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0910 - Der Totflüsterer

0910 - Der Totflüsterer

Titel: 0910 - Der Totflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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in die Auslage von Cartier. Er wollte sich umdrehen und weggehen, doch der Aufgedunsene packte ihn am Arm und zog ihn zurück. Jetzt bemerkte Zamorra auch, dass der Mann Handschuhe trug.
    Dem muss ja wirklich kalt gewesen sein!
    »Warte mal kurz!« Nicole wandte sich ab und ging wieder auf Luynes' Büro zu.
    Zamorra beobachtete weiter. Der Mantelträger beugte sich zum Weißkittel vor und flüsterte ihm etwas zu, woraufhin der sich merklich entspannte und sogar lächelte. Sie gaben sich die Hand und der Mantelträger schlug dem Weißkittel zum Abschied auf die Schulter, als wären sie gute Freunde.
    Nicole kehrte mit Madame Thysler, der Chefsekretärin, zurück. »Sehen Sie mal da unten. Gehört der zu Ihren Mitarbeitern?«
    »Entwarnung!«, berichtete Zamorra. »Inzwischen haben sie sich wieder lieb.«
    Madame Thysler gab ein überraschtes Keuchen von sich. »Was macht der denn schon wieder hier?«
    »Wer ist das?«, wollte der Meister des Übersinnlichen wissen.
    »Das ist Edouard Pereire! Entschuldigen Sie, aber das muss ich sofort dem Chef erzählen. Vor allem, dass - wie haben Sie es ausgedrückt? - er den Leiter unserer Entwicklungsabteilung lieb hat, dürfte ihn interessieren!« Sprach's und rauschte davon.
    »Das ist Pereire?« Nicoles Augen spiegelten ihr Erstaunen wider. »Den hätte ich mir ganz anders vorgestellt. Wesentlich seriöser!«
    »Ich auch! Ist aber trotzdem eine Fügung des Schicksals! So können wir ihn gleich fragen, ob wir uns Agamars Schwinge ansehen dürfen.«
    Edouard Pereire war schon auf dem Weg zum Ausgang. Zamorra beugte sich über das Geländer. »Monsieur Pereire? Monsieur Pereire! Hier oben! Könnten Sie bitte einen Augenblick warten? Ich muss mit Ihnen reden!«
    ***
    89 v. Chr. - Rhetts Erinnerung
    Logan Saris ab Llewellyn schlug die Augen auf. Die wohlige Wärme tiefen Schlafs wich und machte durchdringender Kälte Platz.
    Nur undeutlich vermochte der Zehnjährige seine Umgebung auszumachen, da das Licht der Feuerstelle mittlerweile in das düstere Glimmen von fast erloschener Glut übergegangen war.
    In den Wintermonaten teilte er sich die Schlafkammer mit seinen Eltern und seinem Halbbruder Riley, dessen leises Schnarchen durch den Raum wehte.
    Logan wunderte sich darüber, dass er so abrupt aus dem Schlaf erwacht war. Hatte ihn ein Geräusch geweckt? Oder war es die Kälte gewesen, die mittlerweile bis unter seine Decke gekrochen war?
    Nein, es war etwas vollkommen anderes.
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals und in den Ohren schienen Trommeln zu wummern. Trotz der Kälte schwitzte er und sein Blick irrlichterte umher.
    Er hatte Angst! Aber warum? Und wovor?
    Wie ein eisiger Hauch war die Furcht in ihn hineingekrochen, hatte sich in sein Innerstes verbissen und ihn aus den Tiefen seines Traumes herausgelockt.
    Logan wollte sich den Schweiß von der Stirn wischen und aufstehen, um das Feuer an der spärlichen Glut neu zu entfachen.
    Es blieb beim Wollen!
    Keines seiner Glieder gehorchte ihm.
    Logan blieb einfach liegen, gerade so als habe ihn alle Kraft verlassen.
    Er hatte schon davon gehört, dass es Gifte und Flüche geben sollte, die einen Menschen »einfroren« und ihm jede Bewegung unmöglich machten. Sein Stiefvater Haskell hatte schauerliche Geschichten darüber erzählt.
    Der Versuch, den Mund zu öffnen, um wenigstens die Eltern zu wecken, und sie um Hilfe zu bitten, blieb erfolglos. Zwar brachte er die Lippen auseinander, doch die Stimme versagte ihm den Dienst und so drang sein Atem lediglich etwas lauter als normal aus der Lunge.
    Die Luft, die er ausstieß, stieg in Form von grauen, dünnen Schwaden empor, die jenen unheimlichen Geisterwesen ähnelten, die ebenfalls in den Geschichten Haskells vorkamen. Sie glitten in die Höhe, wo sie zerfaserten und verschwanden.
    Die Angst allerdings verschwand nicht.
    Ich träume noch!
    Der Gedanke beruhigte ihn ein wenig. Sein Herz schlug etwas langsamer und das Rauschen hinter den Ohren wurde allmählich schwächer.
    Logan atmete tief durch und schloss die Augen. Das waren die einzigen Bewegungen, neben dem Öffnen und Schließen des Mundes, die er bewusst durchzuführen in der Lage war.
    Vielleicht hatte er sich nur zu sehr im Schlaf verdreht, sodass das Gefühl in Armen und Beinen abgestorben war. Seine Mutter hatte schon oft davon berichtet, dass so etwas geschehen konnte.
    Er brauchte nur etwas abwarten und das Leben würde in seine Glieder zurückkehren.
    Die erste Angst verflog und er spürte sogar wieder etwas Wärme in

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