douc Langur, was er von den Kindern erfahren hatte. Rhodan hörte schweigend zu. Er war überrascht, daß das Rätsel eine so einfache Lösung fand. Aber er sah auch keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die Kinder die Wahrheit gesagt und den tatsächlichen Sachverhalt preisgegeben hatten. Es paßte alles zusammen, und es war logisch.
Bis auf die Tatsache, über die auch der Forscher der Kaiserin von Therm gestolpert war: Es war absolut nicht normal, daß die Solgeborenen wegen eines Ungeborenen ein solches Theater veranstalteten.
- „Raumbaby", murmelte Rhodan. Er sah Douc Langur hilflos an. „Tut mir leid. Ich kann mit diesem Begriff auch nichts anfangen. Aber offenbar rechnen die Solaner damit, daß diesem Kind eine besondere Bedeutung zukommt oder zukommen wird. Und wenn ich daran denke, in welch eigenartiger Stimmung sie sich alle befanden, dann rechnet man an Bord keineswegs mit gefährlichen oder unangenehmen Überraschungen."
Er seufzte.
„Es scheint, als wäre der richtige Zeitpunkt gekommen. Es hat keinen Sinn, die Solaner noch länger aufzuhalten. Was immer auch mit diesem Kind los ist - ich werde es sowieso nicht erfahren. Es sei denn, ich halte die SOL ein paar Jahre lang fest."
„Das dürfen Sie nicht!" sagte Douc Langur impulsiv.
Rhodan nickte.
„Kommen Sie mit", bat er. „Ich werde sehen, daß Sie vor den Solanern rehabilitiert werden. Oder haben Sie es sich nun doch anders überlegt? Werden Sie mit mir zusammen zur BASIS hinüber gehen?"
„Nein. Ich bleibe."
„Auch gut", murmelte der Terraner.
Er ging den Weg zurück, und es kam ihm vor, als würde die Stille in der SOL immer noch wachsen. Nur selten begegneten sie noch jemandem in den Gängen. Dabei war dies nicht einmal die Zeit der Ruhe. Rhodan begann, sich Vorwürfe zu machen, obwohl er sich sagte, daß die Solgeborenen sich die Schwierigkeiten schließlich selbst zuzuschreiben hatten. Als er die Zentrale erreichte, blieb er wie vom Donner gerührt stehen.
Nur ein Minimum an Personal war anwesend. Rechts von dem Schott, in dessen Öffnung Rhodan stand, saß eine Gruppe von sechs Solanern um einen Tisch herum. Sie starrten blicklos vor sich hin. Niemand sprach ein Wort.
Unwillkürlich blickte der Terraner zu den Bildschirmen - dort hatte sich nichts verändert. Der Gedanke, das Verhalten der Solaner könne die Reaktion auf eine Bedrohung von außen sein, war also falsch.
Er trat an den Tisch. Niemand rührte sich.
„Ich habe mich entschlossen, die SOL nun endgültig an Sie zu übergeben", sagte er.
Falls er erwartet hatte, die Solaner würden vor freudiger Überraschung aufspringen und auf ihn einreden, so sah er sich enttäuscht. Sie blickten nicht einmal auf. Gavro Yaal, dessen Gesicht die Spuren des vorangegangenen Kampfes trug, stierte auf die Tischplatte. Joscan Hellmut sah seine Hände an.
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