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0917 - Das Totenfest

0917 - Das Totenfest

Titel: 0917 - Das Totenfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Boden berührte, und ich mußte meine Ansicht zunächst einmal revidieren. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sie ein normaler Mensch war, so wie ich selbst. Sie kam mir noch immer sehr geisterhaft vor, wie jemand, der sich nur kurz zeigen wollte, um einen Moment später wieder zu verschwinden.
    Wahnsinn…
    Ich hatte einen trockenen Hals bekommen und dachte daran, daß ich bei Gott kein Neuling in diesem Geschäft war, doch ich fühlte mich plötzlich so. Von dieser Erscheinung strahlte etwas aus, das ich auf keinen Fall begriff. Das besondere Fluidum einer anderen Welt. Ich dachte darüber nach, was sie mit den Kerzen aus Leichenfett wohl anstellen konnte, gelangte jedoch zu keinem Ergebnis.
    Wir schauten uns noch immer an. Niemand sprach. Ich spürte zwar das Bedürfnis, einige Worte zu reden, glaubte aber zugleich daran, daß ich keine Antwort bekommen würde. Deshalb ließ ich es bleiben. Aufgeben wollte ich nicht. Ich war gespannt darauf, was geschehen würde, wenn ich sie berührte.
    Noch trennten uns einige Schritte, und ich ging auf die unbekannte Person zu.
    Ob sie mich gemeint hatte oder ob sie ihre Aufgabe erfüllen wollte, ich wußte es nicht. Sie jedenfalls drehte sich von mir weg, ohne mich überhaupt offiziell zur Kenntnis genommen zu haben, und bewegte sich lautlos auf die Reihe der Kartons zu.
    Ich starrte dabei auf ihren Rücken. Das weiße Kleid umflatterte beim Gehen ihren Körper wie ein blasses Leichentuch. Die Unbekannte kümmerte sich nicht um, mich. Sie blieb vor den schon aufgerissenen Kartons stehen, bückte sich und holte die Kerzen der Reihe nach hervor.
    Ich wurde wenig später an das Märchen ›Sterntaler‹ erinnert, wo sich ein Mädchen gebückt hatte, um die vom Himmel gefallenen Goldstücke in ihrem Hemdchen zu sammeln.
    Das geschah hier ebenso.
    Die Unbekannte hatte ihr Kleid gehoben und packte die Kerzen hinein. Ich hatte nicht mitgezählt, aber es waren sicherlich ein Dutzend, die sie in der Stoffmulde ihres Kleides gesammelt hatte. Mit ihrer Beute drehte sich die Person um.
    Noch immer war ich Luft für sie, was mir überhaupt nicht gefiel, ich aber nicht ändern konnte. Auch weiterhin trafen hier zwei Welten aufeinander, ohne ihre Grenzen zu verschieben, denn sie wirkten nach wie vor wie abgesteckt.
    Die Unbekannte wandte mir ihr Profil zu, als sie an mir vorbeischritt und sich dann nach rechts drehte. Sie befand sich dabei genau vor der Wand, aus der sie gekommen war. Sie würde denselben Weg nehmen, in ihre Welt eintauchen, dann wieder zurückkehren weitere Kerzen holen, wieder in ihre Welt gehen und so weiter.
    Allein?
    Das hatte sie bisher getan, aber ihr Erscheinen hatte meine Neugierde erweckt, und ich wollte ihr nach. Dabei hoffte ich, daß dieses Tor auch für mich offen blieb und ich ihr folgen konnte.
    Wieder drehte sie sich und schaute jetzt genau gegen die Wand. Eine kurze Kopfbewegung, als wollte sie sich verneigen, dann schritt sie auf die Stelle zu. Abermals war nichts zu hören. Wenig später jedoch meine Tritte, als ich ihr nachging.
    Sie war noch eine Armlänge von der Wand entfernt, als sich dort wieder etwas tat. Das Gefüge sah aus, als wollte es sich öffnen und schließen zugleich, und die Frau brauchte nur einen Schritt zu gehen, um die Realität zu verlassen.
    Ich bewegte mich schneller.
    Sie nicht.
    Ich hatte sie eingeholt, streckte meinen rechten Arm aus, um ihr die Hand auf die Schulter zu legen, aber sie sank hindurch. Diese Person war feinstofflich, und eine Sekunde später schluckte sie das Tor zur anderen Welt.
    Mich auch?
    Ich zog mich nicht zurück, ging vor - und trat ebenfalls hinein in das Tor…
    ***
    Es schloß sich nicht hinter mir, nicht so, daß es mich erdrückt hätte, denn hier herrschten andere Gesetze.
    Den Arm hielt ich noch immer ausgestreckt, auch wieder leicht erhöht, als läge er auf ihrer Schulter.
    Sie schwebte weiter.
    Ich schwebte mit und erlebte diesmal alles bei vollem Bewußtsein. Da war keine Kraft vorhanden, die mich umfaßte und mich in die Tiefe zerrte, ich war und blieb voll da. Ich konnte auch mit ihr zusammen durch das Tor treten, hinein in ihre Welt - und ich spürte zum erstenmal den Kontakt.
    Plötzlich war ihr Körper nicht mehr feinstofflich, sondern so wie meiner.
    Meine Hand lag normal auf ihrer Schulter.
    Das aber interessierte mich nicht, denn ich schaute an der anderen Schultern vorbei nach vorn, und es gelang mir zum erstenmal, einen staunenden Blick in die Welt der seltsamen Frau zu

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