0912 - Die Truppe der Berserker
einen Besuch abgestattet, und nicht einmal das dort erlebte Debakel wertete er als Niederlage.
Immerhin hatte er aus den Speichern der Wachstation einige Angaben erhalten, aus denen hervorging, daß auf dem Loowerschiff, der GONDERVOLD, ein Helk-Roboter stationiert war, für den sich auch die Terraner interessierten.
Diesen Helk wollte Margor haben.
Aber auch dafür wollte er keine Paratender einsetzen, die zu seinem engeren Vertrautenkreis gehörten. Die Tempester waren nicht nur bessere Kämpfer, sondern sie hatten auch den Vorteil, daß sie kein Wissen über ihn besaßen. Er, Boyt, ließ sie in dem Glauben, daß er ein Bote der Tanzenden Jungfrau, war, die sie verehrten.
Margor erreichte den Stadtrand. Die Tempester trugen alle die gleichen Kombinationen, die schmucklos und zweckdienlich waren. Keiner von ihnen war bewaffnet. Aber wer sie im Einsatz gesehen hatten, der wußte, daß ihre bloßen Fäuste allein schon tödliche Waffen waren.
Aus der Nähe zeigte es sich, daß der Menschenstrom gar nicht so dicht war, wie es den Anschein gehabt hatte. Es gab keine Marschordnung, die Tempester strebten nicht herdengleich in eine Richtung.
Manche von ihnen hockten einfach am Straßenrand, entspannten sich mit geschlossenen Augen oder starrten blicklos vor sich hin. Nur wenn von irgendwo ein auffälliges Geräusch kam oder eine unvermutete, hektische Bewegung war, fuhren sie hoch. Dann merkte er, daß sie stets wachsam waren, auch wenn sie scheinbar vor sich hin dösten.
Auf Peres’ Anraten hatte Margor eine der uniformen Kombinationen angezogen, so daß er nicht weiter auffiel. Die Tempester waren recht unterschiedlich in ihrem Aussehen, so daß er nicht einmal durch seine ungewöhnlichen Proportionen auffiel. Er war nur größer und schlanker als die anderen, aber sein Erscheinen schien den Tempestern nichts zu signalisieren. Jedenfalls fand er kaum Beachtung, als er sich unter die Menge mischte.
Es entging ihm nicht, daß unter den Tempestern eine gewisse Unruhe herrschte.
Als eine Frau, die keine vier Schritte vor Margor ging, mit einem entgegenkommenden Jungen zusammenstieß, kam es augenblicklich zu Handgreiflichkeiten. Die Frau fällte den Jungen mit einem kurz angesetzten Handkantenschlag. Dabei stieß sie gegen ihren Nebenmann, der dies sofort mit einigen Faustschlägen quittierte. Im Nu waren alle Umstehenden in eine Schlägerei verwickelt, und Margor machte, daß er aus dem Gefahrenkreis kam.
Eine Minute später hatte sich die Situation wieder beruhigt. Nur einige blutiggeschlagene Tempester erinnerten daran, daß es hier gerade zu einer Entladung angestauter Aggressionen gekommen war.
Margor zog sich in eine unbelebtere Seitengasse zurück. Hier lungerten einige Tempester lässig herum, stierten oder dösten vor sich hin. Margor merkte, wie ihm einige verstohlene Blicke zugeworfen wurden. Er setzte sich auf die Freitreppe vor einem Hausportal. Die Front des Hauses war verwittert, durch das offene Tor kam ein übler Geruch.
Plötzlich stand eine Frau neben ihm. Margor blickte nicht hoch, um ihrem Blick nicht zu begegnen. Aber er ließ die freie Hand zum Halsausschnitt seiner Kombination wandern und umfaßte sein Amulett. In der Rechten hielt er das loowerische Auge fest. Er war bereit, im Notfall sofort den Standort zu wechseln.
„Was ist das?" fragte die Frau.
Margor gab keine Antwort. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die Frau in die Hocke ging und sich neben ihm niederließ, so daß ihr Gesicht mit dem seinen auf gleicher Höhe war. Sie packte ihn mit festem, schmerzhaftem Griff am Kinn und drehte seinen Kopf in ihre Richtung, so daß er ihr in die Augen blicken mußte.
„Was ist das, was du in der Hand hältst?" fragte sie.
Margor verstärkte den Griff um den Mittelteil des Auges und antwortete: „Deine Neugierde könnte dir eines Tages das Leben kosten."
„Ich bin nicht neugierig", erwiderte die Frau. „Aber das Ding in deiner Hand schmerzt meinen Augen. Was ist es? Wenn es bedeutungslos ist, dann wirf es fort. Wenn es einen Wert hat, dann sage mir, welchen."
„Deine Fragen beleidigen meine Ohren", sagte Margor und erwartete, daß die Tempesterin darüber in Wut geriet. Aber sie beherrschte sich.
„Ich bin, wie alle hier, dem angeblichen Ruf der Tanzenden Jungfrau gefolgt", erklärte die Frau. „Ihr Hoherpriester und ihre Jünger, die den Tempel besetzt haben, konnten uns aber bisher noch nicht überzeugen. Goro macht große Worte. Er versammelt alle um sich, gibt Versprechungen
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