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0912 - Das Weltennetz

0912 - Das Weltennetz

Titel: 0912 - Das Weltennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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mir.«
    Schaina erhob sich vom Boden. Sie begriff das alles nicht, doch was blieb ihr anderes übrig, als diesem Wesen, das sich selbst Ductor nannte, zu folgen. Der Ductor überquerte die Straße und ging in eines der gegenüber liegenden Gebäude. Schaina erschrak, denn dort lag auf dem kahlen Boden eine Frau, die ganz eindeutig aus ihrem Volk stammte. Bei all ihren Besuchen in dieser Stadt hatte Schaina niemals ein Mitglied ihrer eigenen Rasse hier gesehen. Sie war stets überzeugt gewesen, dass sie allein es schaffte, den Schutzschirm zu überwinden.
    Schaina ging in die Hocke, ganz dicht bei der Frau.
    Sie war nicht bei Besinnung. Schwere Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Schaina berührte die Wangen der Frau, die nicht viel älter als sie selbst sein mochte. Das Gesicht glühte förmlich, ihr ganzer Körper bebte vom Fieber, das in ihr tobte.
    Schaina wandte sich zu dem Ductor.
    »Sie ist schwer krank. Du musst sie aus der Stadt bringen - die Mediziner meines Volkes können sie heilen, aber das muss sofort geschehen, denn sonst stirbt sie.« Im Gesicht des Ductors war keine Regung zu erkennen.
    »Dann wird sie sterben müssen, denn nichts und niemand darf die Stadt jetzt noch verlassen.«
    Schaina glaubte sich verhört zu haben. Er hatte soeben das Todesurteil über die junge Frau verhängt. Hatte sie wirklich mit einer anderen Reaktion dieser eiskalt handelnden Kreatur rechnen können? Dennoch wollte Schaina nichts unversucht lassen, der Frau hier zu helfen.
    »Dann bring mir wenigstens Wasser, damit ich ihr das Gesicht kühlen kann. Und Decken, sie schüttelt sich ja vor lauter Fieber.«
    Der Ductor machte keinerlei Anstalten sich zu bewegen.
    »Sie ist also nutzlos geworden. Gut, dann muss ich eine Entscheidung treffen. Komm mit mir.«
    Schaina schüttelte energisch den Kopf. »Ich gehe nirgendwo hin, denn diese Frau braucht Hilfe, und die werde ich ihr nicht verweigern. Geh, wenn du ihr nicht helfen willst. Ich bleibe hier. Ich lasse eine Sterbende nicht allein.«
    Der Ductor schob Schaina wortlos zur Seite. Gegen seine Körperkraft hatte die Wandlerin keine Chance. Er beugte sich über die kranke Frau. Was er dann tat, das konnte Schaina nicht erkennen, denn sein massiger Körper verdeckte ihr die Sicht. Als er zur Seite trat und den Blick auf sie wieder frei gab, schrie Schaina entsetzt auf. Die vom Fieber gequälte Frau lag ganz still da, ihr Kopf war unnatürlich zur Seite geneigt. Der Ductor hatte sie getötet, ihr das Genick gebrochen.
    Er packte Schaina mit seinen riesigen Händen und trug sie einfach so aus dem Haus.
    »Nun musst du nicht mehr bei ihr bleiben.« Die Wandlerin fühlte, wie ihr Tränen über das Gesicht liefen. Tränen, die aus der Angst um ihr eigenes Leben entstanden waren, Tränen, die sie um die Tote vergoss, die sie ja nicht einmal gekannt hatte.
    Schaina schloss die Augen. Sie wollte nicht sehen, was nun mit ihr geschah, wohin das Monstrum sie brachte - der feige Mörder! Ihr war nun alles gleichgültig. Sie hoffte nur, es würde bald vorbei sein.
    Der Ductor schien bergab zu gehen, zumindest das spürte die Wandlerin deutlich. Warum tötete er sie nicht an Ort und Stelle? Warum brachte er sie in den Schacht hinunter? Denn das war der einzige Ort in der weißen Stadt, der ein solches Gefälle aufwies.
    Als Schaina dann doch wieder die Augen öffnete, sah sie die Höhle vor sich, in deren Mitte die Wurzel lag. Der Ductor brachte sie direkt dort hin und legte sie schließlich zu Boden. Er blickte aus leeren Augenhöhlen auf sie herab.
    »Du wirst die Tote ersetzen. Von jetzt an ist dies dein Platz. Es wird nicht mehr lange dauern, dann erkennst sicher selbst du die Ehre, die dir zuteil wird. Wenn die Urbanen in die Flammen gehen - und ich ihnen folge - wird eine neue Zeit beginnen.«
    Er wandte sich zum Gehen. Die Panik in Schaina schlug hohe Wellen.
    »Du kannst mich doch hier nicht einfach so liegen lassen. Was soll ich hier? Sag es mir - oder bring mich besser sofort um. Ich habe Angst. Hörst du, nackte Angst…«
    Ihre Worte schienen nicht bis zum Ductor zu dringen, denn er setzte unbeeindruckt seinen Weg fort. Dann war er verschwunden und Schaina war allein in der Höhle, deren Anblick schon allein sie zittern ließ. Sie musste fliehen. Wenn der Ductor weit genug im Schacht war, würde sie ihm folgen. Das war ihre einzige Chance.
    Sie wartete, bot all ihre verbliebene Nervenstärke auf, weil ihr Körper ganz einfach fliehen wollte… jetzt und sofort! Endlich schien

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