0914 - Der Fluch der Sinclairs
warten.«
»Wollen Sie denn weg?«
»Wir hatten es vor, Sir.« Suko erklärte den Grund.
»Nun ja, was ist wichtiger?«
»Ich kann es nicht entscheiden, Sir.«
»Fahren Sie. Um die Sinclairs werde ich mich kümmern. Außerdem sind wir nicht ohne.«
»Gut, wir melden uns dann.«
»Ja, viel Glück.«
Die Sorgenfalten waren aus den Gesichtern der Männer nicht verschwunden, als sie sich von ihren Plätzen erhoben. Draußen stand der Leihwagen startbereit, ein kleiner BMW.
»So«, sagte Suko, »und jetzt so schnell wie möglich i n Richtung Norden. Du kennst die Kapelle, Abbé?«
Der Templer schlug die Tür zu. »Ja, ich weiß zumindest wo wir sie finden können.«
»Okay, dann los…«
***
»Wir können doch die Leiche nicht einfach vor dem Haus liegenlassen«, sagte Mary Sinclair und hatte damit das bedrückende Schweigen zwischen ihnen unterbrochen.
Ihr Mann hob den Kopf. »Es stimmt, aber möchtest du es tun?«
»Nein, um alles in der Welt nicht.«
»Eben. Wir könnten es John überlassen. Ich werde ihm dann dabei helfen.«
»John…?« sinnierte Mary.
»Ja, ihm.« Horace schüttelte den Kopf »Warum hast du so seltsam gesprochen?«
»Ich habe nur nachgedacht, und das Fazit meiner Gedanken ist nicht eben positiv.«
Horace F. Sinclair horchte auf. »Wie meinst du das denn? Was willst du damit sagen?«
»Er ist hier, Horace, aber ich habe den Eindruck, daß er inzwischen weg ist.«
»Wieso denn das?« fragte er etwas unwillig.
»Wir haben seit einigen Minuten nichts mehr von ihm gehört.«
»Da gebe ich dir recht, aber John wollte seinen Rundgang ums Haus machen.«
»Das wird er wohl getan haben!« bestätigte Mary. »Aber er müßte doch schon zurück sein.«
»Was willst du damit sagen?«
»Muß ich das noch?«
Horace F. Sinclair seufzte. Dann saugte er durch die Nase die Luft ein. »Nein, Mary, ich denke, das brauchst du nicht. Solltest du recht haben, dann sehe ich schwarz. Sogar mehr als das. Stockfinster wird es. Ich wünsche es uns nicht.« Er schob zuerst seinen Stuhl zurück, dann stand er auf.
»Wo willst du hin?«
»Kannst du dir das nicht denken?«
»Nach draußen?«
»Ja.«
»Und dann?«
Horace F. Sinclair beugte sich vor. »Laß es mich nur machen, Mary. Ich werde…«
»Nein, nein!« rief sie und stand selbst auf. »Du kannst nicht nach draußen gehen und das Haus umrunden.«
»Das werde ich auch nicht tun. Ich werde die Tür öffnen und nach unserem Jungen rufen.«
»Gut, gut, tu das.«
Horace F. Sinclair lächelte seiner Frau zu, obwohl ihm danach nicht zumute war. Als er ging, spürte er seine Knochen, als hätte sich in seinen Oberschenkeln ein Muskelkater festgesetzt. Er ging langsam durch die Diele, erreicht die Tür und öffnete sie. Bevor er nach draußen trat, drehte er sich um.
Mary stand in der offenen Küchentür und hatte die Hände ineinander verschlungen. Sie nickte ihrem Mann zu, der dies als Zeichen ansah und die Schwelle überschritt.
Es hatte sich nichts geändert. Noch immer herrschte die ungewöhnliche Dämmerung. Die nahe wachsenden Bäume gaben bizarre Schatten ab. Er sah auch den Toten nahe der Hauswand liegen, aber nichts in der Nähe bewegte sich.
Die Stille lag wie eine kompakte Wand vor ihm, und sie wurde durch das Rufen des pensionierten Anwalts unterbrochen.
»John! - John…!« Keine Antwort.
Sinclair merkte, wie sein Herz schneller schlug. Die Furcht glitt wie mit bösen Krallen ausgerüstet in ihm hoch. Bei einem erneuten Rufen zitterte seine Stimme, doch sie verhallte auch als Echo.
Schließlich drehte er sich um, ging zurück in das Haus, schloß die Tür und trat hinein in das weiche Licht der Diele. Er hob die Schultern. »Es tut mir leid, Mary, aber ich habe keine Antwort erhalten. Wir sind wohl allein.«
»Nein, Horace«, murmelte seine Frau. »Wir sind nicht allein. Es gibt noch den Schatten, den Mörder unseres Freundes. John ist nicht mehr da. Er hätte ihn stoppen können, so aber sind wir allein und auch eine Beute für ihn…«
Horace F. Sinclair gab keine Antwort. Er wußte, daß seine Frau recht hatte, und die durch seinen Kopf zuckenden Gedanken bildeten einen einzigen Satz.
Es ist der Fluch der Sinclairs…
ENDE des zweiten Teils
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