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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Willow
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matt und zerschlagen, daß sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Aber sie schrieb so rasch, als führte jemand ihre Hand.
    Lieber Jean, schrieb sie, ich danke Dir für die angenehmen Stunden, die wir miteinander verbracht haben. Aber ich kann dich nicht heiraten. Denn ich liebe jetzt einen anderen Mann.
    Sei nicht traurig darüber, Jean. Es ist besser so. Versuche nicht, mit mir noch einmal in Verbindung zu treten. Es wäre zwecklos.
    Außerdem ist es für dich besser so. Ich hatte schon immer gewußt, daß ich Dir nur Unglück gebracht hätte. Das wirst Du in letzter Zeit ja bereits gemerkt haben. Warum sie diesen Satz schrieb, verstand Manon nicht. Aber da stand er schon – schwarz auf weiß.
    Ich wünsche Dir für die Zukunft viel Glück und alles Gute.
    Manon.
    Sie schrieb keinen Absender darauf, brachte den Brief noch zum Briefkasten, ehe es hell wurde, und schlief danach erschöpft ein.
    Alain war bei ihr gewesen und hatte wieder ihr Blut getrunken. Es machte ihr nichts aus. Im Gegenteil. Diese zunehmende Schwäche war süß.
    Erst gegen zehn Uhr ging sie hinunter in die Küche. Odile Robin betrachtete sie und schüttelte den Kopf. Sie sah aus wie eine Schlafwandlerin. Ihr voller Mund wirkte wie ein Blutfleck in ihrem bleichen Gesicht.
    „Warten Sie, Kind, ich mache Ihnen heute mal was Kräftigeres zum Frühstück – eine Fleischbrühe!“
    Manon nickte nur abwesend. Sie setzte sich auf einen Küchenstuhl und sagte mit kläglicher Stimme: „Ich glaube, ich kann heute kein Stenogramm aufnehmen. Ich weiß nicht, woher das kommt, aber meine Finger sind ganz steif.“
    „Brauchst du auch nicht“, sagte Madame Robin begütigend. „Wir machen morgen weiter.“
    Manon lächelte schwach. „Sie sind so gut zu mir, Madame Robin.“
    Madame Robin schwieg.
    „Noch etwas wollte ich Ihnen sagen“, flüsterte Manon. „Wir werden uns heute abend verloben, Alain und ich.“
    „Meinen herzlichen Glückwunsch, Kindchen“, sagte Madame Robin am Herd und schlug noch ein Ei in die Brühe.
    Der Polizeiarzt wusch sich schweigend die Hände in dem gußeisernen Waschbecken gleich neben der Tür. Die Leiche war schon mit einer Decke verhüllt. Jolliet wartete nur noch auf den Wagen, der sie ins gerichtsmedizinische Institut bringen sollte.
    „Nun“, sagte er. „Sie sind ja heute so schweigsam, ganz gegen Ihre sonstige Gewohnheit, Doktor. Können Sie oder wollen Sie nichts sagen, bevor Sie sie seziert haben?“
    „Ich bin mir ziemlich sicher“, erwiderte der Arzt gereizt und fingerte nervös an seinem goldenen Kneifer. „Aber ich will es lieber noch von einem Kollegen bestätigt haben.“
    „Machen Sie es nicht so spannend“, meinte Jolliet. „Schließlich muß ich mit meinen Ermittlungen auch weiterkommen. Woran starb sie Ihrer Meinung nach?“
    „An einem Biß in die linke Halsschlagader.“
    „Olala“, rief Viktor, der gerade die Unterlagen prüfte, die er in der Schublade des Ladentisches gefunden hatte. „Dann kommt also doch ein sexuelles Motiv in Frage. Wie viele Sadisten hast du in deiner Kartei, Jolliet? Bestimmt nur zwei oder drei, die solche perversen Veranlagungen haben.“
    „Von dieser Sorge habe ich gar keinen in meiner Kartei“, erwiderte Jolliet verärgert.
    „Den werden Sie auch kaum in einer Ihrer Karteien finden, Inspektor“, sagte der Arzt. „Soweit ich bisher feststellen konnte, wurde sie nicht von einem Menschen gebissen.“
    „Nicht von einem Menschen?“ wiederholte Jolliet verblüfft. „Vielleicht von einem Panther, der aus dem zoologischen Garten entsprungen ist und nach dem Mord die Tür hinter sich abgesperrt hat?“
    Der Arzt ließ sich von Jolliets Spott nicht aus der Ruhe bringen. „Sie wurde von etwas oder jemand gebissen, der ungewöhnlich spitze Zähne hat. Eigentlich nur von einem Reißzahn, der eine Kanüle gehabt haben muß. Denn der Toten ist so gut wie ihr ganzes Blut aus dem Körper gesaugt worden.“
    „Donnerwetter!“ rief Viktor.
    „Sie können das beschwören, Doktor?“ fragte Jolliet.
    „Ja“, entgegnete der Arzt. „Ob man mir das aber abnehmen wird, ist eine andere Frage. Deswegen will ich lieber noch einen Kollegen zu Rate ziehen. Oder sogar mehrere Kollegen.“
    „Könnte nicht jemand mit einem Instrument der Toten das Blut aus dem Leib gesaugt haben?“ fragte Jolliet vorsichtig.
    „Diese Frage habe ich mir vorhin bei der Untersuchung auch schon gestellt“, erwiderte Dr. Hugo gedankenverloren, „aber ich halte das für

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